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John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

Titel: John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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Strom von Fragen gelöchert werden: Wo waren Sie all die Jahre? Warum haben Sie nicht mit uns Kontakt aufgenommen? Was haben Sie dort genau gemacht?
    Hinter all diesen Fragen würde sich ein tiefer Zweifel verbergen: Warum sollten wir Ihnen überhaupt glauben?
    Nein. Er war noch nicht bereit. Er würde seinen Bericht abliefern, sobald er wieder in den USA wäre. Davor würde ohnehin nichts geschehen. Deshalb ging er weiter und ließ das Konsulat hinter sich.
     
    Seine Reise, erst nach Frankfurt und dann weiter nach New York, verlief reibungslos. Als die 747 der Lufthansa auf dem Kennedy Airport aufsetzte, empfand er jedoch nicht die freudige Erregung, die er erwartet hatte. Stattdessen belastete ihn das Wissen, dass er seiner Pflicht nun nicht länger entkommen konnte.
    Nachdem der Beamte am Einreiseschalter nur einen flüchtigen Blick auf seinen Pass geworfen hatte, verbrachte er seinen ersten Morgen in Manhattan genauso wie jenen in Hongkong. Er ging spazieren. Allerdings war es ihm unmöglich, die Stadt nicht durch Khadris Augen zu sehen, nämlich als ein gewaltiges Ziel: die Tunnels, die Brücken, die New Yorker Börse, die Theater am Broadway, die U-Bahnen, das Gebäude der Vereinten Nationen.
    Und natürlich der Times Square. Als er den Platz das letzte Mal gesehen hatte – wobei der Times Square eigentlich kein Platz sondern die schleifenförmige Kreuzung war, wo der Broadway auf die Seventh Avenue stieß – war er schäbig
und heruntergekommen. Heute wurde er seinem Anspruch als Nabel der Welt gerecht. Von der Ecke 44th Street und Broadway beobachtete er das Durcheinander von Touristen und Einheimischen, die an Ameisen bei einem grausigen Picknick erinnerten. Von den neuen Bürotürmen leuchteten Neonreklamen in Übergröße. In einer Endlosschleife krochen Nachrichten über ein Digitalband, das die Welt auf ein Duell zwischen grünen und orangefarbenen Streifen reduzierte. Den Lärm der Autofahrer, die sich auf die Hupe lehnten, versuchten Straßenhändler zu übertrumpfen, indem sie lautstark Schlüsselketten mit Freiheitsstatuen und Zeichnungen von Tupac anpriesen. Die gewaltige Niederlassung von Toys ’R’ Us an der Ecke, an der er stand, bewies nur, dass der Platz zu einer Attraktion für alle Altersklassen geworden war. Wells erinnerte sich an einen Ausspruch über den Times Square – auch wenn er nicht mehr wusste, von wem er stammte –, der folgendermaßen lautete: »Der Platz muss wundervoll sein, wenn man nicht lesen kann.« Auch die Geschäftswelt hatte hier Fuß gefasst. Innerhalb von kaum zweihundert Metern fanden sich die Zentralen von Morgan Stanley, Ernst & Young und Viacom. Zusätzlich war es kein Problem, mit einem Truck mitten ins Geschehen hineinzufahren. Wenn das World Trade Center Ground Zero war, dann war der Times Square Ground One.
    Nur allzu deutlich fühlte Wells, dass hier irgendwo ein Countdown lief. In der U-Bahn-Station sah er sich nach einem Zug nach Queens um. Acht Stunden später saß er mit zwanzigtausend Dollar in der Tasche in einem Greyhound-Bus nach Charleston. Die anderen fünfzehntausend hatte er für alle Fälle in einem Banksafe in Manhattan zurückgelassen.

    Zwei Tage später spazierte Wells mit einem brandneuen Führerschein des Staates South Carolina in der Brusttasche durch den Flughafen von Minneapolis. Das verdankte er den liberalen Regeln dieses Staates für die Ausstellung von Führerscheinen. Er befand sich auf dem Weg nach Boise, von wo aus er durch die abgelegenen Regionen Idahos nach Missoula fahren würde. Auf seiner Reise plante er zwei Stopps, um drei Personen zu treffen: seine Mutter, seinen Sohn und seine Exfrau. Das war sein letzter Auftrag, bevor er Bericht erstattete.
    Bisher hatte er niemandem gesagt, dass er nach Hause kam. Er wollte seine Mutter überraschen, einfach bei ihr in Hamilton auftauchen und in ihrer Küche sitzen, während sie eine Kanne Kaffee aufbrühte und Rührei machte. Er würde sie auf die Wange küssen und ihr sagen, wie leid es ihm tat, dass er so lange fort gewesen war. Sobald sie ihn sah, würde sie ihm verzeihen. Mütter waren so. Zumindest seine. Was Evan und Heather betraf … blieb abzuwarten.
    Da ihm noch zwei Stunden bis zum Abflug nach Boise blieben, setzte er sich in einem TGI Friday’s an die Bar und sah sich das NCCA-Basketball-Finale der Männer an: Duke gegen Texas. Nach einigen Minuten drehte sich der Mann am nächsten Hocker zu ihm um. Anfang vierzig, leicht gebräunt, kurz geschnittenes Haar, eine

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