John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes
die Kameras zu klicken aufhörten, ehe er das Statement verlas, das fünfundvierzig Minuten zuvor vom Präsidenten persönlich bewilligt worden war.
»Die USA verurteilen die Tat der Volksrepublik China auf das Schärfste. Wenn China den Respekt der Welt erringen will, sollte es das iranische Atomprogramm verurteilen, nicht unterstützen. Vor allem jedoch muss China begreifen, dass die USA China zur Verantwortung ziehen wird, wenn der Iran eine Atomwaffe zum Einsatz bringt.«
Dieses Statement war kurz und brachte die Sache auf den Punkt, wie Young geraten hatte. »Das ist alles. Ich bin sicher, Sie haben Fragen dazu.« Ein Dutzend Hände schoss hoch. »Jackson? Mein heimischer Lieblingsjournalist.«
Jackson Smith von der Washington Post erhob sich. »Sind Sanktionen gegen China geplant? Ein Wirtschaftsembargo? Werden wir unseren Botschafter zurückrufen?«
Dieser Journalist machte es ihm leicht, dachte Young. Smith war klug, aber vorhersagbar. »Das sind drei Fragen, auf die es ein und dieselbe Antwort gibt. Zu diesem Zeitpunkt prüfen wir sowohl unsere wirtschaftlichen als auch diplomatischen Möglichkeiten.«
»Bedeutet das, dass derzeit noch nichts geplant ist?«
»Wir werden nichts überhasten, Jackson. Nächste Frage.« Er deutete auf Lia Michaels von NBC. Vor ein paar Jahren hatten sie ein kurzes Liebesabenteuer, als er noch Mitarbeiter des Kongresses war und sie für CNN arbeitete. Heute waren sie beide verheiratet und erwähnten die Geschichte nie wieder. Dennoch achtete er stets darauf, sie aufzurufen, und sie lächelte ihn immer an, wenn er es tat.
»Das Pentagon hat angekündigt, dass die USA drei Flugzeugträger in das Südchinesische Meer entsenden werden. Warum? Planen wir eine Militäraktion?«
Young benötigte einen Augenblick, um die Antwort richtig zu formulieren. Er hatte diese Phrase mit dem Stabschef des Präsidenten ausgearbeitet und wollte kein Wort auslassen. »Die heutige Ankündigung ist nur die jüngste einer Serie von Provokationen seitens der Volksrepublik. China muss sich im Klaren sein, dass seine Taten Folgen haben. Nächste Frage?«
Aber Lia war noch nicht fertig. »Sie sagten, die USA werden China zur Verantwortung ziehen, wenn der Iran eine Atomwaffe verwendet. Enthält diese Drohung auch einen atomaren Schlag gegen China?«
»Es ist keine Drohung. Und wir sprechen nie über militärische Eventualfälle. Nächste Frage?«
Anne Ryuchi, die neue CNN-Korrespondentin, sagte: »Seit Wochen gibt es Gerüchte über dieses Abkommen. Haben Sie versucht, China davon abzubringen?«
»Wir haben unsere Bedenken zum Ausdruck gebracht. Offensichtlich waren die Chinesen nicht daran interessiert. Nächste Frage.«
Dan Spiegel von der New York Times sprang beinahe von seinem Stuhl hoch. Young mochte ihn nicht sehr. Ein typischer Times -Reporter, klug, aber nicht so klug, wie er glaubte. »Mr Spiegel.«
»Sie erwähnten eine Reihe von Provokationen. Welche Erklärung haben die USA für das aggressive Verhalten Chinas?«
»Das sollten Sie lieber die Chinesen fragen.« Young genoss es, Spiegel abzublocken.
»Noch eine weitere Frage dazu. Welche anderen Aktionen, abgesehen von ihrem Abkommen mit dem Iran, haben die Chinesen gesetzt, die die USA als provokant klassifizieren?«
»Ihre jüngsten Raketentests und das Säbelrasseln in Richtung Taiwan. Taiwan ist eine Demokratie und ein Verbündeter der USA.«
»Aber haben die Taiwanesen diese Auseinandersetzung nicht durch ihre Diskussion über mögliche eigenständige Wahlen heraufbeschworen?«
Spiegel liebte es, seine eigene Stimme zu hören. Wie so viele Reporter hielt er sich fälschlicherweise für ebenso wichtig wie die Leute, über die er schrieb.
»Der Bevölkerung von Taiwan muss das Recht zugestanden werden, ihre Meinung zu äußern, ohne chinesische Repressalien fürchten zu müssen«, sagte Young. Es war Zeit, ihnen etwas Neues vorzuwerfen, an dem sie zu kauen hätten. »Auch wenn ich keine Einzelheiten nennen kann, haben wir erfahren, dass die chinesische Regierung ein Geheimprogramm gestört hat, das für die nationale Sicherheit der USA von entscheidender Bedeutung ist.«
»Können Sie uns mehr darüber sagen?«
»Leider nein.«
Die Konferenz dauerte noch weitere fünfundvierzig Minuten, bis fast 15 Uhr nachmittags Ostküstenzeit. In Peking, das zwölf Stunden voraus war, trank Li Ping Tee in seinem Büro und beobachtete die Übertragung, während ein Oberst aus seinem Stab übersetzte. Cao Se sah sich ebenfalls
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