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John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

Titel: John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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halten Sie den Mund, Wells«, stieß Duto hervor, der aufgestanden war und sich so über den Tisch gelehnt hatte, dass sein Gesicht nur noch wenige Zentimeter von Wells’ Gesicht entfernt war. »Sie kommen hierher, erzählen verdammte Parabeln, oder wie diese Geschichten heißen mögen, und das in einer Nacht, in der Ihre Kumpel Los Angeles in die Luft gejagt haben? Wenn ich will, dass Sie mir Nachhilfeunterricht in Geschichte geben, werde ich Sie darum bitten. Oder suchen Sie etwa nach Konvertierungswilligen? Dann wären Sie ja noch dümmer, als ich bisher dachte. Und das ist fast unmöglich.«
    Diesmal täuschte Duto seine Wut nicht nur vor, dachte Wells. War er vielleicht zu weit gegangen?
    »Vinny … «, fiel Shafer ein.
    »Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, Ellis, würde ich den Mund halten«, schnaubte Duto, ohne den Blick von Wells abzuwenden.
    »Die meisten Muslim wollen gar nicht, dass Bin Laden siegt«, erklärte Wells. »Sie unterstützen ihn nur, weil sie sich uns so fremd fühlen.«

    »Wie Sie.«
    Allmählich fragte sich Wells, ob ihn Duto tatsächlich für einen Verräter hielt. »Das habe ich nicht damit gemeint.«
    »Wollen Sie noch eine Rede halten, John?«
    Wells schwieg.
    »Gut«, sagte Duto. »Ein letztes Mal: Wissen Sie irgendetwas über vergangene Nacht?«
    »Nein. Aber irgendetwas steht bevor«, erklärte Wells. »Vielleicht nicht unmittelbar, aber es kommt.«
    »Großartiger Tipp«, kommentierte Duto.
    »Uns allen würde es gut tun, ein wenig zu schlafen«, sagte Shafer. »Wir haben ein Zimmer für Sie, John.«
    Wells nickte. Schlafen war eine großartige Idee.
    »Heute Morgen werden wir Sie an die Box hängen«, sagte Duto.
     
    Wells benötigte eine Sekunde, um zu begreifen, was er meinte. Einen Lügendetektor. Über den Tisch hinweg betrachtete er seine Inquisitoren: Duto hatte seine Meinung unzweifelhaft kundgetan. Shafer: ein zerknittertes Hemd, Haare, die in alle Richtungen standen. Alles an ihm wirkte unordentlich bis auf die ruhigen Augen, die Wells ansahen, als wäre er ein missglücktes Experiment. Und Exley. Jenny. Sorgenfalten lagen auf ihrer Stirn. Diese wunderschönen blauen Augen. In ihnen glaubte Wells Mitgefühl zu lesen. Aber er konnte sich auch täuschen.
    Als sie sprach, war ihre Stimme ruhig. »Sie haben keine Wahl, John. Und wir auch nicht.« Dann schwieg sie wieder, als wartete sie darauf, dass ihr Duto erneut einen Seitenhieb verpasste.
    Dass sie recht hatte, wusste er. Die CIA brauchte den Lügendetektortest einerseits als bürokratische Rückendeckung
und andererseits, weil sie grundsätzlich an die Macht der Box glaubte. Die Agency ging immer noch davon aus, dass die zackigen schwarzen Linien des Lügendetektors die Wahrheit enthüllten, das kostbarste Juwel auf Erden. Wenn er dem Test nicht zustimmte, würde man ihm nie wieder glauben. Möglicherweise verhafteten sie ihn sogar. Wenn Wells auch nicht wusste, wofür. Vielleicht wegen Besitzes falscher Dokumente. Vielleicht ließen sie ihn auch nur in irgendeinem Winkel verrotten. Aber sie würden ihm nie wieder glauben.
    Selbstverständlich bestand auch die Möglichkeit, dass sie ihm nach erfolgreich bestandenem Lügendetektortest nicht glaubten. Immerhin wussten sie, dass er die Box austricksen konnte. Darauf hatte man ihn trainiert.
    »Ist das nicht kafkaesk?«, fragte Wells.
    »Für mich sieht das mehr nach Catch 22 aus«, meinte Shafer.
    Wells konnte das Lachen nicht unterdrücken.
    »Das ist nicht lustig«, fuhr ihn Duto an.
    »Jenny hat recht«, sagte Wells. »Hängen Sie mich an die Box.«
    Während sich Duto erhob, griff er nach Wells’ Koran. »Wollen Sie den zurückhaben, John?«
    »Ist das eine Art von Test?«, fragte Wells. »Ja.«
    »Ich verstehe«, sagte Duto, während er das Buch verächtlich über den Tisch schleuderte. »Für Sie ist es wohl etwas Besonderes.«
     
    Exley blieb allein am Konferenztisch zurück. Den Kopf in die Hände gestützt, ließ sie die Szene Revue passieren, als ihr Duto gezeigt hatte, wo ihr Platz war. Er hatte sie nicht bloß angeknurrt oder Wells verflucht. Nein, er wollte Wells zeigen,
dass er die Nummer eins war. Allerdings hatte er die falsche Strategie gewählt, Wells ließ sich nicht einschüchtern. Aber das war Dutos Entscheidung. Dann hatte er seinen Standpunkt klargelegt, indem er auf das schwächste Glied losgegangen war. Auf sie. Männer waren intuitiv Mistkerle. Niemand hatte es gewagt, sie zu verteidigen, nicht einmal Wells, dem sie zu helfen versucht hatte. Denn

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