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Joli Rouge (German Edition)

Joli Rouge (German Edition)

Titel: Joli Rouge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fischer
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Informationen zufolge hatten die Flibustier beinahe
fünfhundert Frauen, Kinder und Sklaven gefangen genommen
sowie an die hundert Männer, die unter Anwendung von Folter
vernommen wurden. Pierre konnte das entfernte Treiben hören,
aber in der Enge der Gassen vermochte er nicht zu sagen, aus
welcher Richtung die Schreie kamen.
    Seine Schritte hallten unnatürlich laut von den eng
beieinanderstehenden Häusern wieder. Er blieb stehen. Hatte
er eine Bewegung wahrgenommen? Er kniff seine Augen
zusammen, doch das schwindende Licht spielte seinen Sinnen
offenbar einen Streich. Konzentriert lauschte er in die
dunklen Hauseingänge hinein, die ihn umgaben. Irgendwo
tropfte Wasser auf Stein, und einige Hunde balgten sich in
seiner Nähe um ein totes Huhn. Sonst war alles ruhig. Er
fluchte. Dass er Remi aus den Augen verloren hatte, machte
ihn wütend, denn Bigfords Worte wurden mit seinem
überhasteten Verschwinden auf einmal übermächtig. Pierre
ballte die Hände zu Fäusten. Remi war sein Gefolgsbruder,
und er mochte sich nicht vorstellen, dass er ihm womöglich
weniger trauen konnte, als dem schmierigen Bigford, dessen
Gesinnung sich ihm nie offenbart hatte. Was Pierre noch viel
mehr beunruhigte, war die Tatsache, dass Bigford zu wissen
schien, wer hinter Antoine Du Puits steckte. Doch welche
Pläne verfolgte der Engländer? Er musste Remi finden und ihn
zur Rede stellen, danach würde er sich um Bigford kümmern!
Entschlossen setzte Pierre seinen Weg fort. Er wollte sich
in der Nähe der Brustwehre auf die Lauer legen. Obwohl die
Möglichkeit bestand, dass sich Remi längst im Lager der
Flibustier aufhielt, glaubte er nicht daran. Was immer Remi
dazu getrieben hatte, vor ihm zu flüchten, hielt ihn in
seinem Versteck fest. Zumindest bis ihn der Hunger an die
nächtlichen Feuer trieb. Pierre atmete tief durch. Er würde
warten.
    Die Nacht senkte sich über Gibraltar, während das Gegröle
der trunkenen Männer zunahm. Pierre kämpfte gegen die
Müdigkeit an, die auf wohligen Wellen über ihn
hereinzubrechen drohte. Der Schein der Feuer verschwamm vor
seinen Augen und lockte ihn ein Mal mehr in die Welt der
Träume. Energisch setzte er sich auf. Seine Muskeln waren
schwach, und die Kühle der zerborstenen Mauer, die ihn
abschirmte, kroch ihm in die Glieder. Er sehnte sich nach
einer Mahlzeit und einem kräftigen Schluck Rum, der ihm die
Erschöpfung aus seinen geschundenen Knochen vertrieb.
Sehnsuchtsvoll blickte er zu den Wachen hinüber, hinter
denen sich das Lager seiner Mannschaft erstreckte.
Vermutlich fragten sich die Brüder bereits, was mit ihrem
Kapitän geschehen war. Pierre streckte die Beine aus. Seine
Gedanken kamen zum Erliegen und vermischten sich mit
unwirklichen Wahrnehmungen. Erneut wurden die Lider schwer,
sein Kinn sackte auf die Brust. Er zuckte zusammen und
blinzelte. Ärgerlich schüttelte er den Kopf, zog ein Messer
und ritzte entschlossen seinen Arm. Der Schmerz durchzuckte
ihn. Für einen Augenblick vertrieb er die Trägheit. Pierre
setzte sich aufrecht hin.
    In diesem Moment bemerkte er den Schatten, der behutsam um
das Hauseck zu seiner Linken glitt. Mit einem Mal war er
hellwach. Seine Augen, bereits an die Dunkelheit gewöhnt,
nahmen jede Bewegung sowie die Umrisse der Person wahr, die
er kannte, seit er ein Junge war. Es bestand kein Zweifel,
der Schatten war Remi!
    Ohne ein Geräusch zu machen, sprang Pierre auf und drückte
sich in das herausgesprengte Loch der Mauer. Sein Herz
pochte. Remi war vorsichtig. Er bewegte sich wie ein scheues
Tier, blieb regelmäßig stehen und sondierte die Umgebung.
Erst, als er beinahe an ihm vorübergegangen war, schlug
Pierre zu. Wie eine Schlange schnellte er aus seinem
Versteck, packte seinen Gefolgsbruder am Hals und zerrte ihn
hinter das schützende Mauerwerk. Remi rang erschrocken nach
Luft, doch Pierres Anblick ließ ihn verstummen. Mit einer
geschickten Bewegung durchtrennte Pierre den Waffengürtel.
Er fing ihn auf und sorgte dafür, dass er geräuschlos zu
Boden glitt. Dann legte er Remi das Messer an die Kehle.
    »Kein Laut!«, zischte er. Remi nickte. Das Weiß seiner
Augen schimmerte in der Dunkelheit.
    »Weshalb bist du davongelaufen?«, wollte Pierre wissen.
Remi schwieg und Pierre glaubte, sein Herz angsterfüllt
schlagen zu hören.
    »Noch zu Beginn dieser Fahrt hast du mir gesagt, dass du
mir zur Seite stehst«, grollte er. »Was hat dein Verhalten
zu

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