Jonathan Strange & Mr. Norrell
mache den Tabak nass.
Und so rauchte er Pfeife, und Tante Greysteel hustete; Flora neigte dazu, sich die Schuld zu geben, und blickte hin und wieder unglücklich vom einen zur anderen. Das war der Stand der Dinge seit ungefähr einer Stunde, als Dr. Greysteel zufällig aufblickte und erstaunt ausrief: »Mein Kopf ist schwarz! Vollkommen schwarz!«
»Was erwartest du, wenn du Pfeife rauchst?«, entgegnete seine Schwester.
»Papa«, sagte Flora und legte beunruhigt ihre Handarbeit beiseite. »Wie meinst du das?«
Dr. Greysteel starrte in den Spiegel, der auf so geheimnisvolle Weise aufgetaucht war, als der Tag zur Nacht wurde und Strange nach Padua gekommen war. Flora stellte sich hinter seinen Stuhl, damit sie sehen konnte, was er sah. Ihr überraschter Aufschrei veranlasste auch Tante Greysteel, sich zu ihr zu gesellen.
Wo Dr. Greysteels Kopf hätte sein sollen, befand sich ein schwarzer Fleck im Spiegel, der sich bewegte und veränderte. Der Fleck wurde größer, bis er einer Gestalt ähnelte, die in einem endlosen Korridor auf sie zulief. Die Gestalt näherte sich, und sie sahen, dass es eine Frau war. Mehrmals blickte sie sich im Lauf um, als fürchtete sie, dass etwas sie verfolgte.
»Wovor hat sie solche Angst, dass sie so schnell rennt?«, fragte Tante Greysteel. »Lancelot, siehst du irgendwas? Verfolgt sie jemand? Oh, die arme Frau. Lancelot, kannst du nichts tun?«
Dr. Greysteel ging zum Spiegel, legte die Hand darauf und drückte fest, aber die Oberfläche war hart und glatt, wie es bei Spiegeln üblich ist. Er zögerte einen Moment, als überlegte er, ob er eine etwas gewalttätigere Herangehensweise wagen sollte.
»Sei vorsichtig, Papa!«, rief Flora beunruhigt. »Du darfst ihn nicht zerbrechen!«
Die Frau im Spiegel kam näher. Einen Augenblick erschien sie direkt hinter dem Glas, und sie sahen die feine Spitze und die Perlen auf ihrem Kleid; dann trat sie auf den Rahmen, als wäre er eine Stufe. Die Oberfläche des Spiegels wurde weich wie eine dichte Wolke oder Nebel. Flora stellte rasch einen Stuhl an die Wand, damit die Dame leichter heraussteigen konnte. Drei Paar Hände streckten sich ihr entgegen, um sie fortzuziehen von was immer es war, das sie in Angst versetzte.
Sie war vielleicht dreißig oder zweiunddreißig Jahre alt. Sie trug ein Kleid in der Farbe des Herbstes, aber sie war außer Atem und ein wenig derangiert vom Laufen. Hektisch ließ sie den Blick durch den unbekannten Raum schweifen, über die unbekannten Gesichter, die fremden Dinge. »Bin ich im Elfenland?«, fragte sie.
»Nein, Madam«, sagte Flora.
»In England?«
»Nein, Madam.« Tränen begannen über Floras Gesicht zu fließen. Sie legte sich eine Hand auf die Brust, um sich zu beruhigen. »Sie sind in Padua. In Italien. Ich heiße Flora Greysteel. Sie kennen mich nicht, aber auf Wunsch Ihres Mannes habe ich hier auf Sie gewartet. Ich habe ihm versprochen, Sie hier zu treffen.«
»Ist Jonathan hier?«
»Nein, Madam.«
»Sie sind Arabella Strange«, sagte Dr. Greysteel überrascht.
»Ja«, sagte sie.
»Oh, meine Liebe!«, rief Tante Greysteel und bedeckte mit einer Hand ihren Mund, mit der anderen ihr Herz. »Oh, meine Liebe!« Dann flatterten ihre Hände um Arabellas Gesicht und Schultern. »Oh, meine Liebe!«, rief sie ein drittes Mal. Schließlich brach sie in Tränen aus und umarmte Arabella.
Stephen erwachte. Er lag auf dem gefrorenen Boden in einem schmalen Tal. Die Sonne schien nicht mehr. Es war grau und kalt. Das Tal war verschüttet mit einer Mauer aus Mühlsteinen, Felsen und Erde – ein unheimliches Grabmal. Die Mauer staute den Bach, aber ein bisschen Wasser sickerte hindurch und floss über den Boden. Stephens Krone, Zepter und Reichsapfel lagen ein wenig entfernt in Pfützen schmutzigen Wassers. Erschöpft stand er auf.
In der Ferne hörte er jemanden »Stephen! Stephen!« rufen. Er glaubte, es sei Lady Pole.
»Ich habe den Namen meiner Gefangenschaft abgeworfen«, sagte er. »Er ist verschwunden.« Er hob Krone, Zepter und Reichsapfel auf und setzte sich in Bewegung.
Er hatte keine Ahnung, wohin er ging. Er hatte den Herrn getötet und zugelassen, dass der Herr Vinculus tötete. Er konnte nie mehr nach Hause zurückkehren – so es denn ein Zuhause gewesen war. Was würden ein englischer Richter und englische Geschworene zu einem schwarzen Mann sagen, der ein zweifacher Mörder war? Stephen war fertig mit England, und England war fertig mit ihm. Er ging weiter.
Nach einer Weile schien es
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