John Wells Bd. 3 - Stille des Todes
Werkzeugschränke in ihrem Inneren und … da waren sie.
»Darf ich sie anfassen?«, fragte Bernhard und streckte die Hand aus.
»Nein!«, brüllte Nasiji.
Bernhard tat einen Satz rückwärts. »Was?« Mit schützend erhobener Hand wich er hastig zurück, um möglichst viel Abstand zwischen sich und die Gefechtsköpfe zu legen.
Nasiji lachte. »Entschuldige, Bernhard. Die Versuchung war einfach zu groß. Es kann gar nichts passieren. Fass sie an, tritt nach ihnen, überfahr sie mit dem Auto. Das macht alles nichts. Die Bomben können nicht zünden.«
Bernhard schloss die Augen und fuhr sich mit der schlaffen Hand über die Stirn. »Verdammt noch mal, Sayyid. Mein Herz … mein Arzt sagt …« Bernhard lehnte sich gegen eine Kiste und wartete, dass sich die Anspannung löste. »Das Schiff läuft also in zwei Tagen aus. Bist du sicher, dass du bei deinem Plan bleiben willst? Klingt viel zu kompliziert. Warum überlässt du den Versand nicht mir?«
»Ich sage doch, das habe ich einmal probiert. Es war ein Testlauf von Russland aus, mit Motorradteilen. Die Amerikaner haben die Kiste geöffnet.«
»Das war Russland. Ich kann sie von Hamburg aus direkt nach New York oder Baltimore schicken. Du hast doch gesehen, wie einfach es von Istanbul aus war.«
»Ich will das Risiko mit dem Zoll nicht eingehen. Wir nehmen dein Schiff. So können Jussuf und ich alles im Auge behalten. Den Transport von Kanada in die USA übernehmen dann unsere Freunde mit dem Auto.«
»Ich finde das immer noch nicht gut, aber es ist deine Entscheidung. Dann will ich dir mal zeigen, was ich für dich habe.«
Hinten links im Lagerhaus waren leere Kisten und Paletten ordentlich vor einem Metallkäfig gestapelt worden, dessen Tür mit einem schweren Zahlenschloss gesichert war. Bernhard schob die Paletten beiseite und öffnete das Schloss. Die Männer traten in den Käfig, der zwei staubige Holzkisten enthielt. Die eine war quadratisch, die andere lang und schmal. Beide waren mit chinesischen Schriftzeichen bedeckt. Bernhard griff nach einer Brechstange und hebelte den Deckel von der längeren Kiste, die zwei sicher verpackte Stahlrohre enthielt. Beide waren identisch, etwa 1,80 Meter lang und dunkelgrün lackiert. Am hinteren Ende verbreiterten sie sich wie Raketendüsen, und an der Oberseite waren direkt oberhalb des Geschützverschlusses kleine Zielfernrohre montiert. Es handelte sich um SPG-9 Kopjo, rückstoßfreie Geschütze russischer Produktion. Kopjo hieß »Speer«, und wie die Kalaschnikow, eine andere exzellente Waffe der Russen, war der »Speer« unkompliziert in der Handhabung und für den Einsatz in Wüste und Dschungel ausgelegt. Von der Technik her einfach, aber höchst wirkungsvoll. Die Rote Armee hatte das SPG-9 1962 in Dienst gestellt. Seitdem verrichtete das Geschütz seine mörderische Arbeit.
»Du lässt so was offen herumliegen?«, fragte Nasiji.
Bernhard hatte es allmählich satt, dass Nasiji alles hinterfragte. »Denkst du, meine Männer fassen das Schloss ohne Anweisung von mir an, Sayyid? Komm, hilf mir.«
Sie packten den Lauf und hoben ihn an.
»Nicht schlecht.«
»Nein. Das ist das neue SPG-Modell, etwas kürzer und leichter. Wiegt um die vierzig Kilo. Ich klinge schon wie ein Vertreter, ich weiß. Aber nachdem du schon zwei schwere Kisten hast, wollte ich möglichst wenig Gewicht.«
Bernhard brach die zweite Kiste auf. Sie enthielt ein Dutzend schwarz lackierte Stahlzylinder, gut sechzig Zentimeter lang, aber schmal wie auseinandergezogene Suppendosen oder überdimensionale Patronen.
»Die Munition. Eine neue polnische Konstruktion, mit der höchsten verfügbaren Geschwindigkeit. Fast fünfhundert Meter pro Sekunde.«
Nasiji hob ein Geschoss hoch. Es war leicht, höchstens sechs Kilogramm schwer. Er nahm es von einer Hand in die andere. Allgemein ging man davon aus, dass die Teile des Urankerns mit dreihundert Metern pro Sekunde oder mehr aufeinandertreffen mussten, um das Risiko einer Frühzündung zu vermeiden. Das Problem war, dass sich jedes zusätzliche Gramm Gewicht auf Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit des Geschosses auswirkte. Er würde sehr darauf achten müssen, den Kern und den umgebenden Reflektor so leicht wie möglich zu halten.
»Was ist mit dem Beryllium?«, fragte Nasiji.
Bernhard schüttelte den Kopf. »Das ist viel schwerer zu beschaffen. Ob du es glaubst oder nicht, fast so schwer wie diese Teufelsdinger da draußen. Solche Mengen Beryllium können nur zu einem einzigen
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