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John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

Titel: John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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abgedunkelten Fenstern durch die Stadt. Fluchend sah J.C. zu dem alten Mercedes-LKW ein paar Autolängen vor dem Humvee hinüber, der dunkle Dieselrauchwolken ausstieß. Er hasste es, im Verkehr festzusitzen. Da konnte sie jeder mit Leichtigkeit abknallen. Außerdem hasste er die Dämmerung, deren lange Schatten eine ausgezeichnete Tarnung abgaben, während das Licht für sein Nachtsichtgerät immer noch zu stark war.
    Rund um ihn herum hallte der Ruf zum Abendgebet durch die Straßen. J.C. wusste, dass er diesen schaurig verstärkten Singsang immer und überall hören würde, egal, wie weit er diesen Ort hinter sich ließ. Das war der Klang von Bagdad.
    Während er das Geschütz Kaliber .50 ein wenig absenkte, beobachtete er die Männer auf dem Bürgersteig und suchte nach dem Glitzern von unter den Kaftans verborgenen Waffen. Der Humvee fuhr ruckartig an und stoppte gleich wieder. »Komm schon, vorwärts«, brüllte er zu Voss hinunter.
    »Willst du vielleicht fahren?«, brüllte Voss zurück.
    »Verdammt, nein.«
    »Dann halt die Klappe.«
    Während sie sich Zentimeter um Zentimeter vorwärtsschoben, fragte sich J.C., was mit diesem Land passiert war. Jeder konnte sehen, dass es einst reich gewesen war. Anfangs
hatten sie ihr Hauptquartier in einem von Saddams Palästen aufgeschlagen, einem weitläufigen Gebäude mit einer über drei Geschosse aufragenden Eingangshalle, Marmorfußböden und vergoldeten Wänden. Der Flughafen von Bagdad sah neuer aus als der von El Paso. Und der Highway nach Falludscha war sechs Spuren breit und so gut in Schuss wie eine amerikanische Interstate. In Bagdad gab es Hotels mit zwanzig Stockwerken und riesige Moscheen mit wundervollen blauen Kuppeln. J.C. hatte sogar verstaubte, zerbrochene Werbetafeln für Air France und Japan Airlines gesehen. Früher waren die Menschen gern hierhergereist, und die Iraker besaßen genug Geld, um das Land zu verlassen.
    Das hatte sich geändert. Heute war das Land Katastrophengebiet und starb jeden Tag ein wenig mehr. Die Männer auf den Straßen gingen langsam mit vornübergebeugten Schultern und wütenden Gesichtern. Sie waren mehr als bloß unglücklich. Sie hatten keine Hoffnung mehr. Ihr Leben hatte sich nun schon über einen so langen Zeitraum ständig verschlechtert, dass sie nicht einmal mehr davon träumten, dass es einmal wieder besser werden könnte. Der Groll in ihren Augen war nicht zu übersehen.
    In einigen Vierteln, in denen die 2-7 patrouillierte, erfüllte der Gestank von Abwasser und brennenden Abfällen die Straßen. Jedes Mal, wenn sie anhielten, wurden sie sofort von kleinen barfüßigen Jungs umringt, die um Süßigkeiten bettelten. Nach einer Autobombe vor einigen Monaten waren einige Mad Dogs im Kindi-Krankenhaus im Westen Bagdads gelandet. Das gesamte Gebäude war mit Blutflecken übersät, und in einem Operationssaal hatte J.C. einen Schwarm Fliegen gesehen, der über dem zerschnittenen Gesicht eines Mädchens kreiste. Selbst die Jungs, die normalerweise über alles Witze rissen, schwiegen an diesem Tag. Bagdad war ärmer als Juárez
und ärmer als jedes Dorf in Mexiko, das er je besucht hatte. J.C. verstand es nicht. Mit all dem Öl, das sie besaßen, führten die Menschen hier ein so erbärmliches Leben.
    Er wusste, dass er zu viel nachdachte. Seine Kameraden machten es sich leichter: Lös deine Schecks ein, halt den Kopf tief und hoffe, dass dein Mädchen zu Hause die Beine geschlossen hält. Und sie hatten recht. Er musste nur dafür sorgen, dass er selbst und die übrigen Mad Dogs am Leben blieben. Sollten sich die Hadschis doch um sich selbst kümmern. Aber manchmal, wenn er in dem Palast nach dem Abendessen Domino spielte, krochen Zweifel in J.C. hoch: Wie kommt es, dass dieses Land heute so am Boden ist? Ist es vielleicht unsere Schuld?
     
    Im Inneren des Humvee hoffte Captain James Jackson Jr. auf ein wenig Glück. Drei Tage zuvor hatten sie den Tipp vom besten Informanten des Bataillons bekommen, einem Collegestudenten namens Saleh, der sich ein amerikanisches Visum wünschte, um zu seinen Cousins nach Detroit zu reisen. Bisher hatte er Jackson noch nie in die Irre geleitet. Im Grunde sorgte sich Jackson mehr darüber, dass Saleh dem Bataillon vielleicht zu viel zuspielte; sollten seine Freunde herausfinden, dass er sie verpfiff, betrug seine Lebenserwartung nur noch wenige Stunden. Aber vermutlich wusste Saleh, worauf er sich einließ.
    Sollte die heutige Razzia erfolgreich sein, würde Saleh der 8 Mile Road in

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