Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Joschka, die siebte Kavallerie

Joschka, die siebte Kavallerie

Titel: Joschka, die siebte Kavallerie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
Vom Netzwerk:
Koffer mit den Trikots? Er wurde von Willi aufbewahrt, in seinem Wohnwagen, in einem Geheimversteck unter dem Bett. Da kam niemand dran. Niemand. Auch nicht der blasse Vampir. Es sei denn, er wäre in der Lage, euch, wenn ihr wach seid und Skistiefel tragt, die Fußnägel rosa zu lackieren, ohne dass ihr es bemerkt! Aber genau so fühlten wir uns.
    Da zerriss es die Stille. Eine Faust donnerte gegen die Tür und die Metallpressenstimme klatschte uns wie ein nasser Schwamm ins Gesicht: „In zwei Minuten fangen wir an!“
    „Kacke verdammte!“, fluchte Leon. „Willi! Was machen wir jetzt?“
    Willis Gesicht war immer noch eine versteinerte Maske. Er hörte uns, aber er schaute durch uns hindurch. Er sah etwas anderes. Etwas Dunkles und Böses.
    „Willi! Wach auf!“, rief Marlon und schüttelte ihn. „Was sollen wir machen?“
    „Was? Wie bitte? Was?“, stammelte Willi. Erst dann drang die Frage bis zu ihm durch. „Ihr ... ihr ... ihr spielt natürlich so, wie ihr seid.“
    „Was meinst du damit?“, fauchte Leon.
    Er sah sich in der Umkleide um. „Wir sind nackt, Willi! Bis auf die Unterhose und die Schienbeinschoner sind wir alle nackt!“
    „Genau!“, sagte Willi. „Das sehe ich auch. Euch fehlen nur noch die Schuhe. Los, worauf wartet ihr noch?“
    „Das ist nicht dein Ernst!“, drohte ihm Leon.
    „Und ob er das ist!“, widersprach Willi und dieses Mal schaute er Leon direkt ins Gesicht. „Die zwei Minuten sind nämlich gleich um!“
    „Aber ich spiele nicht so!“, wehrte sich Leon.
    „Und dasselbe gilt auch für mich!“ Fabi stellte sich Schulter an Schulter neben seinem besten Freund auf.
    „Beim dra-heibeinigen Ochsenfrosch! Will-ha-hilli! Ich bin doch nicht schwul!“, flehte Deniz, der Türke.
    „Gut. Dann werdet ihr halt verlieren“, konterte Willi. „Wenn der Gegner nicht antritt, hat die andere Mannschaft das Spiel automatisch mit drei zu null Toren gewonnen. Was ist? Wollt ihr das? Oder zieht ihr jetzt endlich die Schuhe an?“

Schwarze Kreuze
    Die Spieler und Eltern des SV 1906 schauten uns an, als wären wir eine Invasion aus einem Kinderunterwäsche-Geschäft. Ihrem Trainer fiel die Schiedsrichterpfeife aus dem Metallpressen-Mund. Unser Auftritt übertraf seine kühnsten Erwartungen. Der vorgezogene Anstoß sollte uns nur daran hindern, uns vor dem Spiel aufzuwärmen. Doch dass wir dadurch so nervös wurden, dass wir vergaßen, uns anzuziehen, das war wirklich die prächtigste Sache der Welt. Zumindest für den Trainer des SV 1906 und deshalb passierte das, was passieren musste: Seine Spieler lachten sich tot.
    Alle lachten sie und sie hielten sich dabei ihre Bäuche. Sie plumpsten zu Boden. Sie wälzten sich über das Gras und einige, das wette ich jetzt, machten sich vor Lachen in die Hosen. Sie lachten über den komischsten und peinlichsten Einlauf einer Fußballmannschaft, den es je gab: Den Einlauf der Schienbeinschoner-Unterhosen-Nacke-deis. Der Trainer mit der Autofriedhofmetallpressen-Stimme lachte wie ein verrosteter Ork und dann standen wir nur noch im Regen. Es stürmte, blitzte und donnerte um uns herum und genauso spielte der Gegner. Er stürmte und wirbelte durch uns hindurch und verschickte dabei seine Blitze.
    „Hey! Was trägst du denn da für ein Höschen?“
    „Das ist echt scharf! Oh Mann, ich halt es nicht aus!“
    „Ich dachte, ihr habt euch die Wilden Fußballkerle genannt?“
    „Oder haben wir uns verhört? Heißt ihr die ‚Wilden Windeln‘?“
    Jeder ihrer hämischen Sprüche traf uns mitten ins Herz, und so sehr wir uns auch bemühten, unsere wilde Seele weichte immer mehr auf. Sie rann uns als Rotz und Wasser aus dem Gesicht und der einzige Freund, der uns blieb, war der Regen.

    Er versteckte unsere Tränen vor den bösen Blicken der Welt. Doch das half uns vielleicht einen Dreck, das sage ich euch: Schon nach sieben Minuten fing unser Untergang an – mit einem bombastischen Weitschuss direkt in den Winkel. Dagegen war selbst der Unbezwingbare machtlos. Das Gegentor fällte uns wie eine Axt. Wir fühlten uns ohnmächtig, hilflos und wir hätten am liebsten vor Wut gebrüllt, als wir beim Wiederanstoß zum Hügel hinter dem Stadion blickten.
    Dort, vor den grauen Sturmhimmelwolken standen Pickels, Sexy James und Wilson Gonzales. Sie errichteten gerade ein Kreuz. Aus Zaunlatten und Bohnenstangen zusammengenagelt. Es ragte drei Meter hoch in die Wolken empor und an seiner Spitze flatterte ein Wilde Fußballkerle -Trikot im Wind.
    Der Anstoß

Weitere Kostenlose Bücher