Joschka, die siebte Kavallerie
Geschichte. Immer, wenn ich so war, wie ich bin. Wenn ich so war wie heute oder wie vor drei Tagen.
Dann erzählt sie mir die Geschichte vom Skorpion, der zum Fluss kam und der den Frosch darum bat, ihn auf die andere Seite zu tragen. Doch der Frosch weigerte sich.
„Du bist ein Skorpion!“, sagte er. „Und ich bin nicht blöd! Du wirst mich stechen. Ja, und dann sterbe ich.“
„Ach, was du nicht sagst!“, lachte der Skorpion. „Ich muss auf die andere Seite. Unbedingt muss ich das. Und wenn ich dich steche, dann schaff ich das nicht. Ich kann nicht schwimmen.“
Das sah der Frosch ein. Er nahm den Skorpion auf den Rücken und schwamm mit ihm auf den Fluss. Doch mitten im Fluss stach der Skorpion zu.
„Oh Gott! Warum machst du das?“, fragte der Frosch. „Jetzt sterbe ich und du musst ertrinken.“
Doch dem Skorpion war das egal. Er zuckte nur mit den Achseln.
„Ich weiß!“, antwortete er. „Aber ich kann halt nicht anders. Ich bin ein Skorpion.“
Ganz genau. Da hatte meine Mutter nun einmal Recht. Ich bin und bleibe ein Skorpion und deshalb hatte ich zugestochen. Aber nicht heute. Nein, schon vor drei Tagen, in der Nebelburg, als ich Wilson „Gonzo“ Gonzales, dem blassen Vampir, meine Kriegserklärung buchstabierte. Extra-touristische Tellergans. Und wisst ihr was? Im Gegensatz zum Skorpion aus der Geschichte hatte ich überhaupt nicht mehr das Gefühl, dass ich ertrinken musste. Ich fühlte mich leicht und ganz stark und mir wuchsen Flügel. Ja, und so rollte ich mich in der Halle von Camelot in meinen Schlafsack hinein. Ich war der einzige Wilde Fußballkerl , den es noch gab. Selbst mein Bruder, der berühmte Juli „Huckleberry“ Fort Knox, schlief brav und feige und, dass ich nicht lache, unsichtbar wild, in seinem Kinderbettchen mit der bunt gepunkteten Decke. Doch genau das gab mir Kraft. Sentimental-touristischer Tränensack! Ich war nicht allein. Ich war nur der Letzte der Mohikaner.
Wildes Fußball-Sauwetter
Am nächsten Morgen schlug der Regen gegen die Bretterwände des Baumhauses. Der Wind tobte durch die Ritzen und Spalten hindurch, und die Sturmwolken hingen so tief, als wollten sie Camelot unter ihrer Masse zerquetschen. Die Sonne kam gegen sie nicht mehr an. Es gab keinen Sonnenaufgang. Die Nacht wurde einfach nur grau – dunkelgrau. Und im ganzen Wilde Kerle -Land wachten die Menschen miesepetrig auf. Sie hatten Angst vor dem Tag. Oder war es die Angst vor der nicht mehr enden wollenden Nacht? Sie hatten alle furchtbar geträumt: von fliegenden Katzen vielleicht und von einer riesigen Spinne mit einem hässlichen Rüssel im Gesicht.
Ich aber sprang auf. Ich war hellwach. Das war der Tag unseres ersten Spiels. Die Rückrunde um die Meisterschaft hatte begonnen und das Wetter passte prächtig dazu. Es war wildes Fußball-Sauwetter vom Feinsten. Ich sprang aus dem Schlafsack und rannte ins Haus. Ich weckte meinen schlafenden Bruder und riss ihm die Decke aus dem Bett.
„Hey! Was soll das! Bist du verrückt?“, fluchte Juli „Huckleberry“ Fort Knox.
„Nein. Du hast nur viel zu lange geschlafen. Hier!“ Ich warf ihm seine Schienbeinschoner gegen den Kopf.
„Autsch!“, schimpfte mein Bruder. „Das kriegst du zurück!“
„Ach ja!“, spottete ich. „Und wie willst du das machen, wenn du den ganzen Tag pennst? Fang!“
Ich schleuderte die Fußballschuhe direkt auf ihn zu. Beide auf einmal. Sie trafen ihn auf Nase und Kinn.
„Autsch! Autsch!“, fluchte mein Bruder und sprang aus dem Bett.
Er packte mich bei den Schultern, wirbelte mich durch die Luft, knallte mich auf den Boden und bevor ich bis eins zählen konnte, saß er auf meiner Brust.
„Und was jetzt?“, zischte Juli und erhob seine Fäuste zum Schlag.
„Jetzt bist du wach!“, grinste ich. „Jetzt können wir spielen. Ich rede von Fußball, weißt du? Und von der Meisterschaft. Du weißt doch noch, was das ist?“
Ich runzelte skeptisch die Stirn.
„Willst du mich auf den Arm nehmen?“, drohte Juli.
„Nein. Auf gar keinen Fall! Das würde ich mich doch nie trauen“, frotzelte ich. „Ich hab nur gedacht: Letzte Nacht, trauma-touristisches Spiegelweichei, da habt ihr doch alle gekniffen. Autsch!“
Julis Faust donnerte gegen mein Kinn.
„Ich kneife nicht. Hast du kapiert! Oder soll ich es dir noch mal beweisen?“
„Ich weiß nicht. Ich bin mir nicht sicher ...“, grinste ich. „AUTSCH!“
Juli schlug wieder zu.
„Reicht dir das jetzt? Kreuzhuhn! Heute geht es gegen den SV
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