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John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

Titel: John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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drehte er das Radio auf und sprang von einem Sender zum nächsten, ohne zu wissen, was er eigentlich hören wollte. Dann erklangen die Geigen
von ›The Devil Went Down to Georgia‹, einem großartigen, abgedroschenen Countrysong der Charlie Daniels Band, den Wells zuletzt auf der Highschool gehört hatte.
     
    The devil went down to Georgia
    He was looking for a soul to steal
     
    Er grinste. Zum ersten Mal seit Wochen hatte ihn dieses Lied zum Lächeln gebracht. Für einen Augenblick trat er das Gaspedal durch, bis er fühlte, wie der kleine Motor anzog und der Pick-up vorwärtsschoss, doch dann erinnerte er sich wieder daran, dass er nicht zu schnell fahren durfte und nahm den Fuß etwas vom Pedal. Selbst außerhalb der Vororte von Atlanta, wo sich der Highway auf zwei Spuren verengte, herrschte immer noch starker Verkehr und waren überall Polizeistreifen zu sehen. Die übergroßen Schilder und der glatte Asphalt beruhigten ihn. Während er quer durch South Carolina ›The Devil Went Down to Georgia‹ summte, fragte er sich, was seine Kameraden in der Nordwestprovinz von diesem Lied halten würden. Vermutlich nicht viel. Zum ersten Mal, seit er wieder in die USA zurückgekehrt war, fühlte er sich als echter Amerikaner.
     
    In North Carolina verdunkelte sich der Himmel. Der Regen prasselte schwer gegen die Windschutzscheibe, und der Verkehr kroch nur langsam durch knöcheltiefe Pfützen vorwärts. Etwas außerhalb von Durham hielt Wells an einer großen Mobil-Tankstelle. Während der Tank des Rangers befüllt wurde, gab er Exleys Nummer auf dem Mobiltelefon ein. Er sollte ihr von Khadris Nachricht erzählen. Bereits während er wählte, konnte er den weichen Klang ihrer Stimme hören. Aber ehe der Anruf durchging, legte er auf. Khadris Nachricht war
zu vage, um wirklich nützlich zu sein. Das Hotel konnte ein toter Briefkasten sein. Und wie bei ihrem Treffen in Atlanta würde Khadri vermutlich Vorkehrungsmaßnahmen treffen, um sicherzugehen, dass Wells nicht verfolgt wurde.
    Er würde die CIA erst ins Spiel bringen, wenn er etwas Konkretes hätte wie das Paket – oder besser noch, Khadri selbst. Außerdem würde ihm in Langley ohnehin niemand glauben. Sogar Exley würde ihm nur raten, sich zu stellen. Nein. Um sein Ansehen wiederherzustellen, brauchte er das Paket, was auch immer darin war. Mit diesem Gedanken ließ er das Mobiltelefon wieder in die Tasche gleiten.
    Der Rest der Fahrt verlief ruhig. Südlich von Washington fuhr Wells nach Osten auf die I-495, um einen möglichst weiten Bogen um Langley zu machen. Wieder kämpfte er gegen seinen Wunsch an, Exley anzurufen. Später würde er ihr alles erzählen, was sie wollte … sofern er überlebte.
     
    Dann dachte Wells zum ersten Mal seit Wochen an seinen Sohn. Bei der Erinnerung an jenen Tag vor fast sechs Monaten, an dem ihm seine Exfrau verboten hatte, Evan zu sehen, schlossen sich eine Hände fester um das Lenkrad. Heather hatte recht gehabt. Wells hatte sich entschlossen, seine Familie zu verlassen, und nichts, was er sagte oder tat, konnte diese Wunde heilen. Einen Moment lang schloss er die Augen. Als er sie wieder öffnete, schob er die Gedanken an seine Familie beiseite und beschloss, sich nur noch auf die vor ihm liegende Aufgabe zu konzentrieren.
    Nachdem er den Sturm hinter sich gelassen hatte, fuhr der kleine weiße Pick-up leise durch die Nacht. Als er die George Washington Bridge erreichte, zeigte die Digitaluhr im Ranger 2:47 Uhr an. Die Luft draußen war kühl und feucht. Wells war müde und seine Muskeln schmerzten von
den vielen Stunden auf der harten Sitzbank des Pick-ups, aber er wusste, wenn es wirklich notwendig war, könnte er noch einen weiteren Tag ohne Schlaf durchhalten. In Afghanistan war er einmal 65 Stunden in einem Stück wach geblieben. Allerdings war er damals jünger gewesen.
    Die Träger der gewaltigen Stahlbrücke schimmerten weiß in der Nacht. Rechts von ihm erhoben sich jenseits des Hudson River die glänzenden Türme von Manhattan. In einiger Entfernung erkannte er gerade noch die Freiheitsstatue. Nun verstand Wells, warum Khadri die Stadt als schön bezeichnet hatte. Keine Frage, dass die Al-Quaida alles daran setzen würde, sie zu zerstören.
    Er wechselte auf die I-87 nach Norden und folgte den Schildern nach Albany. Einige Minuten später erreichte er die Tappan Zee Bridge, die sich wie eine im Wasser treibende Schlange über den Hudson erstreckte. Als Wells den Fluss zum zweiten Mal kreuzte und erkannte, dass

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