Joseph Anton
forderten konservative Abgeordnete in einer lautstarken Kampagne eine Absage des Treffens, weil es die britische ›Partnerschaft ‹ mit den mörderischen Mullahs in Teheran beeinträchtige. Heute nun wurde der Termin – man hatte mir versichert, er stehe endgültig fest – ohne weitere Erklärung bis auf weiteres verschoben. Wie es sich seltsamerweise trifft, kann eine britische Handelsdelegation ihre geplante Reise in den Iran nun Anfang Mai ungehindert antreten. Im Iran wird diese Mission – die erste in den vierzehn Jahren seit der Khomeini-Revolution – als ein ›Durchbruch ‹ in den beiderseitigen Beziehungen freudig begrüßt. Wie die iranische Nachrichtenagentur meldet, haben sich die Briten bereit erklärt, Kreditlinien einzuräumen.
Es wird immer schwieriger, auf den Beschluss des Außenministeriums, man werde eine neue internationale Initiative ›großen Stils ‹ gegen die allbekannte Fatwa starten, zu vertrauen. Denn wir beeilen uns nicht nur, Geschäfte mit dem tyrannischen Regime zu machen, das die US -Regierung als ›international verfemt ‹ bezeichnet und als den weltweit größten Sponsor des Terrorismus brandmarkt, wir bieten diesem Regime auch noch an, ihm das Geld für seine Geschäfte mit uns zu leihen. Soviel ich weiß, will man mir einen neuen Termin für mein kleines Treffen vorschlagen, aber bisher hat Downing Street 10 weder mündlich noch schriftlich mit mir Kontakt aufgenommen.
Die ›Anti-Rushdie ‹ -Pressure-Group der Tories – schon die Bezeichnung verrät, dass ihre Mitglieder die Sache zu einer persönlichen anstatt zu einer Grundsatzfrage machen wollen – besteht unter anderem aus Sir Edward Heath, Emma Nicholson und dem bekannten Apologeten iranischer Interessen, Peter Temple-Morris. Emma Nicholson lässt uns wissen, dass sie das iranische Regime (das von den Vereinten Nationen kürzlich als eines der schlimmsten der Welt verurteilt wurde, was Morde, Verstümmelungen und Folter am eigenen Volk anbelangt) mittlerweile ›respektiert und mag ‹ , Sir Edward – der noch heute vom Special Branch geschützt wird, weil das englische Volk vor zwanzig Jahren unter seiner verheerenden Amtsführung als Premierminister zu leiden hatte – beschwert sich darüber, dass einem Landsmann, der sich augenblicklich in größerer Gefahr befindet als er selbst, der gleiche Schutz gewährt wird wie ihm.
Alle diese Personen sind sich in einem Punkt einig: Schuld an der Krise bin ich. Es kümmert sie nicht, dass mich über zweihundert der prominentesten Exil-Iraner in einer Erklärung ihrer bedingungslosen Unterstützung versichert haben, dass Schriftsteller, Philosophen, Journalisten und Hochschullehrer aus der gesamten muslimischen Welt – wo die Angriffe auf abweichendes, progressives und vor allem säkularistisches Gedankengut täglich heftiger werden – den britischen Medien gegenüber geäußert haben, »für Rushdie eintreten heißt, für uns eintreten«, dass Die satanischen Verse , ein legitimes Produkt der freien Fantasie, viele Fürsprecher haben (und weshalb sollten dort, wo es mindestens zwei Standpunkte gibt, die Bücherverbrenner das letzte Wort behalten?) oder dass die Gegner des Buches kein Bedürfnis verspüren, es zu verstehen.
Von offizieller iranischer Seite wird eingeräumt, dass Khomeini kein Exemplar des Buches je auch nur zu Gesicht bekommen hat. Islamische Rechtsgelehrte erklären, die Fatwa stehe im Widerspruch zu islamischem Recht, von internationalem Recht ganz zu schweigen. Unterdessen hat die iranische Presse einen Preis von sechzehn Goldstücken und einer Pilgerfahrt nach Mekka für einen Zeichentrickfilm ausgesetzt, der ›beweist ‹ , dass es sich bei Die satanischen Verse gar nicht um einen Roman handelt, sondern um eine raffinierte westliche Verschwörung gegen den Islam. Wirkt die ganze Affäre nicht manchmal wie eine rabenschwarze Komödie, eine Zirkuseinlage mörderischer Clowns?
In den vergangenen vier Jahren bin ich von vielen Menschen verleumdet worden. Ich gedenke nicht, immer weiter die andere Wange hinzuhalten. Wenn es gut und richtig war, die Mitläufer des Kommunismus auf der Linken anzugreifen und jene, die eine Appeasement-Politik gegenüber den Nazis betrieben, auf der Rechten, dann haben es die Freunde des revolutionären Iran – Geschäftsleute, Politiker, britische Fundamentalisten – verdient, mit gleicher Verachtung behandelt zu werden.
Ich glaube, wir sind an einem Wendepunkt angelangt. Entweder wir meinen es ernst mit
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