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John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes

John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes

Titel: John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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und Exley unter einem wolkenlosen Himmel die National Mall hinunter. Hinter ihnen hing der Mond, und das Washington Monument erhob sich
zu diesem empor wie eine Nadel, die einen Luftballon aufstechen will. Bis auf die Jogger und Frisbee-Spieler, die in der schwülen Nachtluft schwitzten, gehörte ihnen die weite grüne Fläche ganz allein. Der fest gepresste Kies des Weges knirschte unter ihren Füßen, was Exley auf seltsame Weise zufriedenstellte. Sie griff nach Wells’ Hand und drückte sie. Er erwiderte den Druck.
    »Jenny.« Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Ich werde nicht gehen, wenn du glaubst, dass ich nicht gehen soll.«
    Sie wusste, was er meinte. Afghanistan.
    »Ich weiß, dass ich mich in letzter Zeit unmöglich benommen habe …«
    »Schhhh.« Sie legte den Arm um seinen breiten Rücken und strich über die Narbe, die von seinem Zusammenstoß mit der Polizei auf dem Times Square zurückgeblieben war. »Schmerzt es immer noch?«
    »Nein, das ist schon wieder in Ordnung.«
    Würde er es ihr überhaupt sagen, wenn es noch schmerzte?, fragte sie sich. Nein.
    Etwa dreißig Meter von ihnen entfernt saß ein Mann, der trotz der Hitze einen grauen Anzug trug und die Post las. Er winkte zu ihnen herüber und hievte sich schnaubend hoch, wie ein beladener Sattelschlepper, der einen Bergpass hinaufkroch. Bei seinem Gewicht von mindestens einhundertvierzig Kilo würde wohl ein Herzinfarkt nicht mehr lange auf sich warten lassen. Mit einem weißen Taschentuch wischte er sich den Schweiß von der Stirn.
    »George Tyson. Sie müssen der berühmte John Wells sein.« Er steckte das Taschentuch zurück und hielt Wells die Hand entgegen, die dieser in der Luft hängen ließ.
    »Richtig. Sie mögen es ja nicht, wenn man Sie als berühmt
bezeichnet, Mr Wells. Und Sie mögen auch keine Spionageabwehr.« Tysons Südstaatenakzent war so schwül wie die Luft.
    »Gibt es einen Grund, warum ich sie mögen sollte?«
    »Ich will Ihnen nur sagen, dass mich Vinny Duto nicht nach meiner Meinung über Sie gefragt hat. Ich meine damals. Er hatte seine eigene festgefahrene Meinung über Sie – und hat sie immer noch.«
    »Und wenn er Sie gefragt hätte? Was hätten Sie gesagt?«
    »Die Frage ist nur fair, Mr Wells. Aber versuchen Sie einmal, sich daran zu erinnern, wie Sie uns damals erschienen sind. Mit Ihrem Koran und Ihrem Versteckspiel. Nehmen Sie meine Entschuldigung an, und schütteln Sie einem alten Mann die Hand.«
    Wells griff nach Tysons riesiger Pranke – und wurde von einem Handschocker geschüttelt. Er grunzte mehr vor Überraschung als vor Schmerz, während der Strom seine Handfläche zittern ließ. Tyson grinste. Wells erinnerte sich vage, schon einmal von seinen Scherzen gehört zu haben. Auf diese Weise hielt er die CIA-Traditionen aus den Fünfzigerjahren am Leben, bevor sich die Agency in ein bürokratisches Ungeheuer verwandelte.
    »Netter Streich, Mr Tyson.«
    »Jetzt fragen Sie sich wohl, ob ich ein Narr bin, oder ob ich es nur vortäusche«, sagte Tyson. »Schwer zu sagen. Vermutlich beides.«
    »In Wirklichkeit habe ich mich gefragt, wie viele Hiebe es mich kosten würde, Ihnen den Kiefer zu zertrümmern.«
    »Das will ich lieber nicht herausfinden. Interessant, wie Sie auf eine Frage antworten, auf die es keine Antwort gibt, und dies mit einer Frage, auf die es eine genaue Antwort gibt.«
    »Sie arbeiten wohl in Ihrer Freizeit als Seelenklempner?«

    »Ich wette, dass Sie die auch nicht ausstehen können, Mr Wells.« Tyson wandte sich an Exley. »Und Sie müssen Jennifer Exley sein. Wo ist Ellis?«
    »Er wartet im Auto, so wie Sie es gewünscht haben«, sagte Wells, bevor er sich zu Exley drehte. »Was auch immer du tust, schüttle ihm nicht die Hand.«
    »Ich würde nie einer Lady etwas zuleide tun.«
    Gemeinsam schlenderten sie auf das Kapitol zu. Dann machte Tyson plötzlich kehrt und ging zum Monument zurück, während er sich wie ein neugieriger Tourist den Hals verrenkte. »Würden Sie sagen, dass uns im Augenblick jemand verfolgt, Mr Wells?«
    »Ich glaube nicht. Warum? Haben Sie irgendeinen genialen Spürhund auf uns angesetzt? Jemand der auf fünfzig Schritt Entfernung Bärenkot riechen kann?«
    »Um ehrlich zu sein, nein. Was mich betrifft, sage ich, je weniger Leute von diesem Treffen wissen, desto besser.«
    »Deshalb sind wir hier? Jetzt verstehe ich, warum Sie ein Meister der Spionageabwehr sind.«
    »Ach kommen Sie, Mr Wells. Sie wissen genau, dass es nichts Besseres gibt als einen

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