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Josefibichl

Josefibichl

Titel: Josefibichl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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gehörte. Toni Langmoser war die Idealbesetzung des sich tapfer gegen den Olympiawahn erhebenden edlen Bergbauern. Mit seinem gezwirbelten Schnauzbart, dem für die Fotografen aufgesteckten Gamsbart und den aufwendig gestickten Hosenträgern hätte er auch einer weiteren Postkarte des Hübner-Verlags zu einer Millionenauflage verholfen.
    Die Journalisten aus Frankfurt, Hamburg und Berlin und selbst die trachtengewohnten Münchner waren entzückt gewesen, hatten sie doch in ihm einen äußerst pittoresken Olympiagegner gefunden. Sein Konterfei, einmal abgelichtet im Duett mit der ausgeliehenen Kuh Frieda, das andere Mal inmitten einer extra zwei Wochen länger als üblich im Tal gehaltenen Schafherde, zierte ein ganzes Zeit-Dossier und einen Spiegel-Titel.
    Dabei war Langmoser – mit Ausnahme der Pfarrer – so ungefähr der Einzige am Tisch, der sich keine Reichtümer aus seiner Blockadehaltung versprechen konnte, denn er besaß außer einer Milliarde Vereins – und Ehrenämtern nichts. Seinen Lebensunterhalt verdiente er als Angestellter im Wasserversorgungsamt der Marktgemeinde. Dafür hoffte er auf eine politische Karriere. Wenn der Meier Hans die Olympischen Spiele nach Garmisch-Partenkirchen holte, würde man ihn sicherlich nach München in den Landtag wählen und vielleicht sogar mit einem Ministerposten belohnen. Dann tat sich hier am Ort eine Lücke auf, in die der Langmoser Toni nach eigenem Dafürhalten passte wie der Fuß in einen maßgeschäumten Skistiefel. Und selbst wenn das nichts würde, hätte er dann einem Kollegen einen großen Gefallen getan. Denn das wichtigste Grundstück, um das es hier ging, gehörte ja seinem alten Spezi, dem Huber Max, der ebenfalls für die Gemeinde arbeitete und den Chefposten des Einwohnermeldeamts quasi in dritter Generation innehatte.
    »An die Wand fahren, so ein Schmarrn«, gab sich unterdes Bürgermeister Meier selbstsicher. »Ihr werdet sehen, wir bekommen beides: das Snow Village und auf ebendieser Fläche anschließend die touristische Sonderzone. Beim Snow Village wird gar nie nichts zurückgebaut. Keine Wiesen werden wiederhergestellt. Wenn da mal der Kies drauf verdichtet ist, dann ist eh alles hin. Und dann können wir unsere touristische Sonderzone drauf entwickeln. Wiesen und Wald haben wir hier ringsum genug. Eine Zukunft haben wir aber nur eine.«
    Bernd Schneider pochte an der Klostertür. Gut, es war gerade zweiundzwanzig Uhr, aber dass der Abt so früh ins Bett ging, konnte er sich nicht vorstellen.
    Er pochte weiter. Nichts passierte. Daraufhin ging er den Weg ein paar Meter nach oben, um einen besseren Blick auf das Kloster zu haben. Kein einziges Fenster war erleuchtet. Entweder war Abt Gregorius wirklich ein Frühschläfer, oder der alte Mann zog durch die Gemeinde. Bei dem Gedanken musste Schneider grinsen.
    Als er vor dem Kloster wieder ins Auto stieg, erhielt er von Claudia eine Textnachricht, dass sie direkt ins Hotel fahren würde, um sich auszuschlafen. Es gab ihm ein gutes Gefühl, seine Assistentin wieder in seiner Nähe zu wissen. Lass sie sich doch im Hotel ausruhen, dachte er. Er wollte auch bald schlafen gehen, aber eine letzte Recherchestation lag so nahe, dass er einfach nicht daran vorbeifahren konnte. Wenn er den Abt schon nicht antraf, vielleicht konnte er im Berggasthof Panorama Weiteres über seinen Verdächtigen Veit Gruber in Erfahrung bringen.
    Er warf den Motor an und fuhr die fünfzig Meter zum Parkplatz des Gasthauses gleich im Rückwärtsgang, da der schmale asphaltierte Weg vor dem Kloster zum Wenden zu eng war und er Hin-und-Her-Rangieren hasste.
    Im großen Saal des Gasthauses tobte gerade der Bayerische Heimatabend einer ortsansässigen Eventagentur. Unschuldige Touristen wurden unter Verabreichung billigen Obstlers und literweise Bier dazu genötigt, schuhzuplatteln und an einem Kunsteuter das Melken zu üben. Schneider setzte sich an einen möglichst weit entfernten Tisch im Nebenraum.
    Nachdem die Bedienung seine Bestellung aufgenommen hatte, sah er sich um. Klassisches Ausflugslokal. Der Raum war mit echtem Holz ausgekleidet. Schreinerarbeit. Teuer und sehr traditionell. Schmiedeeiserne Leuchter, kalte Energiesparlampen darin. Unvermeidliche Kuhbilder an der Wand. Speisenkarte wie aus dem Lehrbuch: kleiner gemischter Salat, großer gemischter Salat, Fitnesssalat mit Putenbruststreifen; Schweinsbraten, Kalbsbraten, Sauerbraten, Zwiebelrostbraten; Forelle blau, Forelle Müllerin, Bachsaibling; Jägerschnitzel,

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