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Jones, Diana Wynne

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Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 01 Die Spielleute von Dalemark
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sie ersonnen hatte. Mit ihrer Hilfe konnte Moril dann Ideen in die Wirklichkeit senden.
    Am späten Vormittag erreichten sie den Rand des Markwalds. Moril blickte an Egils breitem Rücken vorbei auf die Berge, die nun endlich zum Greifen nahe zu sein schienen. Der tiefe, wie ein ›V‹ geformte Einschnitt darin war der Flinnpass. Der Regen hatte aufgehört, aber über den Bergen hingen schwere, graue Wolken. Es war ein bedrohlicher Anblick. Die Flinn-Feste lag außer Sicht hinter einer schroffen Bergspitze, denn sie erhob sich erst am Nordende des Passes. Sichtbar war hingegen die Antwort des Südens auf die Festung. Vor dem Pass hatte man den Wald etwa eine Meile tief gerodet, sodass niemand ungesehen hinein oder hinaus kam. Moril blickte über eine Ödfläche voll verkohlter Baumstümpfe, die regelmäßig abgebrannt wurde. Dazwischen wuchsen frische grüne Büsche und Schößlinge hervor, denn in diesem Jahr war die Lichtung noch nicht eingeäschert worden.
    Die Nordländer hielten am Waldrand inne. Zuerst verstand Moril nicht warum.
    »Der Baron von Mark, glaube ich«, sagte Keril zu seinem Hauptmann. »Tholian muss ihn beauftragt haben, die Augen nach dem Wagen offen zu halten.«
    Moril lehnte sich zur Seite, um an Egil vorbeizusehen. Als er die vielen Reiter sah, die in der Ferne vor dem Pass Wache hielten, zog sich ihm der Magen zusammen. Eindeutig waren sie Südländer und für den Kampf gerüstet. Den Nordländern unter Kerils Befehl waren sie wenigstens ums Doppelte überlegen.
    »Er kann uns nicht erwarten«, sagte der Hauptmann. »Ich schwöre jeden Eid, dass uns niemand hat kommen sehen. Wenn wir auf ihn zureiten, wird er einen hübschen Schrecken bekommen.«
    »Das weiß ich«, sagte Keril, »aber mir wäre wohler, wenn wir doppelt so stark wären wie sein Trupp.«
    »Ach was!«, rief jemand und lachte. »Ein Nordmann wiegt zehn Südländer auf. Jeden Tag.«
    Moril überlegte kurz. Ja. Das glaubte jeder. Niemand in dem Trupp wirkte besonders besorgt, und selbst Brids Blick ruhte zuversichtlich auf Keril. Sie zweifelte nicht, dass sie mühelos am Baron von Mark vorbeikommen würden. Nordländer waren als Kämpfer berühmt. Keril allerdings war der Meinung, dass es wichtiger war, den Norden zu erreichen, als auf dem Weg dorthin tapfer zu fallen.
    »Wäre es dir lieber, wenn hier mehr von unseren Männern zu sehen wären?«, rief Moril ihm zu. »Ich glaube, das könnte ich schaffen.«
    Keril verzog das Gesicht. »Ich wünschte, du könntest es.«
    »Ich wette, er kann es«, sagte Kialan.
    Moril hängte sich die Quidder um und begann, den ›Achten Marsch‹ zu spielen, den man aus offensichtlichen Gründen im Süden niemals hörte. Wie Clennen oft gesagt hatte, spielte man ihn so lebhaft und munter, dass er nur im Norden als Marschlied galt.
    »Wir sind Männer aus dem Nord, aus dem Nord,
und ich höre, was wir wert sind, wohl an jedem Ort.
Ein Mann von uns ist gut für zehn Mann aus dem Süd.
Wir marschier’nwie zehn und werden nicht müd.«
    Einen Augenblick lang, als die Quidder nicht gleich zu brummen begann, fürchtete Moril schon, am Ende doch alles falsch verstanden zu haben. Dann aber setzte es ein und wurde rasch lauter und heller, bis es fast wie ein frohes Pfeifen klang. Plötzlich wimmelte es im Wald von Männern, Pferden und Wagen. Einige Nordländer schrien erschreckt auf.
    Kialan platzte fast vor Lachen. »Gut gemacht, Moril! Aber gleich neun rosa Wagen mehr, das ist ein bisschen viel des Guten!«
    Moril sah von einer Seite zur anderen und konnte nicht anders, er musste lachen. Dort standen tatsächlich neun weitere rosa Wagen; durch einen davon reckte sich ein Baum empor. Und in jedem dieser Wagen saß ein unechter Moril und spielte auf einer imaginären Quidder. Er hatte ihren Trupp neunmal gespiegelt, ganz wie das Lied es sagte. Schließlich war es nur Einbildung, dass jeder Nordmann zehn Südländer wert wäre. Die neuen Reiter und Wagen waren nichts als Spiegelbilder der echten. Die Nordmänner begriffen rasch, was los war; sie begannen zu lachen und winkten ihren eigenen Spiegelbildern zu. Infolgedessen lachten und winkten die falschen neun Zehntel zurück.
    Keril lachte mit seinen Leuten. »Spiel weiter, Moril. Wir brechen auf.«
    Moril gehorchte fröhlich, und die echten und die falschen Männer kamen gemeinsam unter den Bäumen hervor. Unter gewittrigem Himmel ritten sie über die Büsche und Baumstümpfe zur Straße. Die echten Reiter mussten jungen Bäumen und den größeren

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