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Josefibichl

Josefibichl

Titel: Josefibichl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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mitsamt ihrer riesigen Tasche, mit deren Gewicht man auch ein Pferd hätte ertränken können, endlich zu ihrem Reporter gelangt.
    Der Schnelle Lex drückte Meier seine Visitenkarte in die schweißige Hand. »Also – alles wollen wir wissen, einfach alles. Ihre Quellen haben Sie ja, da sind wir ganz sicher.«
    Hans Wilhelm Meier nickte nur und sah zu, dass er endlich in den Audi schlüpfen konnte.
    Das war ja mal nach hinten losgegangen. Die Pressekonferenz, zu der er seinen Sprecher gedrängt hatte, hätte doch das positive Bild seiner Gemeinde in der Öffentlichkeit zementieren sollen. Stattdessen hatte er jetzt diesen – ganz sicher unglaublich skrupellosen – Reporter am Hals und sollte ihm als Informant dienen. Ob der ihm nun mit einem Imageverlust der Gemeinde drohte oder nicht, am Ende würde genau das dabei rauskommen, wenn der schmierige Kerl seine Giftspritze an der falschen Stelle ansetzte. Und dann war auch sein Ansehen als Bürgermeister dahin.
    Dies – und vor allem dies – musste verhindert werden. Denn dass es in Garmisch-Partenkirchen genug Staub aufzuwirbeln gab, wusste niemand so gut wie er. Er hatte genauso wie einige hochanständige Bürger dieses schönen Ortes genug Leichen im Keller. Ging ja auch gar nicht anders. Wie sollte man hier eine verantwortungsvolle Position übernehmen, wenn man es ständig zwei Ortsvereinen der Partei, zwei Trachtenvereinen, zwei Freiwilligen Feuerwehren, zwei Sanitätskolonnen und zwei katholischen Gemeinden gleichzeitig recht machen musste?
    Hans Wilhelm Meier dachte auf der Fahrt zum Rathaus angestrengt darüber nach, wie er diesen unseligen Kontakt zu einem Boulevardblatt-Reporter zugunsten seiner Gemeinde – und seiner eigenen Person – wenden konnte.
    »Veit Gruber ist ein ganz schlimmer Mauschler.« Claudia Schmidtheinrich pochte mit dem Zeigefinger auf den Packen Fotokopien, den sie auf dem Schoß liegen hatte. Schneider hatte sie sofort bei der Lokalzeitung abgeholt, nachdem sie ihm das linke Ohr beinahe durch das Telefon abgenagt hatte. »Wenn in diesem Ort irgendein Großprojekt ansteht, dann ist der garantiert dabei.«
    Warum ist denn einer, der seine Finger in Großprojekte steckt, ein Schlimmer?«, fragte Bernd Schneider naiv.
    »Ich habe jetzt nur die letzten Jahre des Lokalblatts hier durchforsten lassen. Grubers Name fällt jedes Mal, wenn es um die Planung eines Fünfsternehotels samt Kongresszentrum in der Landschaftsschutzzone, um die nachträgliche Genehmigung eines Klettergartens im Schutzwald oder gern auch mal um die Anlage eines Golfplatzparadieses von galaktischen Ausmaßen im Feuchtbiotop geht. Da sollen dann ein paar Lurche nicht der Entwicklung von Hunderten von Arbeitsplätzen im Wege stehen. Oder es wird halt mal kurzerhand ein Nachbar enteignet, wenn Lurch und Nachbar nicht in den Plan passen. Und weißt du, wer immer sein Lied singt?«
    »Lass mich raten – der Erste Bürgermeister, der ja nur das Beste für den wunderschönen Ort will?«
    »Genau. Der, der es fertigbringt, den Gemeindesäckel für Jahrzehnte mit dem vollkommen überdimensionierten Neubau einer Skisprungschanze zu belasten. Wobei natürlich erst nach Fertigstellung herauskommt, was so was wirklich kostet. Und dass sich entgegen der Finanzplanung des Gemeindechefs keine Sponsoren für so eine Sportanlage finden, die nur an einem Tag pro Jahr im Fernsehen erwähnt wird: beim Neujahrsspringen. Der Bürgermeister ist auch schnell mit Genehmigungen zur Hand, und Enteignungen droht er gern auch im olympischen Stil an.«
    »Olympischer Stil? Was heißt das?«, fragte Schneider, der die Straßen Garmisch-Partenkirchens auf und ab fuhr. »Und woher hast du das alles? Aus dem Papier hier?« Schneider wies auf den Stapel auf ihren Knien.
    »Nein, das ist nur das, was offiziell hier im Garmisch-Partenkirchner Tagblatt erscheint. Der Chefredakteur ist aber bei einer Tasse Kaffee viel offener.«
    »Ich vermute, seine Offenheit verhält sich proportional zur Offenheit deiner Bluse.« Schneider musterte ihren Ausschnitt mit einem deutlichen Blick. Die oberen zwei Knöpfe waren nicht geschlossen und gewährten verheißungsvolle Einblicke, die Schneider schon die ganze Fahrt über immer wieder kurz genoss.
    »Du kennst doch Erin Brockovich, oder? Die sagt in diesem Film: › Wozu hab ich Titten? ‹ , als sie irgendetwas in dieser Kleinstadt auf dem Amt erfahren will.« Claudia war nicht nur eine wandelnde Enzyklopädie, sondern hatte auch jeden Film gesehen, der jemals in

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