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JoJo Und Ich

JoJo Und Ich

Titel: JoJo Und Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Bernal
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»möchtest du vielleicht auch tauchen lernen?«
    Als die Einführungsstunde für die erste Gruppe abgeschlossen war, folgte uns JoJo zum Strand und eskortierte danach die nächste Gruppe ins Übungsgebiet. Wieder hielt er sich ganz ruhig hinter mir, um alles zu verfolgen, und tauchte zwischendurch immer nur kurz zum Luftholen auf. Sicher, er lenkte die Aufmerksamkeit ein wenig vom Unterrichtsgegenstand ab, dem Erlernen der Unterwasser-Signalsprache, ansonsten aber stellte er keinerlei Problem dar. Leider wurde seine Friedfertigkeit allerdings nicht zu einer Regel, auf die jederzeit Verlass blieb.
    Der erste Schwimmer, der die Anweisungen des Tauchmeisters nicht befolgte, sondern sich dem Kurs von oben näherte und JoJo tätscheln wollte, erlebte einen Delfin, der blitzschnell auswich und dann ebenso schnell zubiss, wenn auch maßvoll. Der junge Mann war dann wieselflink wieder aus dem Wasser und rannte mit seinen Schrammen am Arm zur Erste-Hilfe-Station. Hätte er doch nur gehorcht. Aber manche Leute sind eben einfach nicht in der Lage, Tieren mit Respekt zu begegnen.
    Als mich die Betreuerin der Station später zu dem Vorfall befragte, verteidigte ich JoJo natürlich.
    »Er hat nur zugebissen, weil der Schüler ihn nicht in Ruhe lassen wollte«, sagte ich. »Von sich aus ist er in keiner Weise aggressiv.«
    Sie setzte zu Einwänden an, aber ich war noch nicht fertig. »Ich beobachte JoJo schon so lange, vom Strand aus, bei den Tauchkursen und während unserer Schwimmausflüge, und habe noch nie erlebt, dass er zubeißt, solange die Leute nicht die Hand ausstrecken, um ihn anzufassen. Das bestätigt sich bei jedem Zwischenfall dieser Art und bei allen angeblichen Opfern.« Ich wartete kurz ab, bis sie das aufgenommen hatte, und fügte dann hinzu: »Auch die anderen Tauchlehrer werden das bestätigen. Wir sind uns alle sicher, dass niemandem etwas passiert, solange JoJos persönliche Sphäre nicht verletzt wird.«
    »Gut, gut«, sagte sie und bremste mich mit erhobener Hand. »Dann müsst ihr eben dafür sorgen, dass die Touristen ihn nicht anfassen.«
    Wenn das doch bloß so einfach wäre!
    Manche Leute kamen auf die Turks- und Caicosinseln, um sich zu entspannen und zu bräunen. Andere wollten die herrlich naturbelassenen Riffe und ihr buntes Leben erkunden. Wir hatten auch Wissenschaftler, die das Ökosystem unserer tropischen Heimat im Atlantik erforschten. Dann gab es aber noch einen Menschenschlag, und diese Leute hatten offenbar nichts anderes im Sinn, als vor Publikum mit ihren Muskeln zu protzen. Und gerade diese Typen vergaßen leider allzu oft ihr Gehirn zu Hause, wenn sie nach Providenciales flogen.
    Fünf angetrunkene Bodybuilder aus Brooklyn verfielen ein mal am Heck eines Tauchboots auf eine ausgesprochene Schnapsidee, als sie JoJo sahen, der sich im Kielwasser tummelte – und damit nahm das Schicksal seinen Lauf. Es war die Zeit, in der es im Fernsehen vielen Sendungen über Kämpfe zwischen testosteronbeduselten Männern und wild lebenden Tieren gab. Diese fünf Jüngelchen aus Brooklyn hatten wohl einige davon gesehen. Ich kann mir ungefähr vorstellen, wie es sich abgespielt hatte: »Au ja, wir treiben den Delfin ins flache Wasser, dann packen wir ihn und schleppen ihn an den Strand. Das wird eine Story, wir fünf im Ringkampf mit dem Delfin, davon können wir noch unseren Enkelkindern erzählen.«
    Idioten.
    Sicher hatten sie schon Delfinarien von innen gesehen und dachten sich, dass man die Leute mit so etwas noch einmal richtig beeindrucken konnte. Nicht zu fassen. Ob sie beim Pläneschmieden auch nur einen einzigen Gedanken an die Empfindungen dieses intelligenten Lebewesens verschwendeten? Dachten sie an die Möglichkeit, dass JoJo verletzt werden oder sogar umkommen konnte? Oder hatte im Suff nur noch die Macho-Show Platz in ihren Köpfen?
    Unseligerweise wusste niemand außerhalb dieser Clique von dem Plan. Kapitän Nick liebte JoJo wie das türkisblaue Wasser um die Inseln, nach denen er sein Boot benannt hatte, die Turquoise. Hätte er Wind von diesem dämlichen Vorhaben bekommen, wäre sicher keiner von diesen Brooklyn Boys auch nur an Bord gekommen. Aber auf seinem Boot saßen immer Leute am Heck und beobachteten JoJo, was hätte er also Verdächtiges an den jungen Männern finden sollen, die da hockten und tuschelten?
    Ich war in Grace Bay und gerade damit beschäftigt, meine Tauchgerätschaften für den nächsten Kurs zusammenzupacken, als ich die Turquoise in langsamer Fahrt auf den

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