Jones, Diana Wynne
Ärger gemacht wie du allein. Zuerst verirrst du dich, und deinetwegen stehe ich in Navis’ Schuld. Dann lässt du den Stier an den Pachteintreiber heran. Musst mir nach Holand nachkommen und mir wie ein Klotz am Bein hängen. Dann sehe ich dich jahrelang nicht mehr und denke, ich wäre dich endlich los, da springst du vor, gekleidet wie ‘ne Speckseite, und wirfst Hadd ausgerechnet in dem Augenblick eine Bombe vor die Füße, in dem ich ihn sauber im Visier habe! Ich weiß nicht, was du damit erreichen wolltest. Natürlich hab ich damals nicht geahnt, wer du bist, aber wenn ich’s gewusst hätte, dann wäre mir gleich klar gewesen, dass nur Milda daran schuld sein kann. Es sah nämlich ganz nach einer ihrer hirnlosen Ideen aus.«
Mitt neigte nicht zum Erröten, doch nun spürte er, wie sein Gesicht ganz heiß wurde. »Es war meine Idee. Basta!«, rief er. Er hatte das Gefühl, Milda vor Al in Schutz nehmen zu müssen. »Milda ist eine gute Mutter, das ist sie. Sie sieht zwar die Wirklichkeit nicht besonders klar – du weißt schon, wie sie immer mit dem Geld um sich wirft…« Mitt verstummte. Ja, so und nicht anders war Milda, und das hatte er immer gewusst. Milda machte sich keine Gedanken über die Zukunft, ob sie nun zu viele Austern einkaufte oder Mitt aussandte, damit er Harchad in die Hände fiel. Genauer gesagt hatten sie beide nie überlegt, was auf den Bombenanschlag folgen sollte. Und wie Al nun darüber lachte, verletzte Mitt zutiefst.
»Du brauchst mir nicht erst zu sagen, dass sie keinen Funken Verstand hat!«, rief er. »Sie hätte mich ruiniert, wenn ich es zugelassen hätte. Und du schlägst ihr nach. Man stelle sich vor – mein Sohn schließt Freundschaft mit Hadds Enkelkindern!«
»Sie sind nicht meine Freunde!«, entgegnete Mitt hitzig.
»Na, fast hätte ich dir’s geglaubt«, sagte Al. »Sitzt du immer bei deinen Feinden auf Kajütendächern und reißt mit ihnen Witze? Dein halbes Leben hast du ihnen erzählt, oder etwa nicht? Und diese Hildrida ist alles andere als dumm. Wenn du ihr noch ein Wort sagst, dann zählt sie zwei und zwei zusammen – denn von mir hat sie auch einiges erfahren –, und dann sind meine Pläne mit ihr dahin. Du hast dich selbst in die Ecke gedrängt, weil du dein großes Maul nicht halten kannst. Mit solchen Leuten freundet man sich nicht an. Man mästet sich auf ihre Kosten.«
Vor der Tür waren eilige Schritte zu hören. Jemand rief: »Al! Al, bist du da drin? Lithar sucht dich.«
»Ich komme sofort!«, brüllte Al zurück. »Dann wird sich eben Benk um dich kümmern«, sagte er zu Mitt. »Kann dieser sabbernde Trottel denn nicht einmal fünf Minuten ohne mich auskommen?« Brummelnd verließ er den Abstellraum, knallte die Tür zu, und scharrend schob er den Riegel vor.
Mitt sank schlaff in der Ecke zu Boden. Er umschlang den Kopf mit den Armen, als könnte er dadurch sein Elend lindern. Es half nichts. Nichts half. Seine schreckliche Ähnlichkeit mit Al war eindeutig kein Zufall. Ganz der Sohn seines Vaters, das war er. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Und während Mitt Al bis aufs Blut hasste, hasste er sich, wenn das möglich war, noch mehr. Er hatte alles getan, um genauso ein Rohling zu werden wie Al, und dass es anders gekommen war, konnte er sich nicht als sein Verdienst zuschreiben. Vor allem aber hatte sich nun das Ziel, das so lange sein Leitstern gewesen war, als nichtig erwiesen. Al hatte die Freien Holander verraten, nicht umgekehrt. Mitt war wieder, als zerfalle seine Welt, wie Canden in dem alten Traum. An gar nichts konnte er sich noch festhalten.
»Eines hättest du für mich tun können, Al«, sagte er in seiner Ecke. »Du hättest mich rasch von meinem Elend erlösen können, anstatt umgehend zu deinem verdammten Lithar abzuhauen!«
Es dauerte jedoch noch einige Stunden, bevor jemand kam, um Mitts Elend zu beenden. Bis dahin rollte er sich stöhnend mitten im Raum herum. Ihm blieb kaum Zeit aufzuspringen und zu sehen, dass der kleine braunhäutige Matrose, der Jenro hieß, und ein anderer, den er nicht kannte, in den Raum kamen, während Benk in der Tür stehen blieb, dann zog man ihm einen großen Sack über den Kopf, und Jenro lud ihn sich wie eine Teppichrolle auf die Schulter.
»He!«, rief Mitt und zappelte schwächlich.
»Sei still, mein Kleiner, und dir geschieht nichts«, sagte Jenro leise.
»Beeilt euch«, sagte Benk aus der Ferme.
Mitt vertraute Jenro und hörte auf, sich zu wehren. Während Jenro mit ihm
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