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John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes

John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes

Titel: John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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die Sendung an und machte sich Notizen in seinem Block. Als die Konferenz zu Ende war, drehte Li das Fernsehgerät ab und entließ den Oberst.
    »Was glauben Sie?«
    Cao blätterte in seinem Block. »Sie sind sehr verärgert, General.«
    Das beunruhigte Li nicht. »Wütende Wort, aber keine Taten. Wie ich erwartete.«
    Cao verschränkte die Hände. Er fühlt sich unbehaglich, dachte Li. »Ich respektiere Sie außerordentlich, Li. Sie sind ein großer Führer.«
    Unvermutet stellte Li fest, dass er sich ärgerte. Von jüngeren Offizieren war er diese Schmeicheleien gewöhnt, aber von Cao erwartete er mehr.
    »General«, sagte Li, wobei er das Wort mit Nachdruck aussprach, um Cao daran zu erinnern, dass er über ihm stand, »vergeuden Sie Ihren Atem nicht darauf, mir zu schmeicheln. Es ist schon spät. Also fahren Sie fort.«
    »Li …« Cao brach ab und wand seine verschränkten Hände. »Das Schicksal ist ein seltsames Tier. Selbst der perfekteste Plan kann scheitern.«
    Jetzt verstand Li. Cao fürchtete die USA. »Die Amerikaner werden nicht gegen uns kämpfen, Cao.« Li hatte die Brennpunkte des Kalten Kriegs studiert: die Kubakrise, die
Berlin-Blockade, den russischen Abschuss der koreanischen Passagiermaschine KAL 007, die sich im Jahr 1983 in den russischen Luftraum verirrt hatte. Jedes Mal hatten die beiden Parteien nach Kriegsdrohungen eine Möglichkeit gefunden, die Krise zu entschärfen. Atommächte bekämpften einander nicht. China und die USA würden einen Ausweg finden – aber erst, nachdem Li die Macht übernommen hätte.
    »Aber was, wenn sich die Amerikaner verrechnen?«
    »Es gibt keinen Grund zur Sorge. Wir kontrollieren die Lage.« Nicht einmal Cao wusste, wie viele Druckmittel Li zur Verfügung standen. Er hatte nicht nur das Abkommen mit dem Iran ausgehandelt und den Verfasser aufgedeckt. Er stand auch hinter der Unabhängigkeitskrise in Taiwan.
    Im Lauf der Jahre hatte die Volksbefreiungsarmee ein riesiges Netzwerk an Agenten in Taiwan aufgebaut, zu denen auch Herbert Sen, einer der hochrangigsten Politiker, gehörte. Auf Lis Anweisung hin hatte Sen nun gefordert, dass die Insel ihre Unabhängigkeit von China erkläre. Dadurch hatte Sen die USA in eine erbärmliche Lage gebracht. Seit 1949, als die Nationalisten aus dem chinesischen Mutterland geflohen waren und ihr neues Hauptquartier in Taiwan aufgeschlagen hatten, hatte die Volksrepublik Taiwan als abtrünnige Provinz betrachtet. Tatsächlich war die Insel unabhängig von China. Sie hatte eine eigene Regierung, eine eigene Währung und eine eigene Armee. Die USA unterstützten die Insel und garantierten ihre Sicherheit. Im Gegenzug sollte Taiwan China nicht provozieren, indem es offiziell seine Unabhängigkeit erklärte. Ein taiwanesischer Vorstoß, durch den dieser Handel bräche, würde China einen Vorwand bieten einzumarschieren – während den USA nur zwei schlechte Optionen blieben. Entweder sie ließen zu, dass China ihren demokratischen Verbündeten Taiwan
angriff, oder sie traten in einen Krieg ein, den die Taiwanesen selbst ausgelöst hatten.
    Selbstverständlich wollte Li nicht in Taiwan einmarschieren. Ein Angriff wäre ein Desaster, selbst wenn die USA nicht eingriffen. Taiwan besaß eine extrem gute Verteidigung. Außerdem wusste Li besser als jeder andere, dass es die Unabhängigkeitsbewegung nicht weit bringen würde. Schon bald würde Herbert Sen – auf seine Anordnung – seine Meinung ändern. Inzwischen hatte Sens Forderung jedoch den Druck auf die Amerikaner erhöht.
    »Betrachten Sie die Sache auf diese Weise, Cao. Wir haben einen Sturm entfacht, den die Amerikaner nicht erwartet haben. Jetzt versuchen sie, uns Angst einzujagen. Sie werden ihre Navy auffahren lassen und über das Ziel hinausschießen. Dann wird sich ganz China gegen sie vereinen« – hinter mir, dachte Li – »und sie werden erkennen, dass sie keine andere Wahl haben, als um Frieden zu bitten. Wenn sie das tun, werden wir ihnen geben, was sie wollen. Der Himmel wird sich wieder klären und die USA werden neuen Respekt vor China haben.«
    »Und mit Ihrer neu gewonnenen Macht werden Sie sicherstellen, dass die Bauern gerecht behandelt werden.«
    »Keine Krawalle mehr wie der in Guangzhou. Keine Bereicherungen mehr an der Spitze der Partei. Ein neues China, wo alle an den Vorteilen der Wirtschaft teilhaben. Das Volk hat schon zu lange auf ehrliche Führer gewartet.«
    Li hatte seinen Plan noch nie ausgesprochen, nicht einmal, wenn er allein war. Sein

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