Jonathan Strange & Mr. Norrell
Sparren bei Sturm klang. Überdies beschränkte sie sich nicht darauf, die Engländer mit Worten zu misshandeln. Drei Matrosen sollten auf dem Schiff etwas erledigen, doch sobald sie in die Nähe der Holzarme der Seejungfrau gerieten, packte sie sie mit ihren großen Holzhänden und warf sie ins Wasser.
Mr. Horrocks, der nach Portsmouth gefahren war, um mit ihr zu reden, wurde ihrer überdrüssig und beschied ihr, dass er sie zersägen und auf einem Scheiterhaufen verbrennen lassen werde. Sie war zwar Französin, aber dennoch sehr tapfer und sagte, den Mann wolle sie sehen, der versuchen würde, sie zu verbrennen. Und sie schlug mit dem Schwanz um sich und hob drohend die Arme; und all die hölzernen Seesterne und Krebse in ihrem Haar richteten sich auf.
Die Situation beruhigte sich, als der schöne junge Kapitän, der ihr Schiff gekapert hatte, zu ihr geschickt wurde, um sie zur Vernunft zu bringen. Ihm gelang es, ihr in deutlichem, verständlichem Französisch die Richtigkeit der britischen Sache und die schreckliche Falschheit der französischen Sache zu erklären, und ob es nun an der Überzeugungskraft seiner Worte oder an der Schönheit seines Gesichts lag, weiß ich nicht, aber sie erzählte Mr. Horrocks nun alles, was er wissen wollte.
Mr. Norrells öffentliches Ansehen erreichte täglich neue Höhen, und das inspirierte einen geschäftstüchtigen Drucker namens Holland, dessen Betrieb sich im Kirchhof von St. Paul's befand, einen Stich mit seinem Abbild in Auftrag zu geben, den er in seinem Laden verkaufen wollte. Der Stich zeigte Mr. Norrell in Gesellschaft einer jungen Dame, die von einem losen Umhang kaum verhüllt war. Steifer dunkler Stoff wirbelte in großen Mengen um den Körper der jungen Dame herum, ohne ihn zu berühren, und als weitere Verzierung hatte sie eine Mondsichel in ihr wallendes Haar gesteckt. Sie hielt Mr. Norrell (der darob offensichtlich sehr erstaunt war) am Arm und zog ihn energisch eine Treppe hinauf, wobei sie nachdrücklich auf eine Dame in reiferen Jahren oben am Treppenende deutete. Die Dame in reiferen Jahren war wie die junge Dame in ein loses Gewand aus vielen Stoffbahnen gekleidet und trug als hübsche Zugabe einen römischen Helm auf ihrem Kopf; sie schien hemmungslos zu schluchzen, während ein ältlicher Löwe, ihr einziger Begleiter, mit düsterer Miene zu ihren Füßen lag. Dieser Stich, der den Titel Der Geist der englischen Zauberei drängt Mr. Norrell, Britannia beizustehen trug, war ein enormer Erfolg, und Mr. Holland verkaufte innerhalb eines Monats fast siebenhundert Stück.
Mr. Norrell ging nicht mehr so viel aus wie früher; stattdessen blieb er zu Hause und empfing alle möglichen bedeutenden Leute. Es war nicht ungewöhnlich, dass an einem Vormittag fünf oder sechs Kutschen, die die Krone trugen, vor seinem Haus am Hanover Square hielten. Er war immer noch der stille, nervöse kleine Mann, der er immer gewesen war, und wären da nicht Mr. Drawlight und Mr. Lascelles gewesen, dann hätten die Insassen dieser Kutschen ihre Besuche als ziemlich langweilig empfunden. Bei solchen Gelegenheiten bestritten Mr. Drawlight und Mr. Lascelles die gesamte Unterhaltung. Tatsächlich wuchs Mr. Norrells Abhängigkeit von diesen beiden Herren täglich. Childermass hatte einmal gesagt, nur ein komischer Zauberer würde Drawlight für sich arbeiten lassen, doch Mr. Norrell ließ ihn jetzt andauernd für sich arbeiten; Drawlight wurde immerzu in Mr. Norrells Kutsche für Mr. Norrells Geschäfte herumgefahren. Jeden Tag kam er morgens zum Hanover Square, um Mr. Norrell zu erzählen, worüber man in der Stadt sprach, wer gerade aufstieg, wer gerade abstieg, wer Schulden hatte, wer verliebt war, bis Mr. Norrell, der allein in seiner Bibliothek saß, langsam so gut über die Vorgänge in London Bescheid wusste wie jede Klatschtante in der Stadt.
Noch überraschender vielleicht war Mr. Lascelles' neuer Eifer für die Sache der englischen Zauberei. Die Erklärung dafür war jedoch recht simpel. Mr. Lascelles zählte zu jener unruhigen Sorte von Männern, die eine feste Anstellung jeglicher Art verachten. Obwohl er von seiner überragenden Intelligenz fest überzeugt war, hatte er sich nie die Mühe gemacht, irgendwelche besonderen Fähigkeiten oder irgendein Wissen zu erwerben, und war im Alter von neununddreißig Jahren völlig ungeeignet für ein Amt oder eine Anstellung. Er hatte sich umgeschaut und Männer gesehen, die in jungen Jahren fleißig gearbeitet hatten und in
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