JoJo Und Ich
Irgendwie, fand ich, ging das tiefer als beispielsweise bei einem Hund, der sich im Unterholz einen Dorn eingetreten hat und jetzt Hilfe suchend zu einem aufschaut. JoJos Blick ist ein anderer. Fast wie von Gleich zu Gleich oder als drücke sich darin das Wissen um eine tiefer gehende Gemeinsamkeit aus.
Ich betrachte JoJo als meinen besten Gefährten. Ich schwimme viel öfter mit ihm als mit allen meinen Freunden unter den Menschen. Ich habe gelernt, dass jeder Tag, den wir in guten wie in schlechten Zeiten miteinander verbringen, bedeutend ist, nicht nur für uns beide, sondern auch für andere. JoJo berührt viele, und je mehr es werden, desto mehr wissen auch um die Einzigartigkeit wild lebender Delfine und um die Not wendigkeit, sie zu schützen. Wenn JoJo und ich unterwegs sind, denke ich manchmal an unsere letzte gemeinsame Schwimmrunde, die unweigerlich eines Tages kommen wird. So schwer dieser Gedanke zu ertragen ist, ich habe die Unabwendbarkeit dieses letzten Mals angenommen.
Als gegen Ende der ersten Woche nach den Antibiotika gaben deutliche Anzeichen der Genesung zu erkennen waren, schwamm JoJo bis nach Pine Cay, um seinen Freund Toffy zu besuchen. Nach all den Wochen, in denen er sich nur so dahingeschleppt hatte, lebte er sichtlich auf, als er seinen alten Spielgefährten wiedersah. Ich beobachtete, wie Toffy zur Attacke blies und ins Wasser rauschte, während JoJo wartend in den Wellen dümpelte.
»Schnapp ihn dir!«, rief ich ihm zu und konnte kaum glauben, dass sie tatsächlich wieder miteinander toben würden, als wäre nichts geschehen. Ich stand nur lachend da. Und es war mir, als schiene erst jetzt die Sonne wieder.
Es kam, wie es kommen musste. Toffy rannte aufgeregt bellend in die Wellen, während JoJo auf Rammgeschwindigkeit beschleunigte. Er traf Toffy mittschiffs, und unter lautem Kläffen und Zwitschern balgten sie sich zwei Stunden lang in schäumenden Kreisen.
H andeln tut not
E s war nur eine Frage der Zeit, bis die Leute scharenweise kamen, um JoJo zu sehen. Anfangs konnte ich mir nicht erklä ren, woher so viele von ihm wussten, bis ich dann erfuhr, dass der National Enquirer eine Farbreportage über JoJo und Toffy gebracht hatte. Die Zeitung hält sich viel darauf zugute, das größte Boulevardblatt der Vereinigten Staaten zu sein, mir aber kamen die Geschichten darin oft so weit hergeholt vor, dass ich das Blatt lieber mied. Doch vielleicht habe ich den Machern der Zeitung auch unrecht getan. Die Story über JoJo und Toffy jedenfalls stimmte in allen Einzelheiten, und ich fragte mich, ob das bei den anderen Reportagen nicht auch der Fall war.
In einer zweiten Zeitung, der Chicago Tribune , wurde für einen Tauch-Kongress mit einem Artikel geworben, der den Titel »Tauchen mit Delfinen, das ultimative Erlebnis« trug. Dummerweise wurde JoJo darin als abgerichteter Delfin dargestellt, der Taucher bei ihren Tauchgängen begleitet. Promotion dieser Art wurde auf den Turks- und Caicosinseln als sittenwidrig abgelehnt. Der Schreiber des Artikels, der aus JoJo ein Geschäft machen wollte, hatte weder eine Ahnung von dessen Erkrankung noch von den Auswirkungen, die sein gedankenloses Machwerk auf das Tier haben würde.
Ich konnte nur staunen, wie viele Touristen mit diesem Artikel in der Hand auf mich zukamen. Manche waren direkt stolz darauf, ein Foto von JoJo zu besitzen, auch wenn es nur aus der Zeitung stammte. Und jeder, der einen der beiden Artikel gelesen hatte, brannte darauf, den berühmten Delfin möglichst hautnah kennenzulernen. JoJo selbst hatte natürlich keine Ahnung, was es bedeutete, eine vom National Enquirer gefeierte Berühmtheit oder ein für die Werbezwecke von spezialisierten Reiseveranstaltern erfundenes Tauchmaskottchen zu sein. Was wussten diese Leute denn, was JoJo alles durchgemacht hatte?
Probleme gab es immer dann, wenn sich die Urlauber an JoJo heranmachten oder er sich ihnen näherte. Zu den Seglern und Windsurfern zog es ihn nicht nur, um sie aus der Ferne zu beobachten. Nein, er schob an den Booten das Steuerruder hoch oder warf die Windsurfer um, wenn sie vom Strand aus losbretterten. Es wurde viel gespielt und alle hatten ihren Spaß dabei, doch dann gab es auch wieder schwierige Tage. Ärger kam auf, wenn jemand sich JoJo näherte und ihn handgreiflich von irgendetwas abzubringen versuchte, mit dem er gerade beschäftigt war. Dieses unbedachte Verhalten hatte dann einen Biss in die Hand oder den Arm oder eine Ohrfeige mit der Schwanzflosse zur
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