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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
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Norrell.
    Am Ringfinger seiner linken Hand trug er einen Trauerring mit einer dünnen Strähne braunen Haars darin, und Sir Walter fiel auf, dass er ihn beständig berührte und am Finger drehte.
    Sie bestellten ein gutes Abendessen, bestehend aus einer Schildkröte, drei oder vier Rindersteaks, Sauce aus dem Fett einer frisch geschlachteten Gans, ein paar Neunaugen, Austern und einem kleinen Rote-Bete-Salat.
    »Ich bin froh, wieder hier zu sein«, sagte Strange. »Jetzt, da ich wieder hier bin, habe ich vor, so viel Ärger wie möglich zu machen. Viel zu lange ist immer alles nach Norrells Sinn gegangen.«
    »Er steht jetzt schon Todesängste aus, wenn Ihr Buch erwähnt wird. Ständig erkundigt er sich bei den Leuten, ob sie wüssten, was darin stehen wird.«
    »Ah, aber das Buch ist erst der Anfang. Und außerdem wird es noch Monate dauern, bis es fertig ist. Wir wollen eine neue Zeitschrift gründen. Murray will sie so schnell wie möglich herausbringen. Selbstverständlich wird es ein überragendes Produkt werden. Sie soll Der Famulus 115 heißen und meine Ansichten über Zauberei verbreiten.«
    »Und die unterscheiden sich stark von denen Norrells, nicht wahr?«
    »Aber natürlich! Meine wesentliche Vorstellung ist, das Thema rational anzugehen, ohne die Beschränkungen und Eingrenzungen, die Norrell ihm auferlegt hat. Ich bin zuversichtlich, dass diese Herangehensweise uns rasch neue Möglichkeiten eröffnen wird, die es sich lohnt zu erforschen. Denn wenn man es recht bedenkt, worin besteht das Wiederaufleben der englischen Zauberei bislang? Was haben Norrell und ich tatsächlich getan? Trugbilder aus Wolken, Regen, Rauch und so weiter erschaffen – die einfachste Sache der Welt! Unbelebte Objekte mit Leben und Sprache ausgestattet – nun, ich gebe zu, das ist etwas komplizierter. Unseren Feinden Stürme und schlechtes Wetter geschickt – ich kann gar nicht oft genug betonen, wie simpel Wetterzauberei ist. Was noch? Wir haben Visionen heraufbeschworen – nun, das wäre beeindruckend, wenn es einer von uns beiden wirklich beherrschte, aber dazu sind wir nicht in der Lage. Vergleichen Sie doch unsere erbärmlichen Errungenschaften mit der Zauberei der Aureaten . Sie brachten Platanen- und Eichenwälder dazu, mit ihnen gegen ihre Feinde zu ziehen; sie machten sich Frauen und Diener aus Blumen; sie verwandelten sich in Mäuse, Füchse, Bäume, Flüsse und so weiter; sie machten Schiffe aus Spinnweben, Häuser aus Rosensträuchern...«
    »Ja, ja«, unterbrach ihn Sir Walter. »Ich verstehe ja, dass Sie ungeduldig sind und alle diese verschiedenen Formen der Magie ausprobieren wollen. Aber obwohl ich es nicht gern sage, mir scheint, dass Norrell vielleicht doch Recht hat. Nicht alle diese Arten der Magie sind heutzutage noch angebracht. Die Gestalt zu ändern mag in der Vergangenheit gut und schön gewesen sein. Einer Geschichte mag das eine spannende Wendung verleihen, das gebe ich zu. Aber, Strange, Sie wollen sich doch nicht wirklich verwandeln? Ein Gentleman kann keine andere Gestalt annehmen. Ein Gentleman verachtet es, etwas anderes zu sein als das, was er ist. Und Sie selbst möchten doch nicht in Gestalt eines Konditors oder Lampenanzünders auftreten...«
    Strange lachte.
    »Nun denn«, fuhr Sir Walter fort, »bedenken Sie doch, wie viel schlimmer es wäre, ein Hund oder ein Schwein zu sein.« 116
    »Sie wählen vorsätzlich niedere Beispiele aus.«
    »Ja? Dann eben ein Löwe. Wären Sie gern ein Löwe?«
    »Möglicherweise. Vielleicht. Wahrscheinlich nicht. Aber darum geht es nicht. Ich stimme zu, dass Gestaltwandel eine Art Zauberei ist, mit der man vorsichtig umgehen muss, aber das heißt nicht, dass es nicht ein paar nützliche Anwendungsgebiete dafür gibt. Fragen Sie den Herzog von Wellington, ob es ihm nicht gefallen hätte, seine Kundschafter in Füchse oder Mäuse zu verwandeln, damit sie durch die französischen Lager hätten schleichen können. Ich versichere Ihnen, dass Seine Durchlaucht nicht so viele Skrupel hätte.«
    »Ich glaube nicht, dass Sie Colquhoun Grant davon hätten überzeugen können, sich in einen Fuchs zu verwandeln.« 117
    »Ach, Grant hätte nichts dagegen gehabt, ein Fuchs zu sein, solange er ein Fuchs in Uniform gewesen wäre. Nein, nein, wir müssen unsere Aufmerksamkeit den Aureaten zuwenden. Wesentlich mehr Energie sollte darauf verwendet werden, das Leben und die Zauberei von John Uskglass zu studieren, und wenn wir...«
    »Das ist das Einzige, was Sie nicht tun

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