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Josef und Li: Roman (German Edition)

Josef und Li: Roman (German Edition)

Titel: Josef und Li: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Vovsova
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wohl zusammendachte, und darauf, mit Herrn Klička lachen zu können, doch stattdessen sah Herr Klička sie mit noch größerer Bewunderung an.
    »Weißt du, Marti, dass du ein Riesentalent hast?«
    Und Marta, die wahrscheinlich auch sich selbst überrascht hatte, nickte vage.
    »Weißt du was? Du bist von nun an für unsere Werbung zuständig!«, sagte Herr Klička und Josef trat den Rückzug an. Denn der Hydra schien noch ein weiterer Kopf gewachsen zu sein und Josef schien keine Kraft mehr zu haben, gegen sie anzukämpfen. Geschweige denn noch weiteren Flausch zu suchen. Er trat aus der Werkstatt und stand eine Weile im Hof herum. Er wollte weder zurück nach Hause noch sonst wohin.
    Am 12. November erstrahlte der Hof, der mit Girlanden bunter Glühbirnen behängt war, und hinter den Fenstern der Lustigen Teh Cann ging es lustig zu.
    An diesem Tag eröffneten die Nguyens ihre Teestube und luden alle ihre Freunde und Bekannten ein sowie auch alle Mieter des Hauses, also auch die Kličkas, Herrn Bílek und Olík, Frau Háková und Herrn Šimáček. Es kamen alle bis auf Herrn Šimáček, der, als ihn Frau Nguyen einlud, mit einem noch säuerlicheren Gesicht und ohne ein Wort zu sagen, ihr die Tür vor der Nase zugeschlagen hatte. Frau Nguyen hatte dann noch eine Weile heimlich im Treppenhaus geweint, weil sie plötzlich Sehnsucht nach ihrem alten Haus in Phu Tinh Gia bekam, wo ihr niemand grundlos die Tür vor der Nase zuschlug, wo sie jedes Wort verstand und zu ihrer Schwester gehen konnte, wann immer sie wollte, oder sie konnte sich an den Strand setzen und das Meer anschauen.
    Dafür kam Marta, die nicht eingeladen worden war. Zumindest dachte Li das und war aufgebracht, dass ihr niemand Bescheid gegeben hatte.
    Herr und Frau Nguyen servierten grünen Tee und ihre nach vietnamesischem Rezept gebackenen Plätzchen und Josef
sah ganz genau, wie Marta eins nach dem anderen in sich hineinstopfte und eine Schale Tee nach der anderen hineinkippte.
    Als sich kurze Zeit später Herr Klička zu ihr setzte, beugte sie sich zu ihm und flüsterte verschwörerisch, dass Tee nicht so ihres wäre und sie sich lieber ein kühles Pils genehmigen würde. Und Josef sah auch ganz genau, wie sich Herr Klička auch verschwörerisch zu Marta hinunterbeugte und ihr Alles zu seiner Zeit … zuflüsterte, und ihr ein besonders exquisites Teilchen in den Mund schob – ein Palmenherz in Sojaguss – und Marta, also Hydra, steckte Herrn Klička wiederum ein Stück Paprika im Reismantel in den Mund. Und so fütterten sie einander eine Zeit lang, als ob sie kleine Kinder wären, und Josef verging bei dem Anblick der Appetit.
    Leider Gottes bemerkte auch Frau Kličková den ganzen Vorfall. Sie versuchte zwar, sich nichts anmerken zu lassen, und hörte weiterhin regungslos Herrn Bílek zu, der ihr die ganze Zeit in den Ohren lag, wie froh er sei, endlich die feuchten und stinkigen Räume vermietet zu haben und dass er hoffe, die Nguyens seien ordentliche Leute. Doch man sah ihr an, dass sie am liebsten losschreien und losstampfen würde. Aber das würde sie den Nguyens niemals antun. Sie würde ihnen doch nicht das Fest verderben, wo sie sich doch so abgerackert hatten, um aus dem schimmeligen Raum einen so schönen Ort zu machen.
    Oben an der Decke schwebte ein riesiger roter Drache mit ausgestreckter Zunge, in einer Nische schwammen Fische in einem Aquarium, vietnamesische Musik war zu hören und alles war schön und ansehnlich.
    Nur in der Küche, die mit dem Saal nur durch einen Eingang ohne Tür verbunden war, herrschte ein bisschen Chaos und Unordnung, doch das war schon in Ordnung, wenn man bedenkt, dass dies der Tag war, an dem sie alles zum ersten Mal durchspielten und ihnen zudem Tuong in der Küche half, der Freund der Familie Nguyen.
    Nicht dass Tuong dort absichtlich Unordnung veranstaltete, aber wenn er sich wenigstens ein bisschen mehr darauf konzentriert hätte, was er gerade tat, so hätte es auch dort schön und ansehnlich sein können.
    Doch anstatt das schmutzige Geschirr wegzuräumen oder neue Leckereien auf den Tabletts anzuordnen, beobachtete Tuong Marta aus dem Halbdunkel der Küche. Er schaute sie völlig verzaubert an und sah überhaupt nicht aus, als müsste er bei ihrem Anblick schreien und stampfen wie Frau Kličková.
    Und so war es kein Wunder, dass Frau Nguyen auf dem Tablett, welches Tuong vorbereitet hatte, neben den Frühlingsrollen auch noch zwei sorgfältig gerollte Bananenschalen und einen verschlissenen

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