John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes
hatte eineinhalb Millionen Dollar für ein Strandhaus mit sieben Schlafzimmern direkt am Ozean bezahlt. Aber nicht, um das Haus zu kaufen, sondern um es zu mieten. Für drei Monate.
»Nett, wenn der eigene Dad der weltweit größte Waffenhändler ist«, sagte Wells. »Ich habe aus zuverlässiger Quelle erfahren« – tatsächlich hatte Wells in zwei Klatschkolumnen einen Bericht darüber gelesen – »dass er diese Woche in der Stadt ist. Ich würde gern mit ihm sprechen. Allein.«
Graften lächelte nun nicht mehr. »Mr Wells. Sind Sie sicher, dass Sie der sind, für den Sie sich ausgeben? Wenn Sie das nicht sind, wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, um zu gehen.«
»Ich verstehe. Aber ich bin es wirklich, und ich kann es beweisen.«
»Dann … kann ich vermutlich einen Patrouillenwagen vor seiner Einfahrt postieren. Ich bin sicher, dass seine Fahrer die Geschwindigkeit überschreiten. Alle tun das. Wir könnten ihn anhalten und hierherbringen. Aber die Sache wäre heikel, und er könnte sich weigern. Innerhalb von zwei Minuten hätten wir seine Anwälte auf dem Hals, und wir müssten ihn wieder freilassen …«
»Ich will Sie keineswegs in Schwierigkeiten bringen. Ich brauche nur …« Wells brach ab und ging dann doch direkt auf sein Ziel zu. »Wenn Sie heute Nacht eine Alarmmeldung von seinem Haus bekommen, sollten Sie sich Zeit lassen hinzufahren. Ich werde ihm nichts zuleide tun. Das verspreche ich. Und ich werde auch nichts mitnehmen.« Bis auf Informationen, aber das sagte Wells nicht.
»Was ist mit seinen Wächtern?«
»Die bereiten mir keine Sorgen. Aber ich möchte gern Ihre
Leute raushalten.« Wells erwähnte nicht, welche Rolle Exley in seinem Plan spielen sollte.
»Ich vermute, Sie dürfen mir nicht sagen, was Sie von ihm wollen.«
»Lassen Sie es mich so sagen. Ich erwarte nicht, dass er mir einen offiziellen Bericht darüber schickt.«
»Und Sie können die Sache nicht offiziell regeln, Mr Wells?«
»Ich wünschte, ich könnte es.« Die CIA hatte keine legale Berechtigung, in den USA zu operieren. Wells hätte dafür beim FBI um einen Haftbefehl für Kowalski ansuchen müssen. Und er bezweifelte, dass er von einem Bundesrichter einen Haftbefehl erhalten hätte, der lediglich auf der geheimen Zeugenaussage eines einzelnen russischen Mitglieds einer Spezialtruppe basierte, das nun in Afghanistan inhaftiert war.
Selbst im Fall eines wohlgesonnenen Richters würden Kowalskis Rechtsanwälte monatelang gegen sie ankämpfen. Sie würden ihm nicht einmal eine Unterredung gestatten.
Kowalski in Monte Carlo oder Zürich abzufangen, wo er sich meist aufhielt, war ebenso unmöglich. Seine dortigen Häuser glichen Festungen und waren wesentlich besser geschützt als dieses Ferienhaus. Außerdem würde die örtliche Polizei wohl kaum freundlich auf ein derartiges Ersuchen von Wells reagieren. Nein, diese Nacht war ihre beste Chance. Vielleicht sogar ihre einzige Chance. Außerdem kümmerte es Wells nicht, ob Kowalski verhaftet wurde. Er wollte nur wissen, wohin die Spur führte.
Graften seufzte verzweifelt. »Wie viel Zeit brauchen Sie?«
»Vielleicht eine halbe Stunde.«
»Sie werden ihm nichts antun.«
»Ich werde mein Bestes geben.«
Graften sah zur Decke empor. »In Ordnung. Wenn Sie beweisen können, dass Sie der sind, für den Sie sich ausgeben, bekommen Sie eine halbe Stunde. Nicht mehr. Sagen wir um 3:00 Uhr früh.«
»Dann werde ich das tun.«
Um 2:55 Uhr rollte Wells, gefolgt von Exley, die Further Lane hinunter. Üppige grüne Hecken säumten zu beiden Seiten die Straße. Die Hecken waren nicht als Zierde gedacht. Sie waren sieben Meter hoch und viel zu dick, um hindurchzusehen, geschweige denn, sie zu durchdringen, und dienten dazu, die dahinterliegenden Villen zu schützen. Nach ein paar hundert Metern teilten sich die Hecken jeweils für eine Auffahrt. Die Häuser hinter den Toren waren nachts beleuchtet, als wären sie Kathedralen in der Kirche des Reichtums.
Wells hatte Kowalskis Haus viermal ausgekundschaftet. Einmal mit diesem Motorrad in der vergangenen Nacht und dreimal tagsüber mit einem Mountainbike, das er am Montag bei einem Garagenflohmarkt in Sag Harbor gekauft hatte. Zusätzlich hatte er Landkarten der Stadt und Satellitenfotos studiert, sodass er die äußeren Gegebenheiten des Hauses und des umgebenden Geländes kannte. Im Inneren würde er sich auf seinen Instinkt verlassen müssen.
Zunächst wollte er Exley nicht einbeziehen. Aber im Gegensatz zu den meisten
Weitere Kostenlose Bücher