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Joli Rouge (German Edition)

Joli Rouge (German Edition)

Titel: Joli Rouge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fischer
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Richtung Süden querte, um nach Gibraltar zu gelangen,
welches sich vierzig Meilen südöstlich von Maracaibo befand.
    Jacquotte beobachtete prüfend den Himmel. Sie war froh,
wieder auf der
La Poudrière
zu sein. Das erste Mal seit dem
Tod von Tête-de-Mort erlaubte sie sich eine Gefühlsregung.
Ihr betäubtes Wesen, das sie die vergangenen Jahre durch die
Inselwelt und schließlich auf das Schiff des Olonnaisen
getrieben hatte, wich einem Hauch von Vorfreude. Dies war
ihre letzte Kaperfahrt im Zeichen der Bruderschaft. Sie
hoffte auf eine gewaltige Prise in Gibraltar, die ihr
gemeinsam mit der bisher eingefahrenen zusätzliche
Sicherheit schenken würde. Weder L’Olonnais noch der Baske
oder Pierre sollten je wieder Macht über sie gewinnen. Um
sie zu meiden, hatte sie sich mit ihrer Mannschaft
freiwillig zu einer Erkundung der Außenbezirke von Maracaibo
gemeldet. Das gab ihr nicht nur Gelegenheit, unangenehme
Begegnungen zu vermeiden, sondern auch mit den Männern ihres
Schiffs zusammenzuwachsen. In Zukunft würde deren Loyalität
über ihren Status als Kapitän entscheiden. Jacquotte war
sich dessen bewusster denn je.
    L’Olonnais ließ die Flotte beidrehen. Es war zu
gefährlich, näher an die Stadt heranzusegeln. Der Tag neigte
sich seinem Ende entgegen, und man konnte bereits die Masten
der Schiffe ausmachen, die im Hafen von Gibraltar ankerten.
Sie schimmerten im schwindenden Licht. Die Flibustier
mussten unterhalb der Sichtweite zur Küste bleiben, um
unentdeckt zu ankern und die Nacht abzuwarten. Jacquotte
erteilte ihrem Maat Befehle zur Nachtwache und ließ sich
kurz nach Einbruch der Dunkelheit zum Schiff des Basken
rudern. Die Kapitäne hatten vor Aufbruch Anweisungen
erhalten, sich auf der
La Providence
einzufinden, um den
bevorstehenden Angriff zu besprechen. Kaum setzte sie jedoch
ihren Fuß über die Reling der mit sechzehn Kanonen
bestückten Fregatte, wurde sie auch schon brutal in eine
dunkle Ecke gezerrt.
    »Ist das deine Art, Dankbarkeit zu zeigen, Antoine?«,
vernahm sie L’Olonnais‘ Stimme und blickte in sein vor Wut
verzerrtes Gesicht. »Du versteckst dich vor mir!« Sein Atem
legte sich heiß und faulig über sie, als er näher rückte.
    »Mir kam es vor, als fehle dir meine Anwesenheit nicht im
Geringsten. Ich hörte, du hacktest eine Mutter und deren
beide Kinder in Stücke, um zu erfahren, wohin ihr Ehemann
geflohen ist«, setzte sie ihm entgegen.
    »Planst du einen Hinterhalt, Antoine? Ich habe dich im
vertrauten Gespräch mit Picard gesehen. Was verschweigst du
mir? Sprich!« Ein Messer drückte sich gegen Jacquottes
Kehle. Sie zuckte nicht zurück.
    »Wenn du mir nicht vertraust, dann ist es wohl besser, du
tötest mich«, flüsterte sie.
    L’Olonnais‘ Hand bewegte sich kurz, und sie spürte ein
Aufwallen an ihrem Hals, wo die Klinge sie geritzt hatte. Er
berührte die Wunde. Jacquotte atmete aus.
    »Du kennst keine Angst, nicht wahr, Antoine?«, zischte
L’Olonnais und leckte sich das Blut vom Finger. Sie lächelte
ihn an, während sie ihre Faust um den einsatzbereiten Dolch
ballte. Es hätte nur eines gezielten Stoßes bedurft, um den
Olonnaisen auszulöschen. Aber es war nicht der richtige
Zeitpunkt dafür.
    »Mein Leben liegt in deiner Hand«, erwiderte sie ruhig.
L‘Olonnais erkannte Furcht wie kein anderer. Die Zeit an
seiner Seite hatte sie gelehrt, sich zu kontrollieren.
    »Du spielst mit mir, Antoine! Ich gab dir ein Schiff, ich
gab dir mein Herz. Was forderst du noch?«
    »Außer dem Schiff habe ich nie etwas gefordert. Mein
Zusammentreffen mit Picard war rein geschäftlich. Als
Kapitän bin ich nun ein wertvolles Mitglied für die
Bruderschaft.«
    L’Olonnais spuckte aus, dann steckte er sein Messer ein
und nickte.
    »Ich kenne deine Schwäche für den Kodex, doch du gehörst
zu mir«, er sagte es nebenbei, aber Jacquotte erkannte die
Botschaft in seinen Augen. Verflucht wollte sie sein! Sie
war zu unvorsichtig gewesen und hatte zugelassen, dass
L’Olonnais sie gemeinsam mit Pierre sah. In jener Nacht war
sie ihren Erinnerungen erlegen und hatte Pierres
Gesellschaft genossen. Das durfte nie wieder passieren.
    »Der Weg der Bruderschaft ist nicht der meine.«
    »Ich erinnere dich nur noch dieses eine Mal daran, dass
ich mein Versprechen erfüllt habe«, murmelte er, und sie
ließ zu, dass er ihre Wange streichelte.
    »Wenn wir siegreich aus dieser Kaperfahrt hervorgehen,
dann werde ich darüber

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