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John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

John Wells Bd. 3 - Stille des Todes

Titel: John Wells Bd. 3 - Stille des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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Tunneln mit einem Zischen auf, das klang, als würden sie nicht mit Strom, sondern mit Druckluft betrieben. Da sie in Abständen von etwa zwei Minuten fuhren, war es ein Kinderspiel, den Zug zu wechseln. Nachdem er eine Stunde lang unterwegs und viermal umgestiegen war, war sich Wells sicher, dass ihm niemand gefolgt war. Nicht dass er mit einer Beschattung rechnete. Er hatte einen amerikanischen Pass, und Amerikaner besuchten Moskau selbst im Dezember. Schließlich nahm er die graue Linie und fuhr damit noch einmal sieben Haltestellen weit zur Station Juschnaja.
    Als er aus dem Bahnhof trat, hatte er den Glanz des Moskauer Stadtzentrums weit hinter sich gelassen. Bräunlicher Schnee bedeckte die Straßen, und die Wohnblocks waren zumeist billige Betonbauten aus der Sowjetzeit. Der Wind hatte aufgefrischt und drang durch Jacke
und Jeans. Mithilfe des kleinen Stadtplans, den er sich gekauft hatte, fand er das Petersburg, ein kleines Hotel mit nur einem Stern, das fast direkt am MKAD, dem Moskauer Autobahnring, lag.
    In der Lobby des Hotels war es kaum wärmer als draußen, und die Rezeption war verlassen. Wells klingelte zweimal mit einer kleinen Glocke, bevor eine Frau Mitte dreißig erschien. Sie hatte dunkle Haut, einen Schnurrbart und trug eine dicke blaue Jacke gegen die Kälte.
    »Ja?«, fragte sie.
    »Haben Sie Zimmer frei?«
    »Natürlich.«
    Sie fragte nicht nach seinem Pass, aber er gab ihn ihr trotzdem - diesmal den libanesischen. Das Zimmer kostete tausendzweihundert Rubel pro Nacht, etwa fünfzig Dollar, ein Achtel dessen, was er im Novotel bezahlte. Dafür bekam er ein durchgelegenes Doppelbett und eine Plastikdusche, aus der lauwarmes Wasser tröpfelte. Schlüsselkarten gab es hier keine. Die Tür hatte ein großes Messingschloss, das ein erfahrener Langfinger oder ein geschickter Zwölfjähriger in Sekunden geöffnet hätte.
    Wells stellte den Koffer in den winzigen Schrank und ging wieder. Schlafen würde er im Novotel, aber er wollte sich alle Optionen offenhalten. Auf einem Straßenmarkt kaufte er sich ein Kiloglas billige, ölige Erdnussbutter und einen Laib russisches Schwarzbrot. Dann ging er ins Ultra-Spa-Sonnenstudio. Er wollte so dick und dunkel wie möglich bleiben.
     
    Am nächsten Morgen fuhr er zu dem Gebäude, in dem Markows Firma ihre Räume hatte. Die Büros befanden sich in einem renovierten Wohngebäude knapp einen
Kilometer westlich des Kremls mitten im Stadtteil Arbat, dem Zentrum des alten Moskaus. Zwei Sicherheitskameras überwachten den Haupteingang, vier weitere die Flanken des Gebäudes. Ein großer Mann stand vor den Eingangstüren postiert, deren dunkles Glas Wells an einen billigen Aschenbecher erinnerte und den Blick auf die Eingangshalle versperrte. An der Südseite des Gebäudes befand sich ein mit einem Tor gesicherter Parkplatz, auf dem ein halbes Dutzend Mercedes und BMW sowie ein Hummer H1 abgestellt waren.
    Wells blieb nicht stehen. Nicht nur bei Aeroflot war man unfreundlich gewesen, selbst in der Metro wurde er mit misstrauischen Blicken bedacht. Seit dem Jahr 2000 hatten tschetschenische Terroristen in Moskau mehrere Anschläge verübt. Araber waren hier nicht gern gesehen - außer sie kamen aus Saudi-Arabien und wollten besprechen, wie man einen möglichst hohen Ölpreis sicherte.
    Wells war nach Moskau gereist, ohne eine genaue Vorstellung davon zu haben, wie er an Markow herankommen sollte. Er hatte geplant, in Bars und Klubs mit untergeordneten FSB-Agenten ins Gespräch zu kommen oder Kontakt zu privaten Sicherheitsdiensten aufzunehmen, deren Ermittler Markow vielleicht kannten. Das Geld in seinem Koffer hatte dazu dienen sollen, die Räder zu schmieren. Aber hier vor Ort erschienen ihm seine Chancen minimal. Einem Araber, selbst einem christlichen Araber, begegneten alle mit Misstrauen. Es hätte Monate gedauert, das zu überwinden. Wenn Shafer ihm nicht helfen konnte, würde er versuchen müssen, in Markows Haus einzubrechen oder ihn auf offener Straße zu töten.

    Er schickte Shafer eine E-Mail und erklärte ihm die Situation. Shafer antwortete am nächsten Tag. Seine Nachricht enthielt einen Namen, eine Telefonnummer und zwei Sätze Text. Nicholas Rosette. Hat ein reizbares Temperament. Lüg ihn nicht an und verärgere ihn nicht.
    Wells und Rosette verabredeten sich für den folgenden Nachmittag in einem Einkaufszentrum im Norden Moskaus.
    »Ich bin der Franzose mit der Baskenmütze«, mailte Rosette.
    Da er bis zu dem Treffen einen ganzen Tag Zeit

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