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Joli Rouge (German Edition)

Joli Rouge (German Edition)

Titel: Joli Rouge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fischer
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L’Olonnais‘ trat dicht an ihn heran.
»Ich sage dir, was ich zu tun gedenke. Ich übernehme dieses
Schiff, überprüfe, was es geladen hat und segle es auf die
Île de la Tortue, um seine Ladung zu löschen. D’Ogeron soll
sehen, dass er einen Fehler begangen hat, indem er mir
seinen Wachhund Vauquelin zur Seite stellte. Ich werde noch
mehr Männer anheuern und den Rest der Flotte dann auf Saona
treffen.« Er schlug Antoine auf die Schulter. »Hab ein Auge
auf die Kapitäne. Wenn sie Segel setzen, bevor ich
zurückkehre, wirst du dafür gerade stehen! Und nun geh und
sieh zu, dass die Spanier aus ihren Löchern kriechen, damit
ich mich um sie kümmern kann. Anschließend schicke mir den
Schiffszimmermann für die Reparaturen, nimm die Hälfte
meiner Mannschaft und segle nach Saona!«
    L’Olonnais trat zurück. Die Wunde auf der Stirn klaffte
auseinander, und geronnenes Blut umschloss in dicken Klumpen
seine Haare. Es war schwer zu sagen, ob es sein eigenes war
oder das der Feinde. Antoine wollte sich abwenden, als der
Olonnaise ihn zurückhielt.
    »Du kennst den Preis«, flüsterte er eindringlich, bevor er
Antoine mit einer herrischen Geste entließ.
    Auf Saona hielt Pierre derweil nach Segeln am Horizont
Ausschau, während er unter einer Palme seine Waffen
säuberte. Hinter den knorrigen, mannshohen Küstenpflanzen
erstreckte sich feiner Sandstrand, den hohe Palmenbäume
säumten, die wohltuenden Schatten spendeten. Die Sonne hing
schwer am Firmament, und obwohl der Tag bereits
fortgeschritten war, brachte sie die Luft zum Flirren. Die
Männer der sechs Schiffe lungerten in der Umgebung herum und
schossen wahllos auf Vögel und allerlei Kleingetier, um
ihren Verdruss über den unerwarteten Aufenthalt
wettzumachen. Dumpf hallten die Schüsse an den ansonsten
friedlichen Strand.
    Die Schiffe ankerten verborgen in einer Bucht unweit von
Pierres Ruheplatz. An den Felsen, die die Ausläufer der Mona
Passage überblickten, waren Wachposten in Stellung gegangen,
um rechtzeitig feindliche Annäherungen auszumachen. Rote
Landkrabben spähten aus ihren Höhlen im Sand und liefen
seitwärts in die bedächtig anrollenden Wellen. Pierre
verfolgte ihr Spiel und sah erst auf, als sich die Tierchen
mit einem Mal wieder in ihre unterirdische Welt zurückzogen.
Eine massige Gestalt schob sich vor die tiefhängende Sonne.
Pierre legte die Hand schützend vor seine Augen, um den
Besucher zu erkennen.
    »Picard! Erwartet Ihr die Rückkehr des Olonnaisen?« Der
Baske sackte plump neben ihn.
    »Aye! Ich hatte gehofft, dass er sich ein einziges Mal an
unsere Abmachungen hält. Aber er bleibt unzuverlässig.«
    Michel Le Basque ließ ein tiefes Lachen vernehmen. »Ich
wünschte, für D’Ogeron wäre dies ebenso offensichtlich.«
    »D’Ogeron ist zu sehr Franzose und Geschäftsmann. Er dient
dem König. L’Olonnais ist ein williger Spielball. Er ist
kein Anführer. Ich hoffe, Ihr wisst das.«
    Der Baske musterte Pierre. »Ihr denkt, er steht unter
meinem Protektorat?«
    »Tut er es nicht?«
    »Auf keinen Fall!«
    »Ihr habt ihm das Kommando der Schiffe auf See
überlassen.« Pierre zuckte die Schultern. »Wer täte das
freiwillig, wenn nicht ein Gönner?«
    »Ein Mann, der dem anderen einen Gefallen schuldet.«
Michel Le Basque starrte ins Leere. In Ufernähe zogen
Delfine vorüber. Ihre Flossen durchschnitten das tiefblaue
Wasser, und die Sonne ließ ihre Wasserfontänen aufleuchten,
die sie beim Auftauchen ausstießen. Pierre bemerkte sie als
einziger.
    »Welchen Gefallen schuldet Ihr einem Mann wie L’Olonnais?«
    Michel Le Basque kniff die Augen zusammen. »Das liegt
nicht in Eurem Interesse«, knurrte er.
    »Ihr steht hinter dem Olonnaisen zurück. Was soll die
Bruderschaft davon halten?«
    »Die Bruderschaft? Ich erwarte keine Loyalität von
Männern, die einem Olonnaisen folgen oder zu D’Ogeron
aufblicken.«
    »Ich tue keins von beidem.« Pierre drehte den Kopf und
fixierte den bulligen Mann neben sich. Viele Jahre waren ins
Land gegangen, aber die Stärke, die der Anführer noch immer
ausstrahlte, beeindruckte ihn.
    Michel Le Basque schmunzelte. »Ihr seid ein guter Mann,
Picard. Die Brüder schätzen Euch. Aber auch Ihr segelt
zumeist allein.«
    »In Ermangelung anderer Perspektiven.«
    Der Baske betrachtete ihn eingehend, und Pierre senkte den
Blick.
    »Hört mir zu, Picard! Diese Inseln sind meine Heimat, die
Bruderschaft meine Familie. Ich kämpfte mein

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