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John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

Titel: John Wells Bd. 3 - Stille des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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stehen. Der Junge öffnete die Heckklappe und stieg in den leeren Laderaum.
    »Einsteigen.«
    Plötzlich hatte Wells das Spiel satt. Er hatte die Nase voll von Mittelsmännern und falschen Pässen, Leibwächtern und bösen Blicken, gezogenen und wieder im Holster verstauten Pistolen.
    Helmut, Bernhard, wer auch immer ihr seid, ihr werdet nicht gewinnen, hätte er fast gesagt. Wir finden euch, wir bereiten euch einen heißen oder kalten Tod, sprengen eure Häuser in die Luft oder schicken euch nach Guantanamo, wo ihr vor ein Tribunal gestellt werdet, das dafür sorgt, dass ihr auf eine Bahre geschnallt werdet und eine Nadel in den Arm kriegt. Egal wie, ihr sterbt so oder so. Ihr könnt nicht gewinnen. Der 11. September war reines Glück, da habt ihr uns kalt erwischt. So etwas wird nie wieder passieren. Und selbst wenn ihr es diesmal schafft, selbst wenn es euch gelingt, Manhattan oder London in die Luft zu jagen - was dann? Glaubt ihr, eine Million Menschen zu ermorden, hilft eurer Sache? Denkt ihr, ihr könnt eintausend Jahre Fortschritt rückgängig
machen? Was habt ihr überhaupt vor? Meint ihr, das ist der Islam?
    Wells war während seiner Jahre in Afghanistan und Pakistan zum Islam konvertiert, und obwohl er nicht mehr oft betete, konnte ihn keine Macht der Welt davon überzeugen, dass diese Nihilisten des Heiligen Krieges für die Religion sprachen. Und wenn sie noch so viele Suren zitierten, noch so oft nach Mekka pilgerten.
    »Einsteigen?«, fragte Wells. »Sonst was?«
    »Einsteigen«, wiederholte der Junge, aber seine Stimme brach.
    Mehr aus Mitleid, und weil er wusste, dass er den Jungen mit einer Hand erledigen könnte, stieg Wells in den Laderaum.
    Ein paar Sekunden später schloss eine behandschuhte Hand die Heckklappe, und er saß mit dem Jungen im Dunkeln. Eigentlich hätte er beunruhigt sein müssen, aber er war es nicht. Der Transporter rollte davon. Er fragte sich, ob er überheblich war und ob ihn das zu Fall bringen würde. Immerhin saß er in einem Lieferwagen fest, ohne Backup, ohne Ortungsgerät. Nicht gerade, wie es im Lehrbuch stand. Aber wenn er mit Klein-Helmut nicht fertig würde, hätte er verdient, was er bekam.
    Die Deckenbeleuchtung, eine schwache Birne, schaltete sich ein. Helmut stand drei Meter von ihm entfernt im Laderaum und hielt eine Pistole, eine.45 ACP, auf ihn gerichtet.
    Wells war sich nicht hundertprozentig sicher, aber die Pistole sah aus wie eine Attrappe.
    »Ausziehen.«
    Wells schüttelte den Kopf. Eigentlich hätte er Angst
haben müssen, wenigstens ein kleines bisschen, aber er spürte nur Gereiztheit.
    »Wir müssen sichergehen, dass Sie nicht verkabelt sind. Sie wissen schon, ein Mikro. Eine Wanze.«
    »Eine Wanze. Also, wenn du meinst.« Wells hatte seine Pistole im Hotel gelassen. Er legte Jacke, Pullover und T-Shirt ab. Wieder fiel ihm auf, dass er die Pfunde, die er sich für seinen Ausflug nach Moskau zugelegt hatte, immer noch nicht ganz wieder losgeworden war. Ärgerlich. Er stapelte alles ordentlich in einer Ecke. Der Laderaum war kalt, und durch in den Boden gestanzte Löcher rauschte die Luft herein, doch das war ihm gleichgültig.
    Sorgfältig schnürte er seine Stiefel auf, schlüpfte heraus, zog die Socken aus und schälte sich langsam, ein Bein nach dem anderen, aus der Jeans. Dabei stellte er überrascht fest, dass Helmuts Augen hinter der Brille merkwürdig glänzten.
    »Sieh ruhig hin.« Wells, dem die Herkunft aus Montana normalerweise deutlich anzuhören war, versuchte sich am Stakkato eines afrikanischen Söldners. Er hängte die Daumen ins Taillengummi seiner Boxershorts und drehte sich langsam um sich selbst. Helmuts Lippen hatten sich geöffnet, und er trat unwillkürlich einen Schritt vor.
    Wells, der seine Drehung beendet hatte, tat ebenfalls einen Schritt auf den Jungen zu. Der wich zurück, als hätte Wells ihn bedroht.
    Wells wusste nun, woran er war. »Die Unterwäsche auch?«, fragte er. »Willst du alles sehen?«
    »Das reicht schon.« Der Junge wandte den Kopf ab, drehte ihn wieder zurück, wollte hinschauen und auch wieder nicht.

    »Willst du mich nicht untersuchen? Sicher ist sicher. Es gibt so kleine Mikros, die man hier unten festklebt …« Wells ließ seine Finger vorn in die Shorts gleiten.
    »Das reicht! Ziehen Sie sich an. Bitte.«
    »Wie du willst.« Wells war ohnehin schon zu weit gegangen. Der Junge war schwul, und Wells hätte wetten können, dass der Fahrer des Transporters nichts davon ahnte. Rasch zog er sich an.

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