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Joseph Anton

Joseph Anton

Titel: Joseph Anton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Rushdie
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Unbekannten, die Tag für Tag im Dunkel zu ihm kamen, um ihm Schläge zu verpassen. Das war nicht, was er schreiben wollte, doch kehrten die Prügelszenen immer wieder. Eines Tages wurde dann ein Lichtschimmer sichtbar, und er verfasste einen komischen Absatz, in dem sein Erzähler die erste Liebesnacht seiner Eltern beschrieb, bloß war es dem Mann zu peinlich, Verben zu benutzen: darum werden Sie von mir nicht die blutigen Details dessen erfahren, schrieb er, was geschah, als sie, und dann er, und dann beide, und danach sie, woraufhin er, und daraufhin wiederum sie, und somit, und außerdem, und eine kurze Zeitlang, und leise, und geräuschvoll, und am Ende ihrer Durchhaltekraft, und schließlich, und danach, und bis … Dieser Abschnitt sollte es ins Buch schaffen, der Rest war größtenteils Mist.
    Bei Valerie Herr bestand Verdacht auf Krebs, doch war die entnommene Gewebeprobe gutartig. Dem Himmel sei Dank, Jim , dachte er. Angela Carter hatte weniger Glück. Der Krebs hielt sie fest im Griff, und obwohl sie dagegen ankämpfte, wurde sie letztlich von ihm besiegt. Überall auf der Welt starben Schriftsteller viel zu jung: Italo Calvino, Raymond Carver, und nun rang Angela mit dem Sensenmann. Eine Fatwa war nicht die einzige Art zu sterben. Es gab auch noch ältere Arten der Todesstrafe, die verdammt gut funktionierten.
    *
    In Holland, Dänemark und Deutschland erschienen Taschenbuchausgaben von Die satanischen Verse . Der Iran hielt eine Konferenz muslimischer Gelehrter ab, auf der verlangt wurde, dass man die Todesdrohung Khomeinis so bald wie möglich umsetzte. Das Kopfgeld wurde von der ›15. Khordad Foundation‹ aufgebracht, einer Quasi-Nichtregierungsorganisation unter Vorsitz von Ayatollah Hassan Sanei, die erklärte, man würde jedem Freund, Verwandten oder Nachbarn des Autors, der die Drohung in die Tat umsetzte, zwei Millionen Dollar zahlen. (Die bonyads oder Stiftungen waren ursprünglich Wohltätigkeitsorganisationen, die sich nach der Khomeini-Revolution das Vermögen des Schahs und anderer ›Feinde des Staates‹ aneigneten, um zu gigantischen, von hohen Geistlichen geführten Wirtschaftskonsortien zu werden.) »Viele Schriftsteller sind knapp bei Kasse«, sagte er zu Andrew. »Vielleicht sollten wir dies ernst nehmen.«
    Es gab keine Neuigkeiten über das Killerkommando. Die britische Regierung hatte die Fatwa seit fünf Monaten nicht mehr erwähnt.
    Er sprach mit Bill Buford über das Problem, für längere Zeit ein neues Haus zu finden und auch zu kaufen. Bill hatte einen Geistesblitz. Rea Hederman, der Redakteur von The New York Review of Books und Granta , beschäftigte eine Art persönliches Faktotum, einen Mr Fitzgerald, den alle Welt nur ›Fitz‹ nannte und dessen effiziente, silberhaarige Art ihn zum idealen Strohmann machte. Niemand würde Fitz verdächtigen, in so etwas Anrüchiges wie die Rushdie-Affäre verwickelt zu sein. Er fragte Hederman, ob es in Ordnung wäre, wenn er sich Fitz’ Dienste zunutze machte, und Rea war sofort einverstanden. Wieder fand der Freundeskreis Lösungen, die keine Behörde bieten konnte oder wollte. Fitz begann seine Suche und hatte bald in Highgate, Nordlondon, ein Haus mit torgesichertem Vorhof aufgespürt, einer angebauten Garage, genügend Platz, so dass beide Bodyguards und die zwei Fahrer im Haus schlafen konnten, sowie einen weitläufigen, umschlossenen Garten, der es ihm erlauben würde, sich nicht gar so wie ein Maulwurf im Loch zu fühlen. Er würde nach draußen gehen können – ins Sonnenlicht, auch in den Regen oder den Schnee. Das Haus in der Hampstead Lane stand zur Miete, doch der Besitzer, ein Mann namens Busara, war auch bereit, über einen Verkauf mit sich reden zu lassen. Die Polizei sah es sich an und fand es ideal. Gleich wurde eine Mietvereinbarung abgeschlossen – in Rea Hedermans Namen. Joseph Anton wurde vorerst eingemottet.
    Ihm kam es allein darauf an, dass er einen Ort hatte, an dem er bleiben konnte. Es war Ende März. Er zog aus der Long Leys Farm aus, gab James und Darryl ihr Heim zurück, umarmte sie dankbar, und zog mit Elizabeth fürs Wochenende auf Deborah Rogers’ und Michael Berkeleys Farm in Wales. Zum ersten Mal seit Wochen war er wieder mit Freunden zusammen. Deb und Michael waren da, gastfreundlich wie immer; Ian McEwan kam mit seinen beiden jungen Söhnen. Sie gingen in den Bergen wandern und aßen köstliche Lasagne. Montag würden sie ins neue Haus einziehen. Zuerst aber kam der Sonntag. Michael zog

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