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Joli Rouge (German Edition)

Joli Rouge (German Edition)

Titel: Joli Rouge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fischer
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eine gesicherte Existenz aufbauen
könntet.«
    »Wohin sollten wir wohl gehen?« Watts sah ihn aufgebracht
an, doch Bigford blieb ruhig.
    »Wie ich hörte, zieht es viele Puritaner derzeit nach
Neuengland. Ihr solltet diese Gegend in Erwägung ziehen,
wenn Ihr über unseren Vorschlag nachdenkt.«
    Watts wiegte seinen Kopf hin und her, während De l’Isle
zusehends angespannter wurde. Bigford wusste, der Kapitän
stand kurz vor einem zornigen Ausbruch und konnte nur
hoffen, dass er sich noch etwas in der Gewalt hatte.
    »Was versteht Ihr unter einer Beteiligung?« Watts gab sich
desinteressiert, doch seine Augen blitzten neugierig.
    »Wir benötigen Euer Schiff, Waffen und Männer, wenn Ihr
welche entbehren könnt. Und natürlich einen Kaperbrief.« De
l’Isle antwortete direkt, bevor Bigford zu Wort kam.
    »Mein Schiff?« Watts hustete. Hektische Flecken zeigten
sich auf seinen Wangen. »Und einen Kaperbrief? Verzeiht,
aber das steht nicht in meiner Befugnis!«
    »
Bon dieu
«, murrte De l’Isle. »Seid Ihr nun Gouverneur von
Tortue oder nicht? England steht im Krieg mit Spanien. Ihr
setzt Euer Siegel somit unter eine Handlung im Sinne Eures
Landes. Verweigert Ihr Euch, steht Euch im Übrigen kein
Anteil an der Prise zu.«
    Watts sank tiefer in seinen Stuhl. Bigford musste sich
vorbeugen, um ihm ins Gesicht zu sehen.
    »Was denkt Ihr?«, wollte er wissen.
    »Nun, ich werde mein Schiff benötigen, um meine Familie
von hier fortzubringen. Wer garantiert mir, dass ich es
unbeschädigt zurück erhalte?«
    »Ich werde Euer Schiff segeln, und Ihr habt mein Wort
darauf, dass es unversehrt zu Euch zurückkehrt«, erwiderte
Bigford schleunigst.
    »Verfügen die Brüder der Küste denn nicht über genügend
Schiffe und Männer, um den Angriff alleine durchzuführen?«
Watts‘ Augen wurden immer größer.
    Bigford und De l’Isle sahen sich vielsagend an.
    »Das sollte nicht Eure Sorge sein.« De l’Isle zückte einen
Dolch und rammte ihn in den Sekretär. Der Ärmel von Watts‘
dunkelbraunem Rock wurde dabei durchbohrt, wodurch der
überrascht aufschreiende Gouverneur festhing und seinen Arm
nicht mehr zurückziehen konnte. De l’Isle streifte den
goldenen Siegelring von Watts‘ Finger und hielt ihn ihm
unter die Nase.
    »Ihr tätet besser daran, endlich ein Papier aufzusetzen
und es zu beglaubigen, als weiter einfältige Fragen zu
stellen«, flüsterte er mit gefährlicher Stimme. »Stellt es
auf Adam Bigford aus.«
    Mit einer schnellen Bewegung zog er den Dolch aus der
polierten Tischplatte und beobachtete Watts, der mit
zitternden Fingern nach seinem Federkiel griff.
    »Schreibt gefälligst leserlich«, brummte De l’Isle und
trat ans Fenster.
    Bigford rieb sich die Hände. Er würde als Kapitän eines
Schiffes an seinem ersten Überfall teilnehmen. Da war die
Abgabe eines Zehntels der Prise eine akzeptable Abmachung.
Er hatte die
Tortuga Pride
bereits im Hafen liegen sehen.
Wie Watts an diese ehemalige Galeone gekommen war, war
selbst De l’Isle ein Rätsel. Fest stand, dass sie neben der
Bonaventure
das wehrhafteste Schiff war, das derzeit auf
mehr oder weniger offiziellem Weg zu bekommen war.
    Als Watts das Siegelwachs auf das Dokument aufbrachte,
musste Bigford unwillkürlich an die rote Jacquotte denken.
Er fragte sich, wo sie sich aufhielt. Fast hätte er
geseufzt, als er an ihr letztes Zusammentreffen dachte und
verfluchte Jérôme, der aufgetaucht war, bevor er die Sache
hatte zu Ende bringen können. Es war ausgleichende
Gerechtigkeit, dass er nun mit dem verkrüppelten Kerl
geschlagen war, den ihm dieses verrückte Weib an die Hütte
gebunden hatte. Obwohl Bigford sie noch begehrte, musste er
zugeben, dass sie ihm Respekt abnötigte. Sie war schlauer
und skrupelloser, als er angenommen hatte. Er wollte seine
zukünftige Prise darauf verwetten, dass sie bereits als Mann
verkleidet unter den Brüdern weilte. Sollte er sie
entdecken, würde er sie nicht auffliegen lassen, sondern
sein Wissen als Druckmittel einsetzen, um seiner Gier
endlich Befriedigung zu verschaffen.
    »Bigford!« De l’Isle riss ihn aus den Grübeleien. »Wir
sollten aufbrechen.« Er deutete auf das zusammengerollte
Dokument, das Watts ihnen entgegen hielt.
    Bigford ergriff es, verbeugte sich kurz und sagte: »Ihr
dürft uns in zwei Wochen zurückerwarten, Sir! Seid
unbesorgt, bald befindet Ihr Euch mit Eurer Familie in der
Sicherheit Neuenglands.«
    Watts nickte zerstreut.

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