John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes
schmutzige Bombe verborgen war. Es ergäbe nicht einmal mehr einen Sinn, wenn er sich selbst die Kehle durchschnitte, um die Verbreitung der Pest zu stoppen. Nachdem er stundenlang in diesem Raum gehustet hatte, waren auch die anderen infiziert.
»Wirst du mir eine Frage beantworten, Jalal?«, sagte Khadri hinter seiner Maske. »Jetzt, wo dir der Märtyrertod sicher ist. Aber sag mir die Wahrheit. Bist du einer von uns?«
Wells antwortete, ohne zu zögern. »Nam. Mit Herz und Seele. Allahu akbar.«
»Allahu akbar, Jalal. Dann werden wir einander im Paradies wiedersehen.«
Damit machte Khadri kehrt und ging hinaus.
Während Exley dieselben Nachrichten anhörte, die WCBS schon die ganze Nacht wiederholte, trommelte sie mit den Fingern auf das Lenkrad ihres Minivans. Am liebsten wäre sie augenblicklich in das Gebäude gestürmt. Aber sie beherrschte sich. Wells würde jetzt bald herauskommen.
Als sich die Tür des Mietshauses öffnete, kam der Mann im Blazer heraus. Aber er war allein. Er stieg in den Lincoln und fuhr langsam davon. So viel zu ihrer Intuition. Nachdem sie das Radio ausgeschaltet hatte, dachte sie über ihre Möglichkeiten nach. Sie hatte Wells gesagt, dass sie die Kavallerie rufen würde, sobald er in Schwierigkeiten käme. Jetzt musste sie annehmen, dass man ihn gefangen hielt und dass der Mann im Blazer gekommen war, um nach ihm zu sehen.
Aber sie wusste nicht, in welchem Apartment er war. Wenn sie die Agency rief, würde die JTTF das Gebäude umstellen und dann eine Tür nach der anderen eintreten. Die Al-Quaida-Kämpfer wüssten sofort, dass man sie aufgespürt hatte und würden Wells augenblicklich töten. Nein. Sie würde hineingehen und das Apartment selbst finden. Dann würde sie entscheiden, was zu tun war.
Aus dem Handschuhfach fischte sie die 45er und den Schalldämpfer, die sie von Wells bekommen hatte, und hielt sie mit beiden Händen fest. Das war verrückt. Sie wusste nicht einmal, wie viele Männer bei ihm waren. Was würde aus ihren Kindern, wenn sie umkäme? Wer spazierte schon in ein Apartment voll von Terroristen? Das war verrückt.
Dennoch schraubte sie den Schalldämpfer auf den Lauf
der 45er. Verrückt oder nicht, sie durfte ihn dort drin nicht einfach sterben lassen. Zumindest sollte sie herausfinden, wo er war. Und dann?, fragte die hässliche kleine Stimme in ihrem Kopf, die sie so sehr hasste. Was dann?
Sie ignorierte die Stimme und zog den Schalldämpfer fest. Sie würde Shafer eine Nachricht auf seiner Voicemail im Büro hinterlassen, ihm erklären, was geschehen war und wo sie sich befand. Er rief diese Mailbox immer sofort nach dem Aufwachen ab. Schlimmstenfalls würde die JTTF drei Stunden verlieren. Aber das war egal, denn die Al-Quaida würde nicht jetzt zuschlagen, wo die Straßen noch leer waren. Was auch immer sie plante, es geschah nicht vor dem Morgen.
Als sie versuchte, die Pistole in ihren Hosenbund zu stecken, stellte sie fest, dass sie nicht passte. Auch als sie den Schalldämpfer abschraubte und es erneut probierte, war sie zu groß. Das war ein sicheres Zeichen, dass sie hinter den Schreibtisch und nicht hierhergehörte. Ihre Enttäuschung bestärkte sie nur in ihrem Beschluss, allen zu beweisen, dass sie unrecht hatten: Duto, Khadri, Shafer und sogar Wells. Alle diese Männer glaubten, dass ihr Krieg zu wichtig war, um sie daran zu beteiligen.
Entschlossen leerte sie den Inhalt ihrer Handtasche aus: Lippenstift, Geldbörse, Mobiltelefon, Müsliriegel, Schminkspiegel, Wattepads. All diese Bruchstücke ihres Lebens landeten auf dem Beifahrersitz und den schmutzigen Teppichen des Vans. Zum Glück hatte sie sich eine übergroße schwarze Lederhandtasche gekauft. Nachdem sie wieder den Schalldämpfer festgeschraubt hatte, zog sie den Schlitten der Pistole zurück und ließ sie und die Autoschlüssel in die Tasche fallen. Alles andere fegte sie unter den Sitz. Wenn diese Kerle sie schnappten, war es wohl besser, wenn sie keinen Ausweis
bei sich hatte, vor allem keine CIA-Marke. Schließlich rief sie Shafers Voicemail an und hinterließ eine Nachricht.
Ehe sie es sich anders überlegen konnte und ihr Verstand wieder einsetzte, stieg sie aus dem Minivan auf die einsame Straße hinaus.
Wells fühlte beinahe, wie sich die Keime in seinem Inneren vervielfältigten. Er sparte seine Kräfte, denn er war immer noch überzeugt, dass er überleben würde, wenn er die richtigen Antibiotika erhielte. Sein Fieber war unter Kontrolle und er hustete noch
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