Jonathan Strange & Mr. Norrell
mächtige und einflussreiche Positionen aufgestiegen waren; und ohne Zweifel beneidete er sie. Infolgedessen empfand es Mr. Lascelles als überaus angenehm, der Chefberater des größten Zauberers seiner Zeit zu werden und von den Ministern des Königs ehrerbietige Fragen an sich richten zu lassen. Natürlich setzte er alles daran, wie früher als unbekümmerter, interesseloser Gentleman aufzutreten, doch in Wahrheit war er äußerst bedacht auf seine neu gewonnene Bedeutung. Er und Drawlight hatten eines Abends in Bedford über einer Flasche Portwein eine Abmachung getroffen. Zwei Freunde, beschlossen sie, waren durchaus genug für einen stillen Herrn wie Mr. Norrell, und sie hatten ein Bündnis geschlossen, um gegenseitig ihre Interessen zu schützen und jede andere Person daran zu hindern, Einfluss auf den Zauberer zu gewinnen.
Es war Mr. Lascelles, der Mr. Norrell als Erster ermutigte, an eine Veröffentlichung zu denken. Der arme Mr. Norrell fühlte sich von den falschen Vorstellungen, die Zauberei betreffend, geradezu beleidigt und beklagte sich immer wieder über die allgemeine Unwissenheit auf diesem Gebiet. »Sie bitten mich, ihnen Fabelwesen zu zeigen«, jammerte er, »und Einhörner und Mantikoren und dergleichen mehr. Der praktische Nutzen meiner Zauberei ist an sie völlig verschwendet. Ihr Interesse wird nur von der frivolsten Art der Zauberei geweckt.«
»Ihre Zauberkunststücke werden Ihren Namen überall bekannt machen, Sir«, sagte Mr. Lascelles, »aber sie werden nicht dazu führen, dass man Ihre Ansichten versteht. Deshalb müssen Sie veröffentlichen.«
»Jawohl«, rief Mr. Norrell eifrig, »und ich habe die volle Absicht, ein Buch zu schreiben – genau so, wie Sie es mir raten –, doch ich fürchte, es wird viele Jahre dauern, bis ich Zeit habe, um mich daran zu setzen.«
»Da stimme ich Ihnen völlig zu – ein Buch würde eine Unmenge Arbeit bedeuten«, sagte Mr. Lascelles gleichgültig, »aber ich hatte dabei nicht an ein Buch gedacht. Mir schweben da eher zwei oder drei Artikel vor. Ich vermute, dass es keinen einzigen Redakteur in London oder Edinburgh gibt, der nicht mit Begeisterung jede kleine Sache veröffentlichen würde, die Sie ihm zu schicken belieben – Sie können sich die Zeitschrift selbst aussuchen, aber wenn Sie meinen Rat hören möchten, Sir, dann nehmen Sie die Edinburgh Review . Es gibt kaum einen Haushalt im Königreich, der etwas auf sich hält und die Zeitschrift nicht liest. Es gibt keinen schnelleren Weg, Ihre Ansichten weit zu verbreiten.«
Mr. Lascelles vertrat diese These so überzeugend und beschwor so großartige Visionen von Mr. Norrells Artikeln herauf, die auf jedem Bibliothekstisch liegen würden, und von Mr. Norrells Meinungen, die in jedem Salon diskutiert würden, dass Mr. Norrell, hätte er nicht eine starke Abneigung gegen die Edinburgh Review gehegt, sich umgehend hingesetzt und zu schreiben begonnen hätte. Leider war die Edinburgh Review eine Publikation, die hauptsächlich für radikale Ansichten, Kritik an der Regierung und Opposition gegen den Krieg mit Frankreich bekannt war – keine dieser Haltungen fand Mr. Norrells Billigung.
»Überdies«, sagte Mr. Norrell, »verspüre ich nicht den Wunsch, Kritiken über anderer Leute Bücher zu verfassen. Moderne Veröffentlichungen über die Zauberei gehören zum Schädlichsten der Welt, sie sind voller Fehlinformationen und falscher Ansichten.«
»Dann, Sir, müssen Sie dies sagen. Je unhöflicher Sie sich ausdrücken, umso begeisterter werden die Redakteure sein.«
»Aber ich möchte meine eigenen Ansichten bekannt machen, nicht die anderer Leute.«
»Aber, Sir«, meinte Lascelles, »gerade indem man sein Urteil über anderer Leute Werke abgibt und auf ihre Fehler hinweist, macht man den Lesern seine eigenen Ansichten besser begreiflich. Es ist die einfachste Sache der Welt, eine Besprechung zum eigenen Vorteil auszurichten. Man muss das Buch nur ein- oder zweimal erwähnen, und für den Rest des Artikels entwickelt man das Thema, wie es einem gerade passt. Ich versichere Ihnen, so machen es alle.«
»Hmm«, sagte Mr. Norrell nachdenklich. »Vielleicht haben Sie Recht. Aber – nein. Es käme mir so vor, als würde ich etwas unterstützen, was ursprünglich überhaupt nicht hätte veröffentlicht werden sollen.«
Und an diesem Punkt erwies sich Mr. Norrell als unbeugsam.
Lascelles war enttäuscht; die Edinburgh Review übertraf ihre Konkurrenten an Brillanz und Witz bei weitem. Ihre
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