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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
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Honeyfoot, es gebe doch einen; der Streit zog sich über Jahre hin, und infolgedessen hatte Mr. Honeyfoot tatsächlich nicht die Muße, seine Unterschrift unter Mr. Norrells Dokument zu bedauern 10 .
    Die Bibliothek der Gelehrten Gilde der Zauberer von York wurde an Mr. Thoroughgood in Coffee Yard verkauft. Aber niemand dachte daran, Mr. Segundus etwas davon zu sagen, und er erfuhr es erst, als der Ladenjunge von Mr. Thoroughgood es einem Freund erzählte (der in Priestley's Wäschegeschäft arbeitete) und der Freund es zufällig gegenüber Mrs. Cockcroft vom George Inn erwähnte, die es ihrerseits Mr. Segundus' Vermieterin, Mrs. Pleasance, weitersagte. Sobald Mr. Segundus es gehört hatte, lief er durch die verschneiten Straßen zu Mr. Thoroughgoods Buchhandlung, ohne sich die Mühe zu machen, seinen Hut aufzusetzen, seinen Überzieher oder seine Stiefel anzuziehen. Aber die Bücher waren bereits verkauft. Er fragte Mr. Thoroughgood, wer sie erworben hatte. Mr. Thoroughgood bat Mr. Segundus um Verzeihung, aber er dürfe ihm den Namen des Herrn nicht nennen; der Herr wünsche nicht, dass sein Name allseits bekannt würde. Mr. Segundus, hutlos, überzieherlos, atemlos, mit Wasser in den Schuhen, Schmutzspritzern auf den Socken, die Blicke aller Personen im Laden auf sich spürend, war zufrieden, Mr. Thoroughgood mit einiger Befriedigung zu entgegnen, dass es gleichgültig sei, ob ihm Mr. Thoroughgood den Namen nannte oder nicht, denn er glaube, auch so zu wissen, wer der Herr sei.
    Mr. Segundus war durchaus neugierig auf Mr. Norrell. Er dachte viel über ihn nach und sprach häufig mit Mr. Honeyfoot über ihn 11 . Mr. Honeyfoot war überzeugt, dass alles, was geschehen war, durch Mr. Norrells ernsthaften Wunsch, die Zauberei nach England zurückzubringen, erklärt werden konnte. Mr. Segundus war nicht ganz so sicher und begann, sich nach einem Bekannten von Mr. Norrell umzusehen, der ihm mehr erzählen könnte.
    Ein Herr in Mr. Norrells Position, mit einem schönen Haus und einem großen Anwesen, erregt immer das Interesse seiner Nachbarn, und diese Nachbarn erfahren, wenn sie nicht auf den Kopf gefallen sind, immer etwas über ihn. Mr. Segundus fand eine Familie in Stonegate, die verwandt war mit Leuten, die ihrerseits eine Farm fünf Meilen von Hurtfew Abbey entfernt besaßen – und er freundete sich mit der Familie aus Stonegate an und überredete sie, ein Abendessen zu geben und ihre Verwandten einzuladen. (Mr. Segundus erschrak über sein Geschick, solche kleinen Ränke zu schmieden.) Die Verwandten trafen ein und waren nur allzu geneigt, über ihren wohlhabenden und merkwürdigen Nachbarn zu reden, der die Kathedrale von York verzaubert hatte, aber das Wichtigste war, dass Mr. Norrell Yorkshire verlassen und nach London gehen wollte.
    Das überraschte Mr. Segundus, aber noch mehr überraschte es ihn, welche Wirkung diese Neuigkeit auf seinen Gemütszustand hatte. Er fühlte sich auf seltsame Weise aus der Fassung gebracht – was einfach lächerlich war, wie er sich sagte; Mr. Norrell hatte sich nie für ihn interessiert, noch ihm je irgendeine Freundlichkeit erwiesen. Aber Mr. Norrell war jetzt Mr. Segundus' einzig verbliebener Kollege. Wenn er ginge, wäre Mr. Segundus der einzige Zauberer, der letzte Zauberer in Yorkshire.
KAPITEL 4
Die Freunde der englischen Zauberei
Frühlingsbeginn 1807
    Stellen Sie sich einen Mann vor, der Tag für Tag in seiner Bibliothek sitzt; einen kleinen, unauffälligen Mann. Ein Buch liegt vor ihm auf dem Tisch. Ein Vorrat an Federkielen, ein Messer, um sie anzuspitzen, Tinte, Papier, Notizbücher, alles ist zur Hand. Im Raum brennt immer ein Feuer, ohne Feuer im Kamin hält er es nicht aus, er spürt die Kälte. Der Raum verändert sich mit den Jahreszeiten, er nicht. Drei große Fenster gehen hinaus auf eine englische Landschaft, die im Frühling friedlich ist, im Sommer heiter, im Herbst melancholisch und im Winter düster – so wie eine englische Landschaft sein sollte. Aber die Jahreszeiten interessieren ihn nicht, er hebt kaum den Blick von den Seiten des Buchs. Er huldigt wie jeder englische Gentleman der Körperertüchtigung; bei trockenem Wetter führt ihn ein langer Spaziergang durch den Park und um einen kleinen Wald herum; bei Regen macht er einen kurzen Gang durch den Garten. Aber er versteht nichts von Garten, Park oder Wald. Auf dem Tisch der Bibliothek wartet ein Buch auf ihn; er meint, den Blick noch immer auf die gedruckten Zeilen gerichtet zu haben, seine

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