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John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

Titel: John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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Shafer einen Schritt zurück und deutete auf ein Hemd und ein Paar Jeans auf dem Stuhl. »Das sind Ihre Sachen aus dem Hotel.«
    »Ellis …« Wells brach ab. Er wollte Shafer fragen, wo Exley stand, aber das würde er sie selbst fragen.
    »Ja?«
    »Danke«, sagte Wells.
    »Der Lügendetektortest ist in einer Stunde«, sagte Shafer mit einem Blick auf seine Armbanduhr.
    »Bin ich ein Gefangener, Ellis?«
    »Das entscheiden die Rechtsanwälte. Sagen wir, Sie sind unser Gast.«
    »So wie im Hotel California?«
    »Damit zeigen Sie nur, wie alt Sie sind, John«, meinte Shafer, während er die Tür öffnete.
    »Sie ist gar nicht abgesperrt?«
    »Nicht für mich«, gab Shafer zurück, während er hindurchtrat und die Tür hinter sich schloss.
     
    Seit seiner Ausbildung bei der CIA hatte Wells keinen Lügendetektortest mehr gemacht. Überrascht stellte er fest, dass ein Flachbildcomputermonitor auf dem Schreibtisch des Prüfers die Papier-und-Nadel-Box ersetzt hatte. Abgesehen davon hatte sich der Raum nicht verändert: beige Wände, ein dick gepolsterter Stuhl und ein offensichtlich halb durchlässiger Spiegel an der entlegenen Wand des Raums.
    »Nehmen Sie Platz«, forderte ihn der Prüfer auf, ein knallhart
wirkender Kerl Anfang fünfzig, mit den kräftigen Unterarmen und dem unfreundlichen Blick eines Geschützführers der Marine. Nachdem er an Wells’ Arm eine Blutdruckmanschette angelegt hatte, zog er Gummibänder um seine Brust fest und setzte an jedem seiner Finger eine Elektrode an. »Schieben Sie das Hosenbein hinauf.«
    Nach kurzem Zögern rollte Wells die Jeans hoch. Der Prüfer kniete vor seinem linken Bein nieder, schob die Socke hinunter und zog einen Rasierer aus der Tasche. »Stillhalten.« Nachdem er eine Stelle an Wells’ Wade glatt rasiert hatte, befestigte er dort eine weitere Elektrode. Dann trat er zurück, um seinen Monitor zu prüfen.
    »Wie heißen Sie?«, fragte er in scharfem Ton, als wäre Wells ein Gefangener.
    Nur mit Mühe gelang es Wells, sich zu beherrschen, indem er sich den Gipfel des Lost Trail Passes in den Bergen von Montana in Erinnerung rief.
    »Das ist leicht: Mörder«, sagte er. »Und wie heißen Sie?«
    »Sie können mich Walter nennen. Wie heißen Sie?«
    »Walter und wie weiter?«
    Wells wusste, dass er diesen Kampf nicht gewinnen konnte. Es gab nur zwei Möglichkeiten: Entweder er riss sich die Elektroden vom Leib und spazierte hinaus – dann stand er wieder genau dort, wo er begonnen hatte – oder er beantwortete Walters Fragen. »John Wells.«
    »Wo sind Sie geboren?«
    »In Hamilton, Montana.«
    »Wann?«
    »Am 6. Juli 1969.«
    »Haben Sie Geschwister?«
    »Nein.«
    Langsam arbeitete sich Walter durch Wells’ Leben voran:
Er fragte nach dem Namen seiner Lehrerin in der ersten Klasse, nach der Marke und dem Modell seines ersten Autos usw. Manchmal schritt er schnell voran, manchmal langsam, wobei er zwischendurch immer wieder einen Schluck aus einer Wasserflasche nahm, während er über die nächste Frage nachdachte, oder vorgab, über sie nachzudenken. Als die Luft im Raum immer schlechter wurde, fragte sich Wells, ob man absichtlich die Klimaanlage ausgeschaltet hatte, damit er sich unbehaglich fühlte. Dennoch blieb er geduldig, denn er wusste, dass Walter ihn irritieren und ablenken wollte, sodass die eigentlichen Fragen danach beinahe wie eine Erholung wirkten. Schließlich begannen sie.
    »Wann waren Sie das erste Mal in Afghanistan?«
    »Im Jahr 1996.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ich glaube nicht, dass ich so etwas vergessen würde.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ja.«
    »Ich meine, nicht für die CIA.«
    »Sie meinen, wann mich Osama nach meinem College-Abschluss angerufen hat, um mir einen Job anzubieten? Meinen Sie diesen Zeitpunkt? Ach, kommen Sie, Walter.«
    Walter schwieg.
    »Ich war vor 1996 nie in Afghanistan«, sagte Wells. »Und ich war ausschließlich auf Anordnung der Central Intelligence Agency in Afghanistan.«
    »Wie sind Sie in das Land hineingekommen?«
    »Ich bin nach Islamabad geflogen und habe dort eine Mitfahrgelegenheit über die Grenze gefunden. Das ist die übliche Route.«
    »Was war Ihre Tarnung?«
    »Ich arbeitete als Nichtoffizieller.« Als Nichtoffiziellen bezeichnete
man in der CIA einen Agenten, der keine offizielle Beziehung zur US-amerikanischen Regierung besaß, im Gegensatz zu jenen, die im Rahmen des Außenministeriums oder einer anderen Bundesbehörde tätig waren. »Ganz und gar nichtoffiziell. Ich war ein Rucksacktourist, ein

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