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John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes

John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes

Titel: John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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Fahrerkabine vibrieren. Beck hatte noch nie zuvor Schallwellen so stark gefühlt. Das Sonargerät des Bootes löste nun auch automatischen Alarm aus. Das Heulen der Sirene erfüllte die Kabine und sagte den Männern, was sie bereits wussten: dass ein U-Boot sie aufgespürt hatte. Und dies aus nächster Nähe. Plötzlich waren sie in größeren Schwierigkeiten als je zuvor.
    »Wo ist es?«, fragte Beck.
    »Sechshundert Meter östlich von uns. Auf Periskoptiefe. Soll ich es auch pingen?«
    »Nein.« Welchen Sinn hätte das? Sie besaßen weder Torpedos noch Wasserbomben, und bei einer Wahrscheinlichkeit von eins zu einer Million, dass das U-Boot sie übersehen hatte, war es immer noch günstiger, sich ruhig zu verhalten.
    »Choe, Kurs zwei-eins-fünf«, befahl Beck. Wieder nach Südwesten.
    »Zwei-eins-fünf«, bestätigte Choe, während er das Steuer herumdrehte.
    »Sag ihm, dass er alles aus dem Motor herausholen soll, was drin ist«, sagte Beck zu Kang.
    »Ich glaube, dass er schon von allein auf diesen Gedanken gekommen ist.« Dennoch sagte Kang etwas auf Koreanisch zu Choe. Ohne aufzublicken, antwortete Choe auf Englisch: »Dreiunddreißig Knoten.« Dann stieß er einen Wortschwall auf Koreanisch aus, einer Sprache, die Beck nie hässlicher
vorgekommen war, als in diesem Augenblick. Er verstand sie jedoch gut genug, um zu begreifen, dass Choe ihn verfluchte, weil er sie in eine Mission geführt hatte, die von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen war. Dennoch schob Choe den Fahrhebel nach vorn, sodass das Schnellboot augenblicklich Geschwindigkeit zulegte.
    Ping!
    Wieder vibrierte die Kabine. Das U-Boot überprüfte die Distanz. Auch der U-Boot-Kapitän konnte nicht glauben, wie nahe er war. Beck vermutete jedoch, dass der Kapitän erst dann Befehl zum Abschuss geben würde, wenn er sich überzeugt hätte, dass er nicht versehentlich einen Fischkutter träfe. Selbst die Nordkoreaner feuerten nicht einfach auf ein unbekanntes Boot, das sich in internationalen Gewässern aufhielt.
    Auch als er aufmerksam nach Osten spähte, konnte er kein Periskop entdecken. Vielleicht hatte sie das U-Boot vom Treffpunkt an verfolgt, überlegte er. Aber das war eher unwahrscheinlich. Vermutlich hatten es die Nordkoreaner hierherbeordert, für den Fall, dass das Schnellboot ihren Kordon durchbrach. Dass sie genau über das U-Boot gefahren waren, war lediglich Pech. Jene Art von Pech, die sie alle das Leben kosten würde.
    Solange sich das Schnellboot selbstständig bewegen konnte, hatten sie eine Chance. Das wusste Beck. Die nordkoreanische U-Bootflotte bestand vor allem aus überholten Kopien russischer U-Boote der Romeo-Klasse, deren Basisdesign mehr als fünfzig Jahre alt war. Deshalb auch die verräterischen aktiven Sonarpings. Im Gegensatz zu modernen U-Booten benötigte die Romeo-Klasse aktiven Sonarkontakt, um sich an ihr Ziel zu hängen, und dies selbst aus nächster Nähe.

    Auch die nordkoreanischen Torpedos waren ähnlich veraltete Kopien überholter russischer 53-61 Alligator-Torpedos, deren Spitzengeschwindigkeit bei vierzig Knoten und deren Reichweite unter sechzehn Kilometern lag. Mit zwei funktionierenden Motoren hätte das Schnellboot den Torpedos mühelos davonjagen können. Stattdessen hing nun das Schicksal des Schnellbootes davon ab, wie rasch die Nordkoreaner laden und feuern konnten und wie stark ihre Gewandtheit in den Jahren der Hungersnot und Sanktionen zurückgegangen war.
    Becks Uhr zeigte 00:00:30. Ein neuer Tag. Er hoffte, dass er auch das Ende dieses Tages erleben würde.
    Dreißig Sekunden später sah Kang von seinem Bildschirm auf. »Sie haben ihn gezündet«, sagte er.
    »Distanz?«
    »Zwölfhundert Meter.«
    Jetzt ist alles nur noch eine Frage der Mathematik, dachte Beck. Entweder dem Alligator geht der Treibstoff aus, bevor er uns erreicht, oder er reißt uns in Stücke. Der Torpedo bewegte sich mit einer Geschwindigkeit von etwa zwölfhundert Metern pro Minute vorwärts. Aufgrund des defekten Motors war das Schnellboot auf eine Geschwindigkeit von etwa tausend Metern pro Minute begrenzt. Der Torpedo hatte seine Fahrt zwölfhundert Meter hinter ihnen begonnen und holte pro Minute ungefähr zweihundert Meter auf, vielleicht auch etwas weniger. Wenn ihm nicht der Sprit ausging, würden sie in sechs, höchstens sieben Minuten mit ihm Bekanntschaft schließen.
    Einen Augenblick lang überlegte Beck, Choe zu befehlen, das Schnellboot zu stoppen, sodass sie das Zodiac-Floß aussetzen könnten. Aber

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