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John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

Titel: John Wells Bd. 3 - Stille des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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helfen?« Die CIA hatte nach dem Fiasko mit den geheimen Gefängnissen und dem Irakkrieg im Augenblick keinen guten Ruf in Deutschland.
    »Sie haben dieselbe Information über das abgängige Uran erhalten wie alle anderen. Die werden uns helfen.«
    »Von mir aus«, murmelte Shafer. Er hatte verloren. Duto hatte sich bereits entschieden. In gewisser Weise war er erleichtert. Auch wenn er Duto nicht leiden konnte, war diese Mission zu wichtig, um die Befehlskette zu ignorieren.
    »Vinny, eines verstehe ich nicht. Wieso sind die Russen uns gegenüber nicht ehrlich?«
    »Die Frage habe ich Joe auch gestellt.« Joe Morgau war der Leiter der Russlandabteilung der CIA. »Er sieht vier Möglichkeiten. In der Reihenfolge ihrer Wahrscheinlichkeit: Erstens, es handelt sich um einen Reflex. Sie lügen so viel, dass sie gar nicht mehr wissen, wie man die Wahrheit
sagt. Zweitens, die Sache ist ihnen peinlich und sie wollen sie vertuschen.«
    »Klingt plausibel, das würden wir genauso machen.«
    »Drittens, sie wissen nicht genau, was fehlt, und wollen keine Panik auslösen. Viertens, im Kreml tobt ein Machtkampf, und diese Sache hat auf eine Weise, die für uns nicht durchschaubar ist, damit zu tun.«
    »Was meinen Sie?«
    »Ich halte das für unwichtig. Wir müssen das Zeug irgendwie finden, egal, was es ist, und können vermutlich nicht auf die Russen zählen.« Duto legte eine Pause ein. »Ich werde Ihnen sagen, was ich für Sie tun werde, Ellis.« Er warf einen Blick auf die Uhr. »Es ist jetzt zehn Uhr morgens. Vier Uhr nachmittags in Deutschland. Wells bekommt dieses eine Treffen heute Abend. Ich werde Mieke« - Josef Mieke, der BND-Chef - »heute gegen achtzehn Uhr unserer Zeit anrufen. Dann ist es in Deutschland bereits Mitternacht. Er wird die Nachricht erst morgen früh bekommen. Zuerst wird er mit mir reden wollen, um sicherzugehen, dass es sich um eine echte Bedrohung handelt und wir nicht übertreiben. Das verschafft Ihnen ein paar Stunden, in denen Sie Wells aufspüren und warnen können, damit er keine Dummheiten macht und die Deutschen verschreckt. Aber dann ist Schluss. Das ist das letzte Mal.«
    »Sie sind unmöglich … aber ich liebe Sie.« Shafer stand auf. Schnell weg, bevor Duto es sich anders überlegte. Wells blieb eine Nacht mit Bernhard, bevor die Deutschen ins Spiel kamen.
    »Ich hoffe, ich muss das nicht bereuen.«
    »Das tun Sie wahrscheinlich schon.« Shafer schnappte sich das Atkinson-Buch und ging.

21
    Hamburg
    Der Hamburger Hauptbahnhof war ein architektonisches Meisterwerk. Ein Stahldach mit einer Spannweite von dreiundsiebzig Metern überspannte ohne störende Säulen den offenen Raum. An zwei Dutzend Bahnsteigen fuhren ständig Züge ein, gedrungene S-Bahnen und schnittige Fernzüge mit dem rotweißen DB-Logo, deren Bestimmungsort Berlin, München oder Paris war. Die auf den Bahnsteigen wartenden Männer und Frauen warfen einen kurzen Blick auf ihre Fahrkarten, um sich zu vergewissern, dass sie den richtigen Wagen erwischt hatten, griffen nach ihren Aktentaschen und Koffern und stiegen in den Zug. Wenige Minuten später hatten sich die Bahnsteige wieder mit Fahrgästen gefüllt, die auf den nächsten Zug warteten. Alle trugen lange Wollmäntel, Schals und Handschuhe, um sich gegen die Kälte zu schützen. Niemand drängelte oder rannte. Deutschland eben.
    Wells beobachtete das endlose Kommen und Gehen von einem Schnellimbiss auf einer Galerie oberhalb der Bahnsteige aus. Die große Digitaluhr über ihm sprang von 16:04 auf 16:05. Seine Kontaktperson hatte sich um fünf Minuten verspätet, vielleicht der einzige Mensch in ganz Hamburg, der nicht pünktlich kam. Um achtzehn
Uhr sollte sich Wells mit Bernhard Kygeli treffen, und ohne die richtigen Papiere konnte er sich die Aktion sparen.
    Dann sah er den Mann, den Shafer ihm angekündigt hatte: Ende zwanzig, schulterlanges dunkles Haar, orangefarbener Patagonia-Anorak. Er ging schnurstracks zu Wells’ Tisch und warf eine Hotel-Schlüsselkarte neben dessen Kaffeetasse.
    »Park Hyatt 402«, murmelte er ins Leere.
    »Vier-null-zwei«, wiederholte Wells leise zur Bestätigung, während der Kurier bereits auf dem Absatz kehrtmachte.
    Wells gefiel die Abwicklung der Übergabe. Der Mann hatte keine Zeit damit verschwendet, unauffällig zu wirken. Das war auch nicht nötig, da sie nicht beobachtet wurden. Wells steckte die Schlüsselkarte ein und trank Kaffee, bis die Uhr 16:10 anzeigte, mehr als genug Zeit für seine Kontaktperson, um zu

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