Joli Rouge (German Edition)
vortreffliche Idee, befand
Bigford und wollte sich diese Mission unter keinen Umständen
entgehen lassen. Das Gemurmel nahm zu.
D’Ogeron hob beschwichtigend die Hände. »Ein jeder ist
willkommen, seine Meinung kundzutun«, besänftigte er die
Männer. »Ich befürworte das Vorhaben von François L’Olonnais
und Michel Le Basque. Meldet euer Interesse einer nach dem
anderen!«
Bigford hob die Hand. »Ich werde diese Unternehmung
gleichfalls unterstützen. Die
Tortuga Pride
segelt derzeit
mit einer Besatzung von siebzig Mann.«
Jan Willems folgte: »Ihr könnt auf mich zählen! Die
Souvenance
fasst fünfzig Mann, und wir sind jederzeit
bereit, Segel zu setzen!«
»Aye! Auch die
Fontaine D’Or
steht Euch zur Seite und
bringt ihre vierzig Mann Besatzung ein«, stimmte Kapitän
Aymé zu.
Die Männer sahen verstohlen zu Pierre Le Picard, der sich
bisher nicht zu dem Unternehmen geäußert hatte. Seine
stechenden Augen hielten ihnen entgegen. Bigford verspürte
ein wenig Neid, dass er unter den Brüdern derart angesehen
war. Sie vertrauten ihm. Selbst der Baske hob fragend die
Augenbrauen. Picard nickte kurz.
»Die
Belle Rouge
folgt Euch mit vierzig Mann Besatzung«,
gab er nach. Die Männer wirkten erleichtert.
D’Ogeron war zufrieden. »Sieben Schiffe sind mehr, als ich
zu hoffen wagte«, bekannte er. »Ich entlasse euch für eure
Unterredungen,
messieurs
! Ihr habt meine Unterstützung, wenn
ihr Waffen oder Proviant benötigt. Lasst mich wissen, wann
ihr gedenkt abzulegen!«
Er erhob sich und mit ihm alle Anwesenden. Bigford sah
sich um. Die Männer redeten miteinander und schlugen sich
zuversichtlich auf die Schultern. Einzig L’Olonnais zeigte
keinerlei Regung. Auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck, den
Bigford nicht zu deuten wusste.
»Trefft uns morgen Abend im ‚Antre Borgne‘«, befahl Michel
Le Basque den Umstehenden, bevor er davonstürmte. L’Olonnais
folgte ihm entschlossen. Bigford sah, dass die beiden einen
kurzen Disput auf der Straße hatten, ehe sich ihre Wege
trennten. Er rieb sich nachdenklich das Kinn.
Bleich vor Wut eilte L’Olonnais durch die belebten Gassen.
Schwere Karren behinderten sein Vorankommen und er fluchte.
Frauen in weiten Röcken mit geschnürten Oberteilen, über die
Leibchen mit Hängeärmeln und Spitzkragen fielen, schritten
an ihm vorüber. Manche verbargen ihre Haare unter sittsamen
Hauben, andere schützten es mit Filzhüten vor der Sonne und
einige trugen es einfach nur hochgesteckt. In ihren Armen
lagen Körbe mit Obst und Gemüse. Es war Markttag und die
neuen Bürgerinnen von Cayone gingen ihren täglichen Arbeiten
nach. L’Olonnais hasste sie. Er verachtete alles Weibliche,
verdammte ihr Geschwätz mit den Händlern und erzürnte sich
an ihren hohen Stimmen. Am liebsten hätte er jeder Einzelnen
von ihnen die Hände um den zarten Hals gelegt und
zugedrückt, bis sie nie wieder einen Laut von sich gab. Das
Eintreffen dieser unnützen Weiber war der Grund, warum
L’Olonnais den neuen Gouverneur so gering schätzte. Er
verweichlichte die Gesellschaft der Insel, brachte die
Männer dazu, sesshaft zu werden und kuschte vor dem Feind.
All das waren Dinge, die L’Olonnais nicht zu dulden bereit
war. Spanien war ihr Widersacher. Vermochte das denn niemand
zu begreifen? Es erforderte jeden Mann, um diese Fäulnis aus
der Inselwelt zu verdrängen. Die spanische Existenz war ein
Geschwulst, welches das Antlitz dieser Welt quälte, und man
musste es vernichten! L’Olonnais schnaubte. Er wusste, dass
die meisten Männer daran zweifelten, dass er siegreich aus
Maracaibo zurückkehrte, aber er würde sie eines Besseren
belehren. Aufmerksam hielt er Ausschau nach Antoine Du
Puits. Sein Steuermann war der Einzige, den er in diesem
Augenblick ertragen konnte. Er hatte ihn vor zwei Jahren in
Port Royal kennengelernt und sofort gewusst, dass sie
dieselben Ziele verfolgten. Antoine war ein kleiner,
glatzköpfiger Mann, der denselben Hass in sich trug, der
auch L’Olonnais zu Eigen war. Er war ein mürrischer
Einzelgänger, aber ein guter Zuhörer, und er verstand sich
darauf, Ratschläge zu erteilen. Über die Zeit war er zu
seinem engsten Vertrauten geworden. Obwohl ungepflegt und
launisch, fühlte sich L’Olonnais magisch zu ihm hingezogen,
was ihm seit dem Tod von De l’Isle nicht mehr widerfahren
war. Er konnte es kaum erwarten, Antoine von dem
unerfreulichen Treffen zu berichten.
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