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Joseph Anton

Joseph Anton

Titel: Joseph Anton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Rushdie
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einer Kette von Diskotheken und Spielhöllen, mit der er dieses reine, tugendhafte Land überziehen wollte, ein wahrhaft heimtückischer Plan, für den, um es mit den Worten des britischen Muslim-›Führers‹ Iqbal Sacranie zu sagen, selbst der Tod eine zu milde Strafe wäre. ›Rushdie‹ trug ausschließlich grässlich bunte Safarianzüge – zinnoberrote Safarianzüge, auberginefarbene Safarianzüge, kirschrote Safarian züge – und sooft der Blick der Kamera auf diesen niederträchtigen Menschen fiel, fing sie unweigerlich zuerst seine Füße ein, um dann langsam und bedrohlich zu seinem Gesicht hinaufzuwandern. Also waren die Safarianzüge häufig im Bild, was er, als er sich eine Videoaufnahme des Films ansah, ziemlich beleidigend fand. Später las er, die Beliebtheit des Films in Pakistan habe dazu geführt, dass der ›Rushdie‹-Schauspieler von den Zuschauern so sehr gehasst wurde, dass er auch in den Untergrund flüchten musste, was ihm eine seltsame Genugtuung bereitete.
    An einer Stelle im Film wird einer der International Gorillay von der israelischen Armee gefangen genommen und im Garten des philippinischen Palastes an einen Baum gebunden, damit ›Rushdie‹ sein übles Spiel mit ihm treiben kann. Nachdem ›Rushdie‹ die Flasche ausgetrunken, den armen Terroristen mit einer Peitsche geschlagen und sein schmutziges Gewaltverlangen am Leib des jungen Mannes befriedigt hat, wird der unschuldige Möchtegern-Mörder den israelischen Soldaten übergeben, und dann folgt die einzig wirklich lustige Szene in diesem Film. »Fort mit ihm«, ruft Rushdie, »und lest ihm die ganze Nacht aus Die satanischen Verse vor!« Nun, natürlich bricht der arme Kerl daraufhin völlig zusammen. Nein, nein, nur das nicht , heult er, während die Israelis ihn abführen.
    Am Ende des Films wird ›Rushdie‹ tatsächlich getötet – allerdings nicht von den International Gorillay , sondern vom Wort selbst, von Blitzen, die aus drei großen, am Himmel über seinem Kopf hängenden Koranen niederfahren und das Ungeheuer zu einem Häuflein Asche reduzieren. Vom Buch des Allmächtigen höchstpersönlich verbrutzelt: Darin lag doch eine gewisse Würde.
    Am 22. Juli 1990 weigerte sich die BBFC (British Board of Film Classification), den Film International Gorillay freizugeben. Als Grund wurde genannt, dass der Film offenkundig verleumderisch sei (die BBFC fürchtete, man könnte der Prüfstelle, wenn sie den Film freigab und der echte Rushdie Anklage wegen Verleumdung erhob, eine Mitschuld vorwerfen und folglich Schadenersatz verlangen). Dies brachte den echten Rushdie in eine missliche Lage. Er kämpfte für das Recht auf freie Meinungsäußerung und wurde in diesem Fall von einem Akt der Zensur geschützt. Allerdings war der Film wirklich widerlich. Am Ende schrieb er einen Brief an die BBFC , in dem er der Prüfstelle versicherte, dass er weder Filmemacher noch BBFC vor Gericht belangen wolle und nicht wünsche, in den »zweifelhaften Genuss einer Zensurmaßnahme« zu kommen. Man möge den Film zeigen, damit jedermann selbst sehen könne, um was für einen »entstellenden, inkompetenten Müll« es sich dabei handle. Unmittelbares Resultat seines Schreibens war, dass die Prüfstelle am 17. August einstimmig beschloss, den Film freizugeben, woraufhin er trotz aller Anstrengungen seiner Produzenten auf der Stelle sang- und klanglos unterging, weil es ein grässlicher Film war und das Zielpublikum, was immer es auch über ›Rushdie‹ oder gar Rushdie denken mochte, nicht bereit war, für einen solchen Schund Geld aus dem Fenster zu werfen.
    Ihm bot dies eine anschauliche Lektion dafür, wie gültig doch das ›Lieber raus damit‹-Argument der freien Meinungsäußerung war – dass es nämlich besser war, selbst die verwerflichste Äußerung zu erlauben, als sie unter den Teppich zu kehren, besser, den öffentlichen Wettstreit zu riskieren und womöglich zu schmähen, was abscheulich war, als dem Glamour des Tabus zu verfallen; und dass man den meisten Leuten durchaus zutrauen durfte, zwischen Guten und Schlechten unterscheiden zu können. Hätte man International Gorillay verboten, wäre es zum begehrtesten aller begehrten Videos geworden, und in den Wohnzimmern in Bradford und Whitechapel hätten sich junge Muslime hinter zugezogenen Vorhängen darüber gefreut, wie der Abtrünnige abgefackelt wurde. Draußen aber, dem Urteil des Marktes unterworfen, verschrumpelte der Film wie ein Vampir an der Sonne und verschwand.
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    Die

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