Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jones, Diana Wynne

Jones, Diana Wynne

Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 03 Der Fluss der Seelen
Vom Netzwerk:
Zauberei nicht fertig.«
    »Ich hätte gedacht, stärkere Zauberei wäre besser«, warf Entchen ein. »Trotzdem muss ich einfach dorthin.«
    Ich erwartete insgeheim, am Meer sehr wohl einen Magier vorzufinden – der sich als Tanamil erweisen würde. Ich knurrte wie ein Hund, so wütend war ich wütend auf Tanamil und wütend auf mich, weil ich ihm geglaubt hatte. »Ich will zu diesem Magier«, sagte ich, »und ich werde Gull retten.« Ich wusste, dass ich nicht die Macht besaß, die dazu nötig war. Ich nahm den Einen und schüttelte ihn, so aufgebracht war ich. »Er wird mir helfen«, sagte ich. »Das rate ich ihm jedenfalls!«
    »Tanaqui«, rief Robin. »Du darfst den Unvergänglichen doch nicht drohen! Du bist wohl völlig verrückt geworden oder … oder was?«
    »Jetzt fang bloß nicht wieder damit an, dass du die Älteste bist und alles am besten weißt!«, begehrte Hern auf. »Wir haben unsere Entscheidung getroffen.«
    »Ich nicht«, wandte Robin ein. »Ich weiß nicht, was das Beste ist. Ich weiß überhaupt nichts mehr. Ich weiß nur, dass es sehr gefährlich wird. Wenn ich nicht wüsste, dass uns in Iglingen genauso große Gefahr droht, würde ich darum bitten, dass wir wieder nach Hause fahren.« Sie senkte den Kopf, und die Tränen begannen zu laufen. Hern seufzte.
    »Wir suchen uns ein schönes neues Zuhause, nachdem wir am Meer waren, Robin«, versprach ich.
    Wir brauchten vier Tage, um in die Nähe des Meeres zu gelangen. Es hätte noch länger gedauert, wenn der Wind nicht nach Südwest umgeschlagen und brausend über die weite Wasserfläche gefegt wäre. Er rührte das Wasser auf, dass es aussah, als hätte es eine Gänsehaut. Dadurch kamen wir rasch voran, auch wenn die Gezeit wechselte und den Strom hinauffloss. Mit jedem Tag wurde die Gegenströmung stärker, und bald hatten wir uns so sehr an sie gewöhnt, dass wir sie ebenso erwarteten wie den Sonnenaufgang am Morgen. Wir fanden sie sogar nützlich, denn sie zeigte uns, wo sich das Bett des Stromes tatsächlich befand. Nach dem ersten Tag fanden wir keine Bäume mehr, die das alte Flussufer markiert hätten. Stattdessen gelangten wir in eine wahrhaft verwirrende Landschaft.
    Ich glaube, in diesem Teil des Landes haben einmal mehr Menschen gelebt, als ich je für existent gehalten hätte. Das Land erhob sich überall zu Buckeln und Höckern, die der angeschwollene Strom als Seen umgab, als Ketten seichter Teiche und einer Vielzahl von kleineren Wasserläufen. Oft erhielten wir den ersten Hinweis, dass wir uns vom eigentlichen Strombett entfernt hatten, erst dadurch, dass wir unversehens an Zaunpfählen entlangfuhren. Auf fast jedem Landbuckel standen Häuser, und noch mehr Häuser ragten zur Hälfte aus dem Wasser. Obwohl längst nicht alle Gebäude niedergebrannt waren, sahen wir nirgendwo auch nur eine Menschenseele. Wir wagten es zwar, eine Nacht in einem leer stehenden Haus zu verbringen, aber keiner von uns fühlte sich dort wohl. Selbst nachdem wir unsere Unvergänglichen in die leeren Nischen am Herd gestellt hatten, kamen wir uns noch immer wie Eindringlinge vor.
    Auf vielen dieser Buckel lebten Tiere. Wir haben jetzt drei Katzen, Rosti, Pruh und Schätzchen, die von der Insel mit den Möwen stammen. Ich liebe Katzen. Ihre Namen haben sie von Robin. Wir fanden auch eine Insel mit Hunden, wilden, hungrigen Tieren jedoch, die uns schon von weitem so wütend anbellten, dass wir uns nicht in ihre Nähe wagten. Auf den meisten Buckeln drängten sich aber Schafe. Sie hatten Lämmer, denn es war Frühling. Wir überlegten, einige davon zu fangen, um sie zu essen, aber so hungrig waren wir noch nicht. Wir hatten genug Dörrobst und Stockfisch, und auf jedem Hang gab es gestrandete Kühe. Nachdem wir uns einmal daran gewöhnt hatten, wie es war, zögerten wir nicht, diese herrenlosen Kühe zu melken.
    Als wir diese eigenartige Landschaft am vierten Abend durchfuhren, rückten die Berge, die wir bislang nur in der Ferne gesehen hatten, näher zusammen und nahmen die Gestalt niedriger, leer wirkender Hügel an. Sie waren dunkel, steinig und karg. Die Insel aber, auf der wir landeten, war grasig und von Büschen bedeckt. Hier kam die kleine schwarze Schätzchen uns entgegengeeilt, miauend und schnurrend. Noch nie habe ich eine Katze gesehen, die sich mehr darüber freute, menschliche Gesellschaft zu haben.
    Am Morgen weckten mich traurige Rufe. Ich stand auf und stellte fest, dass das Wasser von weißen Schwimmvögeln bedeckt war. Noch mehr flogen

Weitere Kostenlose Bücher