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Jones, Diana Wynne

Jones, Diana Wynne

Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 02 Die heiligen Inseln
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vorbei, wo eben noch Ynens Kopf gewesen war; nur knapp verfehlte sie das makellos weiße Großsegel.
    »Ihr Götter!«, rief Hildy und packte die Ruderpinne. Der Wind drückte fest gegen das Segel, und sie spürte, wie der Kiel des Bootes durch den Schlamm am Beckengrund pflügte. Ein weiterer Schuss jaulte hinter Hildys Kopf vorüber.
    Ynen warf sich herum, als hätte ihn etwas gestochen, und blickte besorgt zum Segel hoch. »Der dreckige Hund! Wenn der mir ein Loch ins Segel geschossen hat, dann lass ich mir aus seinen Eingeweiden Sockenhalter machen!«
    Hildy riss die Pinne herum, und mit vollen Segeln nahm die Straße des Windes majestätisch Fahrt auf und sauste an der Mole vorbei. Wenn die Soldaten noch mehr Schüsse abfeuerten, so gingen sie im plötzlichen Schlag der Wellen und dem Gesang des frischen Windes unter. »Jetzt können sie uns nicht mehr aufhalten«, sagte Hildy. »Aber sie haben auf uns geschossen, Ynen! Was haben sie sich nur dabei gedacht?«
    »Das müssen verdammte Aufständische gewesen sein«, sagte Ynen. Er war noch immer tief erschüttert. »Wenn wir wieder zurück sind, sorge ich dafür, dass sie alle an den Galgen kommen.«
    »Sie müssen einen Irrtum begangen haben«, sagte Hildy fast genauso aufgewühlt.
    Ja, und was für einen, dachte Mitt. Er zitterte am ganzen Körper. Die dachten, einer von euch beiden wäre ich. Nun erfahrt ihr mal am eigenen Leib, wie wir armen Leute uns fühlen. Gefällt euch wohl nicht, was? Warum musste ich mir ausgerechnet dieses Boot aussuchen? Heute geht wohl wirklich alles schief! Wenn ich auf ein anderes Boot gegangen wäre, dann säße ich dort jetzt schön in Sicherheit und die Soldaten würden glauben, ich wäre mit diesem schönen Boot auf und davon.
    »Ja, ein Irrtum«, stimmte Ynen seiner Schwester zu. Allmählich kam er wieder zu sich. »Ich war nur wütend, weil ich Angst hatte, sie hätten die Straße des Windes beschädigt. Wir kümmern uns darum, wenn wir zurück sind.«
    »Vielleicht geht das gar nicht«, gab Hildy zu bedenken. »Vergiss nicht, dass wir großen Ärger bekommen, sobald wir wieder da sind.«
    »Ach, lass uns jetzt nicht daran denken«, bat Ynen. »Gib mir die Pinne. Ich will sehen, dass wir uns von den Sandbänken fern halten.«
    Mitt konnte sich einfach nicht begreiflich machen, was diese beiden vorhatten. Erst flohen sie genauso eilig vor den Soldaten wie er, und nun sprachen sie vom Umkehren. Für Mitt stand eins fest: Diese Flausen würde er ihnen schon austreiben. Er schob leise den Riegel zurück und verließ den vergoldeten Verschlag. Dann, ganz plötzlich, überfiel ihn eine kleine Müdigkeit. Er blieb stehen und lauschte der Dünung, die am Rumpf entlanglief, und dem Knirschen und Ächzen des Tauwerks. Auf dem Dach trappelten Füße. Hildy begann, die Leinen aufzurollen und die Vorsegel nachzustellen. Dann hörte Mitt einen Eimer klappern, der plätschernd übers Deck ausgegossen wurde. Schrubben und Wasserrieseln verrieten Mitt, dass jemand den Schlamm abwusch, den er an Bord gebracht hatte.
    So ist’s recht, dachte er. Nur keine Müdigkeit vorschützen. Siriol hat mir beigebracht, dass man sein Boot tipptopp in Schuss halten muss. Ach, ich fühle mich wie ein nasses Fensterleder! Und da offensichtlich keiner seiner Reisegefährten in die Kajüte kommen würde, streckte sich Mitt auf der Backbordkoje aus, um sich ein wenig auszuruhen. Es blieb ihm noch etwas Zeit, bevor er ihren Plan ändern musste. Die Kajüte füllte sich, wie beengte Räume es an sich haben, rasch mit schlechter Luft. Der Schlamm auf Mitt, den Decken und dem Boden trocknete zu großen, grünen, blättrigen Flecken. Mitt döste.
    Nachdem Hildy das Deck geschrubbt hatte, stellte sie sich zu Ynen in die Plicht. »Ich liebe es, wenn mir der Wind ins Gesicht weht und die Augen ganz kühl werden«, sagte sie.
    »Das habe ich auch am liebsten«, antwortete Ynen.
    Mitt hoffte sehr, sie würden nicht so weiterreden. Er legte keinen Wert darauf, ihre albernen Gedanken zu erfahren. Er war froh, als Hildy sagte: »Wir sind schon ein gutes Stück vom Land weg.«
    »Die Ebbe zieht uns hinaus«, erklärte Ynen. »In einer Minute sind wir schon an den Sandbänken vorbei. Dann drehen wir nach Norden.«
    »Mir gefällt der Süden aber besser«, wandte Hildy ein.
    »Mir auch, aber der Wind steht falsch. Wir müssten die ganze Zeit hart am Winde segeln, und dann würde ich es nicht wagen, das Großsegel am Mast zu lassen, nachdem wir Abendessen hatten.«
    »Aber im

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