John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes
Rechtsanwältin einer britischen Import-Export-Firma. Ihr Name lautet Monica Cheng. Er lernte sie vor ein paar Monaten bei einer Handelsausstellung chinesischer Exporteure kennen. Die Briten haben sie gestern aufgespürt und befragt, und sie bestätigt es. Sie wird rund um die Uhr überwacht.« Tyson reichte Fotos der Frau herum. Sie war halb Chinesin, halb Britin, Anfang dreißig und hübsch.
»Ist es möglich, dass sie nur ein Schwindel ist?«
»Gewiss ist es möglich. Aber sie ist in London geboren, sie wirkt echt, und sie sagt, dass sie es ernst meinen. Zumindest er meint es ernst. Und da gibt es noch etwas.«
Tyson drückte auf den Abspielknopf, und die DVD drehte sich weiter.
»Gibt es noch andere Gründe dafür, dass Sie übergelaufen sind?«
Wen griff nach einer weiteren Dunhill. Er sprach erst, nachdem er das angebotene Feuer angenommen hatte.
»Ich werde nicht bestraft für das, was ich sage?«
»Mr Wen. Sie sind Gast der britischen Regierung. Ein geladener Gast. Wie Sie mit Ihrem ehemaligen Arbeitgeber umgegangen sind, kümmert uns nicht. Ehrlichkeit ist die beste Politik.«
»Darf ich mit einem Anwalt sprechen?«
Eine Pause. »Ich fürchte, das ist zu diesem Zeitpunkt nicht möglich.«
Wen wirkte nicht überrascht. »Dann lassen Sie mich sagen, dass die Volksbefreiungsarmee untersucht …« Wen brach ab, blickte nach links und somit weg vom Spiegel und sagte ein Wort auf Chinesisch. »Prüft«, antwortete eine Stimme auf Englisch. Wen nickte. »Die Armee prüft meine Ausgaben. Einer der Leute, dieser Rechnungsprüfer, hat eine Frage aufgeworfen.«
»Sie werden des Diebstahls bezichtigt?«
»Es gibt ein bestimmtes Konto auf meinen Namen. Für operationelle Zwecke.«
Tyson hielt die DVD wieder an.
»Er weigerte sich, diesen Teil auf Kamera aufzunehmen. Wie es klingt, hat sich Mr Wen Shubai mit beiden Händen am Geld der Volksbefreiungsarmee bedient. Er bekam ein Konto mit zwei Millionen Dollar bei der UBS. Seiner Aussage nach war dieses Geld dazu bestimmt, Operationen innerhalb von Europa zu finanzieren.«
»Klingt, als hätte er damit die Operation ›Auf mit meiner Freundin Monica nach Barcelona‹ finanziert«, sagte Shafer.
»Er behauptet, die Rechnungsprüfer der Volksbefreiungsarmee weigerten sich, seine absolut legitimen Antworten zu
diesem Konto zu akzeptieren. Deshalb tat er, was jeder von uns tun würde.«
»Er floh in die Arme einer fremden Macht.«
»Genau, Mr Shafer.«
»Haben Sie diesen Auftritt geprobt?«, erkundigte sich Exley. »Sie könnten damit auf der Straße auftreten und das große Geld verdienen. Shafer und Tyson, das CIA-Varieté.«
Shafer und Tyson sahen einander in gespielter Verwirrung an. »Ich weiß nicht, wovon sie spricht, Ellis«, sagte Tyson. »Außerdem sollte es Tyson und Shafer heißen.«
»Glauben wir Mr Wen?«
Tyson verschränkte seine Hände und hob die Zeigefinger an die Lippen. »Nun, hier kommt die Überraschung. Wir glauben ihm.«
»Wir halten ihn für echt und nicht für einen Fisch, den uns die Chinesen zuwerfen, um uns zu verwirren, wie es unsere alten Freunde beim KGB gern getan haben.«
»Wir und die Briten glauben ihm. Die Gründe dafür sind …« Tyson zählte sie an den Fingern ab.
»Erstens: Wenn er ein Fisch ist, ist er ein ziemlich großer Fisch. Er steht weit oben. Was sie mit ihm aufgäben, wäre eine Menge, und wir wissen nicht, warum sie es tun sollten. Zweitens: Monica ist echt. Drittens: Das Geld auf seinem UBS-Konto ist echt, und er hat es dort schon vor einer Weile eingezahlt. Viertens: Die chinesische Regierung unternimmt, sagen wir einmal, dringende Ermittlungen über seinen Verbleib. Und fünftens: Die Chinesen haben den KGB-Stil der Gegenspionage noch nie gemocht.«
»Sie lieben es zu spionieren.«
»Nicht nach dieser Schachspionagemethode. Sie lieben es einfach. Nach der Methode: Bezahle den Ingenieur und schnapp dir die Blaupausen für den Kampfjet.«
»Eine Methode, die funktioniert«, sagte Shafer.
Wieder ließ Tyson die DVD rasch vorwärtslaufen. »Und dann haben wir dies hier«, sagte er. »Sie können sich natürlich das gesamte Band ansehen, aber ich versichere Ihnen, dies sind die Highlights.« Er drückte auf den Abspielknopf für die DVD.
»Hat China Agenten innerhalb der Central Intelligence Agency?«
»Ja. Bis vor einem Jahr waren es zwei. Aber einer wurde dann aufgegeben.«
»Was ist mit ihm passiert?«
»Das weiß ich nicht genau. Er ist selten aufgetaucht auf meinem« – wieder
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