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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
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scheint sie nicht länger zu brauchen. Statuen und Mauern sind zerbrochen und eingefallen. Licht dringt bisweilen von weiß Gott woher ein. Der Zugang zu manchen Korridoren ist verschüttet, andere sind überflutet. Und ich will Ihnen noch etwas Merkwürdiges erzählen. Überall, wo ich war, lagen zahllose weggeworfene Schuhe herum. Wahrscheinlich gehörten sie anderen Reisenden. Sie waren überaus altmodisch und schadhaft, woraus ich schließe, dass in den letzten Jahren kaum jemand diese Wege benutzt hat. Während ich dort war, habe ich nur eine andere Person gesehen.«
    »Sie haben jemanden gesehen?«, sagte Sir Walter.
    »Oh ja! Ich glaube zumindest, dass es eine Person war. Ich sah einen Schatten auf einem weißen Weg, der durch das dunkle Moor führte. Sie müssen wissen, dass ich mich zu diesem Zeitpunkt auf der Brücke aufhielt, und diese Brücke war viel höher als jede andere Brücke auf der Welt. Der Boden schien sich mehrere tausend Fuß unter mir zu befinden. Ich schaute hinunter und sah jemanden. Wenn ich nicht unbedingt Drawlight hätte finden wollen, hätte ich einen Weg hinunter gesucht und wäre ihm oder ihr gefolgt, denn mir scheint, dass ein Zauberer seine Zeit nicht sinnvoller verbringen kann als im Gespräch mit so einer Person.«
    »Aber geht von so einer Person denn keine Gefahr aus?«, fragte Arabella.
    »Gefahr?«, sagte Strange verächtlich. »Ja. Ich denke schon. Aber andererseits schmeichle ich mir, dass auch ich ziemlich gefährlich bin. Ich hoffe, dass ich nicht meine einzige Chance versäumt habe. Und dass ich einen Hinweis finde, wohin die geheimnisvolle Person gegangen ist, wenn ich morgen zurückkehren werde.«
    »Zurückkehren!«, rief Sir Walter. »Aber sind Sie sicher...«
    »Oh!«, unterbrach ihn Arabella. »Ich sehe schon, wie es sein wird. Du wirst jeden Augenblick, den Norrell dich nicht braucht, auf diesen Wegen gehen, während ich hier sitze in einem elendiglich angespannten Zustand und mich frage, ob ich dich je wiedersehen werde.«
    Strange blickte sie überrascht an. »Arabella? Was ist denn nur?«
    »Was ist denn! Du bist entschlossen, dich den schrecklichsten Gefahren auszusetzen, und erwartest von mir, nichts dazu zu sagen.«
    Strange machte eine Geste, die einen Appell mit Hilflosigkeit verband, als wollte er Sir Walter und Grant auffordern zu bezeugen, wie außerordentlich unvernünftig dies war. Er sagte: »Aber als ich dir mitgeteilt habe, dass ich nach Spanien muss, warst du völlig gefasst, obwohl damals ein grausamer Krieg dort tobte. Dagegen ist das hier...«
    »Völlig gefasst? Ich versichere dir, dass ich nichts dergleichen war. Ich hatte schreckliche Angst um dich – wie alle Frauen, Mütter und Schwestern der Männer in Spanien. Aber du und ich, wir waren uns einig, dass es deine Pflicht war zu gehen. Und außerdem war in Spanien die gesamte britische Armee, während du dort völlig allein sein wirst. Ich sage ›dort‹, aber keiner von uns weiß, wo ›dort‹ ist.«
    »Entschuldige, aber ich weiß genau, wo es ist. Es sind die Wege des Königs. Wirklich, Arabella, ich finde es ein bisschen spät, dir zu überlegen, dass dir mein Beruf missfällt.«
    »Oh, das ist nicht fair. Ich habe nie ein Wort gegen deinen Beruf gesagt. Ich halte ihn für einen der vornehmsten der Welt. Ich bin über die Maßen stolz auf das, was du und Mr. Norrell getan habt, und ich hatte nie etwas dagegen, dass du jeden neuen Zauber lernst, den du für angebracht hältst – aber bis heute warst du es zufrieden, deine Entdeckungen in Büchern zu machen.«
    »Nun, jetzt nicht mehr. Die Forschungen eines Zauberers auf die Bücher in seiner Bibliothek zu beschränken ist genauso, als wollte man das Vorhaben eines Forschers, die Quelle des, des – wie immer diese afrikanischen Flüsse heißen – zu suchen, gutheißen, aber nur unter der Bedingung, dass er Tunbridge Wells nicht verlässt.«
    Arabella stieß einen ärgerlichen Laut aus. »Ich dachte, du wärest Zauberer, nicht Forscher.«
    »Das ist das Gleiche. Ein Forscher kann nicht zu Hause bleiben und Landkarten studieren, die andere gemacht haben. Ein Zauberer kann den Bestand an Zauberei nicht vergrößern, indem er die Bücher liest, die andere Männer geschrieben haben. Mir ist völlig klar, dass Norrell und ich früher oder später über unsere Bücher hinausgehen müssen.«
    »Wirklich? Dir ist das klar, nicht wahr? Nun, Jonathan, ich bezweifle sehr, dass es Mr. Norrell klar ist.«
    Während dieses Wortwechsels war es Sir

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