John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes
geladen, und West war allein in diesem Haus. Wenn es Wells nicht gelang, ihn zu retten, würde er heute Nacht sterben.
Sie würden beide Autos nehmen, den Ranger und den Lumina, von dem Qais versicherte, dass er nicht zu ihnen zurückverfolgt werden konnte, falls sie ihn stehenlassen mussten. Sami hatte ihn sorgfältig geputzt, um alle Fingerabdrücke zu entfernen. Um nicht auf den ersten Blick aufzufallen, wenn sie von einem Streifenwagen aufgehalten würden, legten sie die Pistolen und Schimasken in den Kofferraum des Lumina. Allerdings war Wells der Ansicht, dass jeder Cop einen Vorwand finden würde, um in den Kofferraum zu sehen, wenn er nach Mitternacht in Buckhead auf drei wie ein SWAT-Team gekleidete Männer stieß, von denen zwei Araber waren.… Vermutlich war es das Beste, vorsichtig zu fahren.
»Tu mir einen Gefallen«, sagte Wells zu Sami. »Kein Wettrennen. «
»Nam. Verstanden.«
Dann beteten sie noch einmal und riefen Allah an, dass er sie segnen möge und ihnen Gelegenheit geben möge, den Zorn des Islams über den ungläubigen General zu bringen. Wells hoffte, dass Allah diesem gemeinsamen Gebet ebenso wenig Aufmerksamkeit schenkte, wie seinen eigenen Gebeten am Grab seiner Eltern.
Kurz vor ein Uhr nachts fuhren sie los. Wells und Qais im
Pick-up und Sami dahinter im Lumina. Trotz der Gefahr – oder vielleicht gerade deshalb – lagen Wells’ Hände ruhig auf dem Lenkrad, und er atmete langsam und gleichmäßig. Wie er in diese Lage gekommen war, war nun einerlei. Auch er als Person war jetzt unwichtig. Nun zählte nur noch die Mission.
Sie fuhren über die I-285 nach Westen. Bis auf die Sattelschlepper, die durch die Nacht jagten, war der Highway nahezu leer. Dann ging es auf der Mount Vernon nach Südwesten, auf der Powers Ferry nach Südosten und auf der Mount Paran wieder nach Südwesten. Mit jeder Richtungsänderung nahm der Verkehr ab, bis sie völlig allein waren. Schließlich zogen sie noch eine langsame Schleife um den Block, auf dem das Anwesen des Generals lag, um nach Sicherheitsstreifen und Häusern Ausschau zu halten, bei denen zu viele Lichter brannten, Hunde bellten, oder Ehemänner brüllten. Aber die braven Bürger von Buckhead schliefen alle oder gaben vor zu schlafen.
Wells sah auf die Uhr. 1:33 Uhr. Eine bessere Gelegenheit gab es nicht.
»Jetzt«, sagte er zu Qais.
»Jetzt.«
Nachdem Wells als vereinbartes Zeichen die linke Hand aus dem Fenster gestreckt hatte, parkte er den Pick-up vor einem halb fertigen Ziegelhaus um die Ecke von Wests Haus. Aus dem Kofferraum des Lumina nahmen sie die Waffen und Masken. Wells griff nach seiner Glock und einer mit einem Schalldämpfer versehenen 45er für Sami; Qais schnappte sich die andere 45er und die H&K. Dann stiegen sie in den Chevy, rollten um die Ecke und hielten vor Wests Haus.
Sami stellte die Schaltung auf Parkstellung, ließ aber den Motor laufen. Dann zogen sie die Masken und Handschuhe an. Schließlich steckte sich Wells die Glock in das Holster an der Hüfte, während sich Sami die H&K wie der Bösewicht in einem Steven-Seagal-Film über die Brust hängte. »Fünf Minuten Maximum«, sagte Wells. »Und wenn wir Sirenen hören, sind wir augenblicklich draußen.«
»Wissen wir«, gab Qais zurück.
»Nam.«
Wells sah auf die Uhr: 1:34:58 … 1:34:59 … 1:35:00.
»Allahu akbar«, sagte Wells. »Los!«
Rasch stiegen sie aus dem Wagen, schlossen leise die Türen und rannten zum Zaun.
Wells erreichte ihn als Erster. In einer einzigen fließenden Bewegung zog er sich hoch, schwang sich darüber und landete nach dem Sprung geschmeidig am Boden. Falls der Zaun tatsächlich einen Alarm auslöste, dann zum Glück nur einen stillen Alarm. Dadurch würden die Nachbarn ein paar Sekunden länger schlafen. Qais folgte schnell, nur Sami wurde vorübergehend gestoppt, als sich seine H&K am oberen Rand des Zauns verfing, was in Filmen nie geschah.
Der Rasen war so saftig grün und perfekt geschnitten wie ein Footballfeld vor dem ersten Spiel der Saison. Wells sah sich im Garten nach einem Hund um, aber der Rasen war leer. Dann hörte er das Bellen. Je weiter Wells auf das große weiße Haus zurannte, umso lauter wurde es.
Als er nach dem Knauf an der Eingangstür griff, sah er wieder auf die Uhr: 1:35:20. Er würde sich fünfzehn Sekunden Zeit geben, um das Schloss zu knacken. Wenn es ihm nicht gelänge, würden sie ein Fenster einschlagen. Aber sobald er den Knauf drehte, öffnete sich die Tür von selbst. Sie war
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