Jones, Diana Wynne
von hier müssen«, sagte er.
»Kehrt ihr wieder in eure Heimat zurück?«, fragte ich hoffnungsvoll.
»Etwas anderes scheint uns nicht übrig zu bleiben«, antwortete Kars Adon. »Wir müssen noch ein Schiff bauen und aufbrechen. Nun, da mein Vater tot ist, wird mein Onkel uns die Rückkehr gestatten; sie lagen im Streit, wisst ihr. Es bedeutet zwar, dass ich jedem Anspruch auf den Thron entsagen muss und man mir vielleicht beide Hände abhackt, aber das bin ich meinem Clan schuldig.« Er schien dieser Aussicht sehr ruhig entgegenzublicken. »Nur«, fügte er traurig hinzu, »erlaubt Kankredin uns aus irgendeinem Grund nicht, die Strommündung zu passieren. Ich möchte euch bitten, dass ihr ihn dazu bewegt, uns ziehen zu lassen.«
»Das wäre möglich«, sagte Hern. »Aber was willst du denn eigentlich wirklich?«
»Was ich will?«, fragte Kars Adon. Er hob den Kopf und starrte an die graue, flatternde Zeltwand. »Ich möchte natürlich landeinwärts ziehen und dort mein Königreich finden. Es ist ein weites Land. Es bietet mehr als genug Platz für uns und die Eingeborenen. Ich glaube, dass zwischen hier und den Bergen noch viele versprengte Scharen umherziehen, die zu den Clans gehören. Ich will sie zusammenrufen und eine Stadt gründen. Ich behaupte nicht, dass es einfach wird, aber eines Tages werden wir wieder ein großes Volk sein.« Die Art, wie er es aussprach, ließ mich an Flaggen denken, die über Steindächern und goldenen Türmen wehten, und ich glaubte fest, dass er es schaffen konnte.
»Das ist aber ganz schön hart für uns Eingeborene«, entgegnete Entchen.
»Ich schließe mit euch Verträge. Wenn ihr euch für den Kampf entscheidet, werde ich gewinnen«, sagte Kars Adon, ganz versunken in seine hochfliegenden Träume.
»Gut. Wann fängst du an?«, fragte Hern.
Damit holte er Kars Adon auf die Erde zurück. Der König ließ das Kinn sinken und schaute Hern düster an. Hern erwiderte den Blick finster. Das Zelt schien erfüllt von Flaggen und verhallten Trompetenstößen aus den Gedanken Kars Adons.
»Ich soll also für dich zu Kankredin gehen und dir bei ihm die Erlaubnis holen, das Land zu erobern?«, fragte Hern so höhnisch wie er nur konnte.
Kars Adon war augenblicklich so wütend, dass er sich erhob und hinkend einen Schritt auf Hern zutrat. »Ich bin nicht der Diener irgendeines Magiers!«
Auch Hern stand auf und erwies sich als viel größer als der König – nicht dass es Kars Adon in irgendeiner Weise eingeschüchtert hätte. »Das gefällt mir schon eher«, sagte Hern. »Was also hält dich hier?«
Kars Adon blickte Hern in die Augen. »Der Strom. Der Strom ertränkt jeden, der versucht, landeinwärts zu gehen. Sag Kankredin, dass er den Strom in Ruhe lassen soll.«
»Das werde ich mit dem allergrößten Vergnügen tun«, sagte Hern. »Mit dem Strom haben wir schon gesprochen. Ihr werdet feststellen, dass das Hochwasser zu sinken begonnen hat.« Er konnte nicht anders, bei diesen Worten musste er grinsen.
Auch Kars Adon lächelte. Er war so erfreut, dass er eine feuchte, knöcherige Hand ausstreckte und damit nacheinander unsere Finger umfasste. »Ich danke euch«, sagte er. »Ich wünschte, ich könnte euch eine Belohnung anbieten oder wenigstens etwas zu essen und zu trinken, aber…« Er verstummte leicht verlegen. Ich nehme an, dass ein Heide seine Dankbarkeit beweist, indem er den Leuten Essen und Trinken vorsetzt, bis sie nicht mehr können, und ihnen zusätzlich vielleicht noch Gold und Silber schenkt, und Kars Adon schien es zu schmerzen, dass er dazu nicht in der Lage war. »Euch allen dreien gewähre ich meinen Schutz und meine Freundschaft«, sagte er eher lahm. »Ich nehme an, ihr geht zu Kankredin, sobald die Gezeit wieder zurückläuft?«
Was für ein Glück, dass er davon sprach. Wir wussten noch immer nichts über die Gezeit. Ich wandte mich Hern zu und fragte wissend: »Und wann wechselt die Gezeit?«
»Äh«, machte Hern und knetete sich weise das Kinn.
»Morgen gegen Sonnenaufgang«, sagte Kars Adon entgegenkommenderweise, »nicht wahr?« Er wusste alles, was es über die Gezeit zu wissen gibt. Sein Volk kam vom Meer. Eigenartig, dass er so wenig über den Strom wusste.
»Wir laufen bei Sonnenaufgang aus«, sagte Entchen ebenso weise wie Hern.
»Und wir auch«, sagte Kars Adon begeistert. »Ich lasse heute Nacht das Lager abbrechen.« Seine Flaggen und Trompeten waren wieder da. »Morgen Abend können wir schon viele Meilen landeinwärts gezogen
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