John Wells Bd. 3 - Stille des Todes
erst mit Ihnen reden.«
»Das ist aber nett von Ihnen. Was ist mit seiner Firma?«
»Ich habe erst angefangen, die Eintragungen zu prüfen, aber es scheint alles seine Ordnung zu haben. Er ist in der Dun & Bradstreet-Liste der Hamburger Firmen aufgeführt, im Hamburger Telefonbuch eingetragen und in der Datenbank des Hamburger Hafens zu finden. Hat sogar eine Website. Die Firma importiert Teppiche und Maschinen aus der Türkei und exportiert Gebrauchtwagen und Kleidung nach Afrika.«
»Irgendwelche Lieferungen in die Vereinigten Staaten?«
»Sieht nicht so aus, aber ich prüfe das noch.«
»Dabei werden Sie eine Menge Unterstützung bekommen, Ellis.«
»Soll mir recht sein«, erwiderte Shafer. »Solange mir keiner in die Quere kommt.«
Duto ballte und öffnete erneut dreimal die Fäuste - Zeit für ein neues Spiel. »Zurück zu Wells. Wann trifft er sich mit diesem Menschen?«
»In ein paar Stunden. Um achtzehn Uhr Hamburger Zeit, zwölf Uhr mittags hier.«
»Ohne Rückendeckung?«
»Ohne jede Rückendeckung.«
»Und wir wissen nicht, ob Kowalski ihn hintergangen und diesem Typen seinen richtigen Namen verraten hat. Nicht genug damit, dass uns eine Atomwaffe abhandengekommen ist. Wenn wir Pech haben, schickt uns demnächst jemand ein Video von der Enthauptung unseres gefeierten Nationalhelden John Wells unter den Blicken von Osama bin Laden.«
»Würde Ihnen das was ausmachen? Ihre Ansprache über Teamgeist war ja sehr schön, aber irgendwie scheinen Sie nicht mehr so begeistert zu sein, dass Sie mit uns im selben Boot sitzen.«
»Es spielt keine Rolle, was ich denke. Dem Weißen Haus würde es gar nicht gefallen.«
»Kowalski bewegt sich auf dünnem Eis und hat bei solchen Spielchen nichts zu gewinnen.«
Duto trommelte mit den Fingern auf seinem breiten Eichenschreibtisch herum. Es klang, als würde ein Pulk von Rennpferden am Ende der Strecke um die Kurve biegen und in der Entfernung in die Zielgerade gehen.
Es fiel Shafer schwer, den Mund zu halten, er hasste das Schweigen, aber diesmal war er fest entschlossen, Duto zuerst reden zu lassen.
»Sie wissen, was auf dem Spiel steht«, sagte Duto schließlich. »Warum verhalten Sie sich nicht entsprechend?«
Weil ich Wells tausendmal mehr vertraue als dir, dachte Shafer, doch das behielt er für sich. Er hatte Duto schon genug verärgert. »Schlimmstenfalls kommt bei seiner Aktion nichts heraus. Dann stehen wir zwar wieder am Anfang, können uns aber immer noch diesen Bernhard schnappen.«
»Und schlimmstenfalls schöpft der Kerl Verdacht, taucht ab, und wir haben keine Möglichkeit mehr, uns seine Freunde vorzunehmen. Wer auch immer das ist. Wo auch immer sie sind.«
»Vinny, Wells hat schon schwierigere Situationen gemeistert. Wenn jemand diesen Kerl aufscheucht, dann der BND. Ich schlage vor, wir geben Wells ein paar Tage, bevor wir die Deutschen informieren.«
»Soll das ein Witz sein?« Duto setzte ein breites, falsches Grinsen auf. »Natürlich, ein Witz. Sie sind ein richtiger Komiker, Ellis Shafer. Ich weiß, Sie, Wells und Exley halten sich für die drei Musketiere. Sie drei gegen den Rest der Welt.«
»Aber …«
»Nein! Jetzt hören Sie mir mal zu. Vergangenen Monat ist einer Ihrer Musketiere fast ums Leben gekommen, und der andere ballert herum wie ein Zwölfjähriger, der ›Grand Theft Auto‹ spielt …«
»›Grand Theft Auto‹?« Shafer lächelte. Vielleicht entspannte das die Situation ein wenig.
»Ich habe Neffen im Teenageralter, Sie wissen ja, wie das ist.« Duto lächelte ebenfalls, aber das war nur die Ruhe vor dem Sturm. »Und jetzt kommen Sie seelenruhig hier hereinspaziert und erzählen mir, ein Kerl in Hamburg will Beryllium kaufen. Dann verlangen Sie allen Ernstes von mir, dass ich den BND außen vor lasse, bis
der große John Wells seine Show abgezogen hat. Was glauben Sie, was die Deutschen sagen, wenn Little Boy Nummer zwei auf dem Potsdamer Platz hochgeht und den schicken neuen Reichstag verdampfen lässt?«
»Die Bombe ist gar nicht in Deutschland …«
»Das wissen Sie nicht, Ellis. Sie wissen gar nichts. Und die Sache ist zu wichtig für Ratespiele.«
»Eines weiß ich sehr wohl«, hielt Shafer dagegen, »diese Leute interessieren sich nicht für Berlin. New York, Washington, vielleicht London, vielleicht Moskau - darum geht es ihnen. Maximaler Schaden, maximale Symbolik.«
»Vielleicht. Trotzdem läuft da was auf deutschem Boden, und das werden wir dem BND sagen.«
»Und Sie glauben, die werden uns
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