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John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes

John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes

Titel: John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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noch Autos erkennen. Keinerlei Anzeichen für Leben. Nichts als tintenschwarze Dunkelheit, die sich bis in alle Ewigkeit erstreckte.
    Das Phantom-Schnellboot kroch mit zehn Knoten pro Stunde dahin. Seine Zwillingsmotoren grollten leise. Beck, Choe und Kang waren etwa einhundertneunzig Kilometer nach Westen gefahren, an der Landzunge der nordkoreanischen Küste vorüber, und hielten jetzt in ostnordöstlicher Richtung auf Treffpunkt D zu. Mit etwas Glück würde sie der Absender der Botschaft erwarten und nicht die nordkoreanische Armee.
    Becks Timex leuchtete in der Nacht, sodass er an den blauen Ziffern ablesen konnte, dass sie pünktlich eintrafen: Es war 23.20 Uhr. Der Trip war bisher ruhig verlaufen. Das aufregendste Erlebnis hatten sie wenige Minuten, nachdem sie den Hafen von Inch’on verlassen hatten. Choe fuhr zu nahe an ein Containerschiff heran, sodass das Phantom-Schnellboot von der gigantischen Heckwelle getroffen wurde. Es sprang wie ein vierzehn Meter langer Jet-Ski aus
dem Wasser und landete mit heftigem Aufschlag, der Beck zu Boden streckte. Auch wenn er nicht sicher war, vermutete er, dass Choe die Welle absichtlich geschnitten hatte, als Rache für die Zyankalikapsel.
    Den Großteil der Strecke legten sie mit fünfundzwanzig Knoten zurück und bedienten sich für die Navigation der Radarübertragung des Hawkeye über ihnen, um der Handvoll Schiffe auszuweichen, die in Küstennähe fuhren. Die Dunkelheit half ihnen zusätzlich. Beck hatte in der letzten Stunde nur zwei Boote ausgemacht, von denen keines das Phantom-Schnellboot bemerkt hatte.
    Sie näherten sich der Küste auf kaum fünfhundert Meter Entfernung. Durch sein Fernglas sah Beck eine zerbrochene Steinwand, deren verwitternde Blöcke umherlagen. Aber immer noch kein Anzeichen für Leben.
    »Stopp«, befahl er. Mit auf Leerlauf geschalteten Motoren schaukelte das Boot sanft auf den grauen Wellen des Meeres. Die in der Fahrerkabine angebrachten Lichter erfüllten die Kabine mit schwachem, bläulichschwarzem Schein.
    »Tiefe?«, fragte Beck Kang.
    »Siebeneinhalb Meter. Wir haben Glück, dass wir kaum Tiefgang haben. Dieses Gewässer ist ein einziger riesiger See.« Das Gelbe Meer war tatsächlich außergewöhnlich seicht. Es war nach dem chinesischen Gelben Fluss benannt, der Unmengen an Schlamm mit sich führte. Dadurch besaß es eine Durchschnittstiefe von weniger als fünfundvierzig Meter.
    »Liegt irgendein Hindernis auf unserem Weg?«
    »Nein, alles glatt und sauber.«
    Von hier aus konnte das Phantom-Schnellboot die Küste in dreißig Sekunden erreichen. Aber Beck wollte ihr nicht noch näher kommen, solange er nicht wusste, was sie erwartete.
Einige Kilometer entfernt in östlicher Richtung schimmerte eine anscheinend willkürliche Ansammlung von Lichtern. Durch sein Nachtsichtgerät suchte Beck die Umgebung so weit wie möglich nach Osten und Westen ab und wiederholte den Vorgang anschließend nochmals mit seinem Wärmebildgerät. Er sah nichts als die Lichter und die zerfallende Steinmauer.
    »Schalt die Motoren ab«, sagte er.
    Augenblicklich erstarb das Grollen der beiden Mercury-Motoren. In der Stille, die nun folgte, hörte Beck nur die Atemzüge der Männer um ihn, den lustlosen Schlag der Wellen und das schwache Piepsen des Radars des Schnellbootes. Dort drüben in den Hügeln gab es Vögel, Tiere und Menschen. Zumindest musste es sie geben. Aber sie waren still wie Geister.
    »So muss es auf dem Mond sein«, meinte Kang.
    »Stell dir vor, hier zu leben.«
    Im Norden erklang ein Pfiff, unheimlich und fern. Choe sagte etwas auf Koreanisch.
    »Er sagt, dass das ein Dampfzug ist«, erklärte Kang. »In Nordkorea fahren die Lokomotiven immer noch mit Kohle.«
    Der Pfiff verklang. Beck bedeutete Choe, die Motoren wieder zu starten, und einen Augenblick später hörte er auch schon ihr beruhigendes Grollen. Die drei Männer entspannten sich – zumindest ein wenig.
    »Ich wette, dass man hier ein Anwesen an der Küste ziemlich günstig erwerben kann.«
    »Seth, war es bisher auch immer so dunkel, wenn du hier warst?«
    »Einmal ja, einmal nein. Du meinst …«
    »Ich meine gar nichts.« Die Dunkelheit war gut. Auch die
Stille war gut. Außer die Dunkelheit und Stille bedeuteten, dass die Nordkoreaner auf sie warteten.
    Auf Kangs Laptop piepste ein Alarm. Er drückte einige Tasten und schon zeigte sich ein Bild auf dem Schirm. »Das sieht nicht gut aus. Zwei Boote kommen aus Kudol.« Das war ein Landstrich etwa sechzehn Kilometer

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