JoJo Und Ich
sondern einen Mantarochen von gut dreieinhalb Metern Spannweite, dessen Flügelspitzen ich zunächst für Rückenflossen gehalten hatte.
»Ein Manta! Toll!«, schrie ich.
JoJo pfiff seine Erkennungsmelodie, während er mit dem Rochen dicht unter der Wasseroberfläche heranschoss. Ich stell te mir vor, wie viel Spaß es machen würde, auf einem Manta zu reiten – und erst in diesem Moment realisierte ich, dass er auf Kollisionskurs mit mir war. Ich versuchte noch zur Seite zu springen, stolperte aber nur über meine eigenen ziemlich ausladenden Füße und fiel genau in dem Augenblick nach vorn, als der Manta mich frontal traf. Auch er hatte noch auszuweichen versucht, aber JoJo ließ ihn nicht.
Meine Beine klappten unter den Rochen, mein Oberkörper nach vorn über seinen Kopf, und so zog er mich unter Wasser. Ich konnte nur ganz schnell noch einmal Luft holen, dann ging es in rasender Fahrt weiter. Ich versuchte mich seitlich an den Kopfflossen vorbeizudrücken, aber der Gegendruck des Wassers war zu hoch.
JoJo unterbrach seine Nummer nicht. Er wurde immer schneller und der Manta natürlich ebenfalls und damit auch der Druck, den mein Bauch aushalten musste. Wie lange noch, bis mir die Luft ausgehen würde? Mir hatte es schon den Atem verschlagen, als der Manta mich rammte, und jetzt war der Druck des Wassers so groß, dass ich keine Chance hatte, den Kopf zu heben, um vielleicht ein bisschen Luft zu bekommen. Was, wenn der Manta in tieferes Wasser entkam und mit mir auf der Nase abtauchte? Ich versuchte alles nur Erdenkliche, um von ihm wegzukommen.
Als mir schon schwarz vor Augen wurde, machte der Rochen einen plötzlichen Ruck nach unten und warf mich ab. Ich rutschte bäuchlings über seinen riesigen glatten Rücken, bis mich seine Flügel noch einmal ordentlich in die Tiefe drückten. Dann war JoJo da, schob mir den Schnabel unter den Rücken, wartete kurz, bis ich stabil lag, und stieg dann mit mir auf, bis ich rücklings an der Wasseroberfläche schwebte.
Jetzt, da er mich in Sicherheit wusste, stupste er mich gleich wieder in die Seite, um mich zur nächsten Runde Manta-Hatz zu animieren.
»Hör auf, JoJo«, gurgelte ich, nach Luft ringend.
Unter allerlei Ortungslauten stupste er mich weiter, aber jetzt konnte ich endlich wieder atmen, wenn auch nur flach, weil mein Bauch noch völlig verkrampft war.
Man hätte denken können, dass JoJo mich an den Strand bugsieren wollte, aber weit gefehlt! Er drückte mich unter ständigen Ortungslauten hinaus und in Richtung Manta.
»Ich kann nicht atmen, wenn du das machst«, krächzte ich. »Lass es jetzt sein.«
JoJo hörte auf, sah mir direkt in die Augen, pfiff noch eine Aufforderung zum Spiel, merkte dann aber wohl, dass ich nicht die Atemkapazität eines Delfins besaß.
»Nein danke«, sagte ich. »Genug Rochenjagd für heute.« Langsam schwamm ich auf den Strand zu, JoJo neben mir.
Dass er mich an die Wasseroberfläche gehoben hatte, war eine sehr sinnvolle Maßnahme, aber ich überlegte, ob es außer dem Manta vielleicht noch andere Gründe dafür gab, dass er mich anschließend ins tiefere Wasser bugsieren wollte. Vielleicht machten Delfine das so, wenn einer den anderen retten wollte, der möglicherweise verletzt war. Für den Delfin wäre es sicher nicht zuträglich, an den Strand gespült zu werden, also sorgte man lieber dafür, dass er genügend Wasser unter dem Bauch hatte. Vielleicht war es so, aber angesichts der puren Spiellaune, die ich in seinem Blick sah, wollte JoJo wohl doch eher weitertollen – oder meine Aufgeschlossenheit für alles Leben vergrößern.
* * *
Wasser ist schon immer mein Element. Ob beim Surfen oder Bodyboarding auf den Wellen von Santa Cruz oder als Wettkampfteilnehmer in Tauch- und Schwimmmannschaften, im Wasser fühle ich mich einfach zu Hause. Aber auch die besten Schwimmer müssen sehr genau auf Gezeitenströme und sonstige Strömungen achten. Deshalb machte ich die Entschei dung über unsere nachmittäglichen Schwimmausflüge von den örtlichen Berichten über zu erwartende Strömungs- und Sichtverhältnisse abhängig. Manchmal kam es trotzdem zu Fehleinschätzungen, sodass wir in unerwartete Strömungen gerieten, die uns noch vor dem Erreichen des Randriffs zur Umkehr zwangen.
Es gab da eine Zone, in der JoJo besonders gern spielte, in der jedoch häufig sogenannte Rippströmungen auftraten. Sie entstehen dadurch, dass auflaufendes Brandungswasser verstärkt durch Kanäle zwischen Sandbänken oder
Weitere Kostenlose Bücher