Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jones, Diana Wynne

Jones, Diana Wynne

Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 04 Die Krone von Dalemark
Vom Netzwerk:
schuld!« oder: »Wir sind nur einfache Bergleute, Herrin, wir wissen nicht mehr aus noch ein!«
    Bergwerke, dachte Maewen geistesabwesend. Bergleute. Sie erinnerte sich an das Kredinstal ihrer Zeit, die riesigen Abraumhalden, die mit Gras und Bäumen von der Küste bepflanzt worden waren, die eingestürzten Schornsteine und die alten Bergwerksschächte weiter oben in den Bergen. Irgendwo gab es dort ein Kohlengrubemuseum. Als Maewen noch ein Kind war, hatte Tante Liss einmal gesagt, Kredinstal bestünde nur aus Bergwerksschächten, egal, wohin man blicke. Anscheinend hatte es damit schon sehr früh angefangen. Trotzdem hatte sie nicht die leiseste Ahnung, was die vielen aufgebrachten Bergleute von ihr wollten.
    »Haltet ein!«, brüllte Mitt. »Würdet ihr vielleicht nicht alle auf einmal reden!«
    In die kurze Stille, die er damit erzeugte, sprach Navis: »Damit wir uns recht verstehen: Ihr habt einen Streit mit Baron Kintor, und ihr möchtet, dass diese Dame ihn für euch schlichtet.«
    Durch die Rufe der Zustimmung sagte Mitt zu dem eifrigen Mann: »Du. Tankol. Wenn du ihr Sprecher bist, dann erklär du es ihr.«
    Tankol war dazu nur zu gern bereit. Leider gehörte er nicht zu den Menschen, die eine Sache einfach und rasch darlegen können. Maewen hörte ihm eine gute Viertelstunde zu, während derer sie immer froher wurde, dass sie von so vielen Menschen umstanden wurde, denn der Seewind war kalt. Trotzdem fand sie den Druck ihrer Aufmerksamkeit fast unerträglich. Als die Viertelstunde herum war, hatte sie immerhin begriffen, dass ihr angeblicher Vetter eine neue Rechtsgelehrte eingestellt hatte, die nun behauptete, er müsste seine Pferde verkaufen, weil die Nachfrage nach Kohle so gering sei. Sie hörte auch sehr viele Zahlen, Hälften, Viertel, Drittel, die etwas mit dem Geld zu tun hatten, das die Bergleute verdienten. Vor allem aber verstand Maewen, dass weder Tankol noch irgendjemand sonst auch nur das leiseste Bedürfnis verspürte, Kredinstal zu verlassen und sich einem etwaigen Heer Noreths anzuschließen.
    Darüber hätte sie eigentlich erleichtert sein müssen. In gewisser Weise war sie das auch. Zugleich fühlte sie sich aufgebracht. Wenn nicht einmal die Menschen aus Noreths Heimatort ihr folgen wollten, war ihre Aufgabe doch von vornherein zum Scheitern verurteilt. Dennoch musste noch mehr dahinter stecken. Mitt und Navis schienen genau zu verstehen, was Tankol sagte. Maewen wandte sich ihnen zu. »Könnt ihr mir das erklären?«
    »Eine Geschichte, die mir sehr vertraut klingt«, sagte Navis düster, »nur dass ich gedacht hatte, ich hätte sie mit dem Süden hinter mir zurückgelassen.«
    »Das muss man sich einmal vorstellen!«, stimmte Mitt ihm zu. »Er sagt, dass dein Kintor sich ‘ne Rechtsgelehrte angeheuert hat, damit sie ihm hilft, die Bergleute über den Tisch zu ziehen! Kintor ist knapp bei Kasse, weil die Leute auch mit Torf heizen können, der sie nichts kostet. Und sie hat ihm gesagt – diese neue Rechtsdame –, dass er ihnen ja im Sommer nur den halben Lohn zahlen und dafür im Winter ‘n bisschen mehr geben kann, und sie können nichts dagegen unternehmen. Wenn sie sich bei ihm beschweren, verstoßen sie gegen das Gesetz. Wenn sie deswegen Versammlungen einberufen, ist das erst recht nicht erlaubt. Was also sollen sie tun?«
    »Sie sind ja immerhin schlau genug, das Gesetz zu umgehen, indem sie ihr Treffen als Mittsommerjahrmarkt hier abhalten, während sie auf dich warteten«, sagte Navis. »Aber man muss sich doch fragen, wie viele Bergmannslöhne dein Vetter seiner neuen Rechtsgelehrten zahlt.«
    Allmählich begann Maewen sich zu freuen, dass sie diesen Kintor bald würde enteignen können. All die bangen Gesichter, die sie anstarrten, zeigten die tief liegenden Augen von Menschen, die nie genug zu essen bekamen. Den Bändern und Stickereien nach zu urteilen, trug jeder sein Festtagsgewand, doch es waren Armeleutekleider, alt, ausgebessert und peinlich gepflegt. »Warum wollen sie denn nicht, dass er seine Pferde verkauft?«, fragte sie.
    »Berühmte Vollblüter«, sagte Navis. »Alles ist stolz darauf, dass er sie hat.«
    »Ja. Wir sind hier im freien Norden«, fügte Mitt bitter hinzu.
    »Frei ist er für einige«, entgegnete Tankol ebenso bitter. »Du bist ein Aberather Gefolgsmann, mein Junge. Du kannst dich nun wirklich nicht beklagen.«
    Weil Mitt ganz so aussah, als würde er gleich außerordentlich wütend werden, sagte Maewen fast ohne nachzudenken: »Warum streikt

Weitere Kostenlose Bücher