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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
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sagte: »Das ist die Person, in deren Schutz ich das Haus meines Mannes verlassen habe.«
    »Aha! Und wie soll sein Schicksal aussehen?«
    »Bankrott«, sagte sie mit scharfer leiser Stimme. »Wahnsinn. Feuer. Eine entstellende Krankheit. Ein Pferd, das auf ihm herumtrampelt! Ein Bösewicht, der ihm auflauert und sein Gesicht mit einem Messer zerschneidet! Eine Schreckensvision, die ihn verfolgt und ihm Nacht für Nacht den Schlaf raubt!« Sie stand auf und begann im Zimmer auf und ab zu schreiten. »Jede seiner gemeinen Schandtaten soll in den Zeitungen veröffentlicht werden. Alle Leute in London sollen ihn schneiden. Er soll ein Mädchen vom Land verführen, das aus Liebe zu ihm verrückt wird. Sie soll ihn Jahr um Jahr verfolgen. Ihretwegen soll er der Lächerlichkeit preisgegeben werden. Nie soll sie ihn in Ruhe lassen. Er soll aufgrund eines Irrtums eines ehrlichen Mannes eines Verbrechens angeklagt werden. Er soll die Demütigungen des Prozesses und des Gefängnisses erleiden. Er soll gebrandmarkt werden! Er soll geschlagen werden! Er soll ausgepeitscht werden! Und er soll hingerichtet werden!«
    »Mrs. Bullworth«, sagte Strange. »Bitte, beruhigen Sie sich.«
    Mrs. Bullworth hörte auf, auf und ab zu schreiten. Sie hörte auf, schreckliche Schicksale für Mr. Lascelles zu beschwören, dennoch konnte man sie kaum ruhig nennen. Sie atmete schnell, sie zitterte am ganzen Körper, und in ihrem Gesicht arbeitete es heftig.
    Strange sah ihr zu, bis er glaubte, dass sie sich so weit unter Kontrolle hatte, um zu verstehen, was er ihr mitzuteilen hatte, dann setzte er an: »Es tut mir Leid, Mrs. Bullworth, aber Sie wurden das Opfer einer grausamen Täuschung. Diese« – er blickte auf Drawlight – »Person hat Sie angelogen. Mr. Norrell und ich haben nie Aufträge von Privatpersonen angenommen. Wir haben diesen Mann nie als Mittelsmann beschäftigt, der uns Aufträge beschaffen soll. Heute Abend habe ich Ihren Namen zum ersten Mal gehört.«
    Mrs. Bullworth starrte ihn einen Augenblick lang an, dann wandte sie sich Drawlight zu. »Stimmt das?«
    Drawlight richtete seinen unglücklichen Blick auf den Teppich und murmelte etwas vor sich hin, von dem nur die Worte »Madam« und »besondere Umstände« zu verstehen waren.
    Mrs. Bullworth zog an der Klingelschnur.
    Das Dienstmädchen, das Drawlight ins Haus geführt hatte, kam herein.
    »Haverhill«, sagte Mrs. Bullworth, »entfernen Sie Drawlight.«
    Im Gegensatz zu den meisten Dienstmädchen in wohlhabenden Haushalten, die vor allem wegen ihrer hübschen Gesichter eingestellt werden, war Haverhill eine kompetente Person mittleren Alters mit kräftigen Armen und einer unversöhnlichen Miene.
    Aber jetzt musste sie kaum nachhelfen, da Mr. Drawlight die Gelegenheit, sich zu entfernen, nur allzu dankbar ergriff. Er nahm seinen Stock und huschte hinaus, kaum hatte Haverhill die Tür geöffnet.
    Mrs. Bullworth wandte sich Strange zu. »Werden Sie mir helfen? Werden Sie tun, worum ich Sie bitte? Wenn das Geld nicht reicht...«
    »Oh, das Geld.« Strange machte eine wegwerfende Geste. »Ich bedaure, aber wie ich bereits gesagt habe, nehme ich keine privaten Aufträge an.«
    Sie starrte ihn an und sagte dann in verwundertem Ton: »Kann es sein, dass mein Unglück Sie überhaupt nicht berührt?«
    »Ganz im Gegenteil, Mrs. Bullworth, eine moralische Gesinnung, die nur die Frauen bestraft und die Männer von aller Schuld freispricht, finde ich abscheulich. Weiter werde ich nicht gehen. Ich will keine unschuldigen Menschen verletzen.«
    »Unschuldig!«, rief sie. »Unschuldig! Wer ist unschuldig? Niemand!«
    »Mrs. Bullworth, ich habe nichts mehr zu sagen. Ich kann nichts für Sie tun. Ich bedaure.«
    Sie sah ihn verdrossen an. »Hmm, na gut. Zumindest haben Sie so viel Anstand und verordnen mir nicht Buße oder gute Werke oder Handarbeit oder was immer die anderen Narren als Mittel gegen ein ereignisloses Leben und ein gebrochenes Herz empfehlen. Nichtsdestotrotz halte ich es für das Beste für uns beide, wenn wir dieses Gespräch beenden. Gute Nacht, Mr. Strange.«
    Strange verneigte sich. Als er den Raum verließ, warf er einen wehmütigen Blick auf den Spiegel über dem Sofa, als würde er lieber darin verschwinden als durch die Tür, die Haverhill aufhielt, aber die Höflichkeit gebot es, sie zu benutzen.
    Da er weder Pferd noch Kutsche hatte, ging er die fünf Meilen von Hampstead zum Soho Square zu Fuß. Als er vor seinem Haus eintraf, stellte er fest, dass in jedem

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