John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes
hübschen offenen Ort, wo uns niemand sehen kann, den wir nicht sehen. Und diese Jogger bereiten mir kein Kopfzerbrechen.«
»Sie sind für mich auch nicht der Typ, der sich über Fitness den Kopf zerbricht.«
»John«, warf Exley ein, ehe sie sich an Tyson wandte. »Ignorieren Sie ihn einfach, George. Er benimmt sich seit einiger Zeit etwas seltsam.«
»Davon habe ich gehört.«
»Davon haben Sie gehört?«, hakte Wells nach.
»Mr Wells, ich habe es nur von Ellis gehört. Er macht sich Sorgen um Sie.«
»Ist das der Grund, warum Sie hier sind? Geht es um eine Intervention? Sollen Sie mir ins Gewissen reden, damit ich mich gut benehme?«
»Ob Sie mir glauben, oder nicht, Mr Wells, aber im Augenblick habe ich andere Probleme.« Tysons gedehnter Akzent schwand hörbar. Er steckte den Handschocker in die Tasche, beugte sich vor und legte Wells die Hände auf die Schultern. »Ich sagte, dass Mr Shafer sich Sorgen um Sie macht, nicht ich. Jenseits des Flusses hält Sie vielleicht der eine oder andere für eine Art Superspion. Soviel ich weiß, halten sogar Sie selbst sich dafür.«
»Nein, das tue ich nicht …«
»Lassen Sie mich ausreden. Ich bin kein Freund der großen Männer der Geschichte. Die Konföderation hatte die besten Generäle, und dennoch haben wir den Krieg verloren. Ich glaube, dass Sie auf dem Times Square Glück hatten. Dass wir alle Glück hatten. Und Sie sind heute Nacht hier, weil Mr Shafer es so wollte. Nicht ich. Ist das klar?«
Wells’ Miene wurde hart, und er erstarrte unter Tysons schweren Händen. Dann trat er einen Schritt zurück und schüttelte Tysons Hände ab. Einen Augenblick lang glaubte Exley, dass er Tyson tatsächlich schlagen würden, doch dann schwand die Spannung wieder aus Wells’ Gesicht.
»Ja, jetzt ist alles klar zwischen uns. Danke«, sagte er schließlich und streckte Tyson die Hand entgegen, die dieser nach einem Augenblick nahm. Die beiden Männer schüttelten einander lange die Hand, ehe Wells die seine sinken ließ.
»Danke?«
»Jemand musste es einmal sagen. Danke, dass Sie mich nicht behandeln, als wäre ich was Besonderes. Oder als wäre ich ein verwundetes Tier. Auch wenn ich es sein sollte.«
Das Baseballtraining hatte schon vor Stunden geendet, aber die Scheinwerfer beleuchteten das Spielfeld der Cardozo Highschool an der Thirteenth in der Nähe von Exleys Apartment immer noch. Tatsächlich verloschen die Lichter nie. Vielleicht war dies die Folge der legendären Inkompetenz der Stadtverwaltung von Washington, vielleicht aber auch nur eine Maßnahme, um die Tribüne neben dem Spielfeld weniger verlockend zu machen für Stelldicheins. Nun saßen Exley, Shafer und Tyson auf der Tribüne und warteten auf Wells. Sie waren fünfzehn Minuten durch Washington gefahren, um sicherzugehen, dass ihnen niemand folgte, ehe Wells sie abgesetzt hatte, der nun einen Parkplatz suchte.
Als Wells auf sie zuschlenderte, hielt er eine Plastiktüte in der Hand, aus der er Papiertüten verteilte.
»Bier?«, erkundigte sich Tyson, der angewidert in die Papiertüte spähte.
»Als Tarnung«, erklärte Wells. »Ich habe sie bei dem Spirituosenladen an der U-Street gekauft.«
»Als Tarnung?« Exley konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Mit Aussicht auf eine Mission und nachdem ihm Tyson eine Abreibung verpasst hatte, war seine Stimmung beträchtlich gestiegen, dachte sie. Selbst wenn er nichts gesagt hätte, hätte sie es gewusst. Er betrachtete die Welt nun auf ganz andere Weise als während der letzten Monate.
Nachdem Wells sein Bier aufgerissen hatte, nahm er einen Schluck, während Tyson ihn aufmerksam beobachtete. »Welche Art von Muslim sind Sie, John?«
»Ein schlechter«, gab Wells zurück. »Derzeit verbringe ich nicht viel Zeit in der Moschee.«
»Vermutlich würde ich dasselbe tun, wenn meine Glaubensbrüder ihre Tage damit zubrächten, sich neue und aufregende
Methoden ausdenken, mich zu töten.« Tyson fischte die Dose aus der Papiertüte. »Budweiser?«
»Budweiser, George. Davon bekommen Sie Haare auf der Brust.«
»Wird sie denn auch eines trinken?«, fragte Tyson mit einem Blick auf Exley. »Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie ein Budweiser getrunken. Das ist Yankee-Bier.«
»Budweiser kommt aus St. Louis«, warf Exley ein.
»Jedes Bier ist Yankee-Bier«, gab Tyson zurück. »Ein echter Südstaatler trinkt Whiskey.«
»George, warum kann ich Sie mir gut vorstellen, wie Sie mit der Peitsche in der Hand eine Plantage beaufsichtigen?«
»Das
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