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Joli Rouge (German Edition)

Joli Rouge (German Edition)

Titel: Joli Rouge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fischer
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er.
    Das gegnerische Feuer riss Löcher in die Bordwand neben
ihm. Er spürte das Zischen der Geschosse an seinem Ohr. Mit
einem Stöhnen brach der hinter ihm stehende Mann zusammen.
Antoine bewegte sich nicht und versuchte, sich auf das
bevorstehende Manöver zu konzentrieren. Er fixierte den Bug.
Der Wind blies stetig, keine Böen, kein zu hoher Wellengang.
Das Geschrei der Männer um ihn herum verblasste. Er führte
das Ruder mit der Vertrautheit, die nur dieses Schiff ihm zu
geben vermochte. Er sah, dass die Mannschaft mit ihren
Enterhaken in Position ging. Ein plötzlicher Schmerz ließ
ihn zusammenzucken. Er war getroffen worden! Antoine
ignorierte das bekannte Ziehen, das sich heißem Magma gleich
in seinem Oberarm ausbreitete. Ein letzter Schwung am Ruder,
und die
La Poudrière
hatte den Feind vorschiffs bezwungen.
Wie zwei streitlustige Eber verharrten die wuchtigen Schiffe
im Wellengang, während das Geschrei der Mannschaften
anschwoll.
    »
Allons, enfants, à bord!
Lasst das Massaker beginnen!«
L’Olonnais‘ Stimme erhob sich über den Tumult, und die
ersten Männer schwangen sich auf den spanischen
Handelsfahrer.
    Binnen Kurzem überschwemmten sie das Vorschiff. Zeitgleich
versuchten die Bukaniere, die Zündschnüre der
grenades
lardées
mit gezielten Schüssen zu durchtrennen, um ihren
Kameraden bei dem Angriff den Rücken frei zu halten. Die
meisten Spanier hatten sich bereits unter Deck zurückgezogen
oder auf dem Achterdeck verschanzt, wo sie hinter
provisorischen Schießscharten ausharrten und das Feuer gegen
die Angreifer eröffneten. Vereinzelt gab es Zweikämpfe an
Bord, die die Flibustier schnell für sich entschieden.
Antoine überließ einem der abgestellten Männer das Ruder,
zückte Messer und Säbel und rannte seinen Brüdern zu Hilfe.
Das Blut pulsierte heftig durch seine Adern. Entschlossen
griff er sich im Vorbeilaufen eine mit Schwarzpulver
gefüllte Glasflasche, die die Pulverratten herbeischafften,
entzündete sie an einem Brenneisen und warf sie in das
gezackte Loch, das die Kanonenkugeln in den Bug des
Handelsfahrers gerissen hatten. Kurz darauf schnellten
Flammen empor, und schwarzer Qualm hüllte die Angreifer ein.
Mit triumphierendem Lächeln folgte Antoine seinen Kameraden
in den undurchsichtigen Nebel. Durch eilig gebohrte
Öffnungen in den Planken schossen die Spanier aus der
vermeintlichen Sicherheit unter Deck und verwundeten die
ersten Flibustier. Antoine feuerte seine Pistolen ab und
brachte einen Matrosen zur Strecke, der sich hinter die
Absperrungen flüchten wollte. Er zog die Verletzten aus der
Gefahrenzone, nahm seine Enteraxt an sich und hieb mit aller
Kraft auf die soliden Planken des Mittelschiffs ein.
Knirschend blieb die Axt im harten Holz stecken, doch
Antoine kamen bereits weitere Männer zu Hilfe.
    »Lasst uns die spanischen Hunde ausräuchern!«, brüllte er
gegen den Lärm der Musketensalven an.
    Unbarmherzig hackten sie Streifen aus dem Deck, spalteten
die massiven Bohlen und legten den Weg in den Bauch des
Schiffes Stück um Stück frei, während die Bukaniere alles um
sie herum durchlöcherten, um die Spanier in Schach zu
halten.
    Dann krachte es ohrenbetäubend. Die Flibustier hatten eine
geladene Kanone an Deck des Handelsfahrers entdeckt und sie
gegen die Absperrungen des Achterdecks gerichtet.
Holzsplitter flogen umher, und zuckende Körper wurden durch
die Luft gewirbelt. Antoines Ohren summten, als hätte er
einen Bienenstock befreit. Den Lauf der Pistole, die durch
die Öffnung im Holz geschoben wurde, die er freigelegt
hatte, sah er gerade noch rechtzeitig, bevor der Schuss
fiel. Die Kugel zischte an seinem Gesicht vorbei, und
Antoine landete auf den Rücken. Die Bukaniere eröffneten
erneut das Feuer auf die Angreifer unter Deck. Antoine sah
die Einschläge, vermochte sie jedoch nicht zu hören. Betäubt
schüttelte er den Kopf.
    Während er sich sammelte, erblickte er den Kapitän.
L’Olonnais hatte sich dank des Kanonenbeschusses bis zum
Achterdeck vorgekämpft. Sein blutiges Gesicht, das ein
Streifschuss an der Stirn zierte, glänzte grausig in der
Sonne. Er fletschte die Zähne wie ein wildes Tier und
feuerte auf die schützenden Wände, die den vorangegangenen
Angriff überlebt hatten. Die Spanier schossen aus jeder
Ritze zurück. Ein Mann brach tödlich getroffen neben
L‘Olonnais zusammen, und Antoine sah den Kapitän voller Wut
über die Absperrungen

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